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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt
Autoren: Nancy Kress
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kam sie kaum noch aus ihrer winzigen Schlafnische
heraus. Sie bildete sich fort, nahm Gail an. Verglichen mit den
anderen, älteren Wissenschaftlern war Lucy noch recht
unerfahren. Mira Corporation brauchte auch keine Spitzenkraft auf
diesem Gebiet. Niemand rechnete damit, dass ihr Überleben von
der Paläontologie abhing. »Sie ist deiner Schicht zu den
Mahlzeiten zugeteilt, nicht wahr?«
    »Sie ist gar nicht zum Frühstück erschienen«,
erwiderte Jake.
    »Nun, wo ist sie dann?«
    »Sie hat sich im Frachtraum eingeschlossen. Dort hat sie
einen Hochleistungslaser für den Bergbau ausgepackt, und nun
droht sie damit, das Schiff in Stücke zu schneiden.«

 
2. KAPITEL
     
     
    »Es ist meine Schuld«, sagte Jake, während sie den
Korridor entlang zur Frachtschleuse eilten.
    »Natürlich ist es das«, schnauzte Gail. »Berge
stürzen ein, und es ist deine Schuld. Sterne explodieren als
Supernova, und es ist deine Schuld. Wir haben jetzt keine Zeit
für irgendwelche existenzialistischen Schuldgefühle,
Jake.«
    Das bewies nach Jakes Meinung wieder einmal, wie wenig Gail von
Menschen verstand. Hier ging es nicht um abstrakte
Schuldgefühle. Lucy Lasky war verrückt und gefährlich
und hatte sich im Frachtraum verkrochen, weil sich Jake nicht um ihre
zunehmende Zurückgezogenheit gekümmert und darüber
Bericht erstattet hatte. Er wusste, weswegen er bei seiner Pflicht
versagt hatte. Was Gail, als erklärte Lesbierin, natürlich
nicht verstehen konnte.
    »Einschalten«, sagte Gail in Richtung des Bildschirms an
der Außenseite der Schleuse.
    »Netzhautscan bitte«, kam die mechanische Antwort. Gail
beugte sich vor und legte das Auge vor den Scanner. Jake blickte
beiseite.
    Er schreckte immer noch vor einem Netzhautscan zurück, selbst
nach so langer Zeit und so weit von der Erde entfernt.
    »Abigail Sandra Cutler, Mira Corporation, stellvertretende
Vorstandsvorsitzende«, verkündete die Computerstimme.
»Zugriffsberechtigung Alpha.«
    »Schleuse öffnen«, befahl Gail.
    Ungeduldig warf Jake ein: »Glaubst du, dass hätte ich
nicht schon versucht?«
    »Schleuse wird geöffnet«, meldete die
Computerstimme, und dann: »Systemfehler.
Öffnungsmechanismus von gegenüberliegender Seite
zerstört.«
    »Auf welche Weise zerstört?«
    »Mit einem Laserschneider.«
    »Überwachungsvideo abspielen.«
    Jake hatte die Aufnahme bereits gesehen: Lucy trat mit Helm und
Raumanzug durch eben diese Schleuse in den luftleeren Frachtraum.
Ihre Bewegungen wirkten gelassen und zielstrebig. Sie gab den
gültigen Öffnungscode für den Behälter mit dem
Hochleistungs-Laserschneider ein – wie war sie an den
herangekommen? Das Gerät war so konstruiert, dass es selbst
durch das härteste Vulkangestein schnitt. Sorgfältig
löste Lucy die Befestigungen, die es an Ort und Stelle
hielten.
    Jake empfand denselben Unglauben wie vor kurzem, als er es zum
ersten Mal gesehen hatte. Lucy Lasky mit ihrer zierlichen, fast
knabenhaften Gestalt, den feinen hellbraunen Haarsträhnen, den
großen Augen und ein wenig zu hohen Augenbrauen, die ihr stets
einen etwas überraschten Gesichtsausdruck verliehen. Lucy Lasky,
still und liebenswürdig und stets so unscheinbar, wuchtete unter
1,25 Erdschwerkraft den Laserschneider aus dem Container und richtete
ihn genau auf die Außenhülle aus. Ihre schmalen Finger
gaben den Aktivierungscode ein.
    »Jesus«, sagte Gail.
    Lucy tätschelte den Laser kurz und besitzergreifend. Dann
packte sie einen kleineren Laserschneider aus, der normalerweise dazu
verwendet wurde, Teile der Schiffsverkleidung zu durchtrennen. Damit
zerstörte sie systematisch den computergesteuerten
Öffnungsmechanismus der Schleuse. Nun ließ sich diese nur
noch mechanisch öffnen.
    »Warum ging der Alarm nicht los?«, wollte Gail
wissen.
    »Das tat er«, sagte Jake. »So wurde ich auf das
hier aufmerksam. Du hast nichts gehört?«
    »Nein!«
    »Nun, ich schon. Sie muss ihn teilweise ausgeschaltet haben,
aber sie wusste nicht genug, um ihn gänzlich zu deaktivieren.
Aber offensichtlich hat sie es bei Scherers Konsole
geschafft.«
    Gail wirbelte herum und blickte Jake an. »Du hast ihm nicht
Bescheid gesagt?«
    »Noch nicht. Gail, überleg mal: Wenn wir sie
überzeugen könnten, dort herauszukommen, dann könnten
wir sie in Kälteschlaf befördern, ehe irgendjemand anders
davon erführe. Es ist auch so schon jeder nervös
genug.«
    »Du hast zu viel Vertrauen in Worte, Jake. Himmel,
Rechtsanwälte! Während du hier mit der Verrückten
diskutierst,
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