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Cut

Cut

Titel: Cut
Autoren: Amanda Kyle Williams
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Gott, bloß nicht das Bewusstsein verlieren.
    Sie stürzte sich aufs Bett, setzte sich rittlings auf mich und beugte sich so weit zu mir herunter, dass ich ihren Atem riechen konnte. Was hatte sie vor? Ich versuchte, meine Sinne beisammenzuhalten. Womit hatte sie mich geschlagen, verflucht? Sie saß auf mir und beugte sich zu mir.
Konzentrier dich
. Es war die Lampe. Sie hatte mich mit meiner Nachttischlampe geschlagen.
    Dann spürte ich einen brennenden Schmerz – kalter, dünner Draht grub sich in mein Handgelenk. Noch halb benommen, versuchte ich mich zu befreien.
Draht
, schrie eine Stimme in meinem Kopf. Draht, Gegenwehr, Fesselspuren – jedes Opfer hatte diese Striemen gehabt, hatte Rauser mir gesagt. Ich würde sterben. Die lautlose Mörderin wickelte tatsächlich Draht um mein Handgelenk und fesselte mich ans Bett.
    Ich krümmte mich und bäumte mich auf, um sie abzuschütteln und wieder zu Kräften zu kommen. Mit meiner freien Hand schlug ich nach ihr.
    Sie drückte mich nach unten und beobachtete, wie ich nach ihrem Schlag langsam wieder zu mir kam und erkannte, in welcher Lage ich mich befand. Ohne einen Laut von sich zugeben, studierte sie jede Regung in meinem Gesicht, als wäre ich eine Laborratte. Kein Wort von mir könnte sie jetzt erreichen oder ihren Plan in irgendeiner Weise ändern. Für sie war ich kein Mensch mehr. Ich war nur noch ein Gegenstand, mit dem sie spielte.
    Dann griff sie plötzlich nach der Hand, die sie bereits gefesselt hatte, und schlitzte mir mit einer einzigen geschickten Bewegung ihres Messers das Gelenk auf. Ein tiefer, stechender Schmerz fuhr mir durch alle Glieder. Blut strömte aus der Wunde und tropfte von den Fingern.
    «Kannst du jetzt ihre Macht spüren, Keye? Und meine?»
    Ich begann zu zittern. Es kribbelte in meinen Lippen. Ich wusste, was das bedeutete. Ich verlor zu schnell Kalzium und Blut. Wie schnell, konnte ich nicht sagen. In einem solchen Moment hat man kein Zeitgefühl mehr.
    Erneut schlug sie mit voller Wucht auf mich ein. «Du hast mich nie ernst genommen», sagte sie. Ich sah, wie sie eine Drahtrolle nahm und mit den Zähnen gekonnt ein Ende abbiss.
    Da erst erkannte ich sie.
«Diane?»
    Ich hatte mein Schloss ausgewechselt, um mich zu schützen, und ihr einen Schlüssel gegeben.
O Gott
.
    Mein linker Arm lag ausgestreckt neben dem Kissen. Langsam schob ich meine Hand darunter. Meine tauben Fingerspitzen spürten das kalte Metall der Pistole. Als Diane sich nach vorn beugte, um meinen Arm hochzuziehen und ihren Draht auch um das zweite Handgelenk zu wickeln, zog ich mit letzter Kraft und in Gedanken an jede Wunde und jeden Schmerz der vergangenen Wochen, an all den Hass und Kummer meine schwere Zehn-Millimeter-Glock hervor und knallte sie ihr gegen den Kopf. Diane kippte zur Seite und fiel vom Bett.
    «Diane,
warum
?» Ich brachte kaum einen Ton hervor. «Warum tust du das?» Ich musste die Augen zusammenkneifen, um sie in dem schwachen Licht zu erkennen. Blut und Speichel liefen mir aus dem Mund.
    Sie rappelte sich auf und schrie mich an.
«Weil du nicht aufhören wirst, ehe du alles kaputt gemacht hast.»
    Die Glock zitterte in meiner Hand.
    Sie stürzte sich auf mich.
    Ich drückte ab.
    In dem dunklen Zimmer sah es aus, als würde schwarzes Öl aus ihrem Hals schießen. Blut und Gewebe spritzten mir ins Gesicht und drangen mir in Mund und Nase. Es schmeckte rostig und warm. Sie gab einen Ton von sich wie ein Strohhalm in einem leeren Glas, und dann fiel sie um.
    Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist, dass meine Waffe auf den Boden fiel.

EPILOG
    Dank Margaret Haze hatte ich zum zweiten Mal in vier Monaten das Vergnügen mit dem exzellenten Pflegepersonal des Piedmont-Krankenhauses. Ja, ich gab ihr die Schuld für meine Verletzungen und für Dianes Tod. Haze hatte meine geliebte Freundin verändert und manipuliert. Tief im Inneren wusste ich, dass auch Diane ein Opfer gewesen war, obwohl ich dafür nie Beweise haben würde. Ich hatte meine Kindheitsfreundin getötet. Diese Tatsache war noch nicht vollständig bis in mein Bewusstsein vorgedrungen.
Es ist kein Zufall, dass Sie noch am Leben sind,
hatte Margaret in ihrem Büro zu mir gesagt. In der Tat. Ich hatte darum gekämpft, am Leben zu bleiben. Und wozu? In manchen Momenten umgab mich jetzt eine endlose Leere. Diane war tot. Charlie in Haft. Rauser lag noch immer im Koma.
    Ich kann mich weder an die Fahrt ins Krankenhaus noch an die ersten Tage hier erinnern. Ich hatte eine Menge Blut verloren,
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