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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt
Autoren: Nancy Kress
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interessierten Gail wenig,
denn sie war keine Wissenschaftlerin. QVV erlaubte eine Kommunikation
ohne Zeitverzögerung, erforderte aber einen enormen
Energieaufwand.
    Das war ihre einzige Verbindung zur alten Heimat, von der sich die Ariel mit jeder Woche nicht nur räumlich, sondern auch
zeitlich mehr entfernte – denn bis zum Bremsvorgang flog das
Schiff mit einer Geschwindigkeit, die zu einer relativistischen
Zeitverschiebung führte. Wenn die Kolonisten auf Greentrees
landeten, würden sie sechs Jahre und sieben Monate an Bord der Ariel verbracht haben. Auf der Erde wären inzwischen
beinahe siebzig Jahre vergangen.
    Ihre alte Heimat würde sich bis zu diesem Zeitpunkt in einem
Maße verändert haben, wie sie es sich jetzt noch nicht
vorstellen konnten. Die meisten geliebten Menschen, die sie dort
zurückgelassen hatten, wären längst zu Staub
zerfallen. Und deshalb waren natürlich die meisten Siedler mit
den Menschen, die sie liebten, gemeinsam aufgebrochen. Gails riesige
Familie, zweihundertunddrei Personen an der Zahl, lag ebenfalls
komplett unter Deck im Tiefschlaf.
    »Nun«, stellte Ingrid verdrießlich fest, »ich
wünschte jedenfalls, ihr hättet das Geld für
wöchentliche Übertragungen locker gemacht und nicht nur
für zwei im Monat. So viel mehr hätte das auch nicht
gekostet. -Was gibt’s zu Mittag? Doch hoffentlich nicht schon
wieder Fisch?«
    »Ich glaube, heute hat er eine andere Soße«, sagte
William Shipley. »Riecht sie nicht köstlich?«
    Gail ärgerte sich fast ebenso sehr über Shipleys heitere
Gelassenheit wie über Ingrids Gereiztheit. Nur die Ruhe, ermahnte sie sich selbst. Verlier nicht die Beherrschung. So
etwas haben wir erwartet.
    Zwei Jahre waren vorüber, vier weitere lagen noch vor ihnen.
Schon jetzt war jeder, der wach geblieben war, das Essen leid –
und ebenso die wenigen verfügbaren
Unterhaltungsmöglichkeiten, den Fitnessraum und die
Mitreisenden. Drei davon hatten sich bereits entschieden, den Rest
der Reise nun doch im Kälteschlaf zu verbringen; Gail und Jake
hatten schon eine Wette laufen, wie lange die übrigen
durchhielten.
    Für jeden von ihnen stand eine Kälteschlafkammer zur
Verfügung. Nur Hauptmann Scherer und seine sechsköpfige
Mannschaft wurden während der interstellaren Reise wirklich
benötigt, und der Hauptmann sorgte mit militärischer
Sorgfalt dafür, dass seine Leute im Gegensatz zu den Zivilisten
ständig beschäftigt waren und nicht so leicht der
Langeweile, Depression und Gereiztheit anheim fielen.
    »Wo ist Jake?«, fragte Shipley. Er nahm sich von dem
Fisch und dem Reis, die zehn Minuten zuvor noch gefroren gewesen
waren. »Beim Frühstück war er ebenfalls nicht
dabei.«
    »Er isst mit der anderen Schicht«, sagte Gail. Wenn der
Tisch heruntergeklappt war, bot die Messe nur Platz für zehn
Personen. Daher mussten die Mahlzeiten in zwei Schichten eingenommen
werden. Sie und Jake aßen wechselweise mit den
unterschiedlichen Schichten – manchmal einzeln, jeder mit der
jeweils anderen Gruppe, manchmal aber auch gemeinsam, um ihre
Beobachtungen zu vergleichen. Es war wichtig, die geistige
Stabilität eines jeden Mitreisenden im Auge zu behalten. Die
Siedler waren einzig und allein wegen ihres Geldes ausgewählt
worden, persönliche Stärken hatten sie nicht unter Beweis
stellen müssen. »Was habt ihr heute Morgen
gemacht?«
    Todd Johnson, Ingrids schüchterner und unterdrückter
Ehemann, berichtete freundlich: »Wir haben noch einmal das Genom
der Bakterien aus den Bodenproben von Greentrees
untersucht.«
    »Nicht, dass wir das nicht schon mehr als zwanzig Mal getan
hätten«, fügte Ingrid hinzu.
    »Bald werden wir neue Daten von Greentrees erhalten,
Liebling.«
    »Oh, steht eine weitere Übertragung von der
Forschungssonde an?«, fragte Shipley interessiert. »Kann
ich die Daten dann auch sehen?«
    »Sicher«, erwiderte Todd, während Ingrid die Lippen
schürzte.
    Shipley, der Vertreter der Neuen Quäker (»Wir haben
keine Anführer«), interessierte sich schlichtweg für
alles. Gail hätte nicht genau sagen können, wie sie sich
einen Neuen Quäker vorgestellt hatte, aber Shipley entsprach
ganz gewiss nicht diesem Bild. Angeblich hatten sich die Neuen
Quäker wieder den strengen »Ersten Grundsätzen«
zugewandt, um der »Verweltlichung« entgegenzutreten, die
sich seit den einfachen und bescheidenen Anfängen im 17.
Jahrhundert in ihren Glauben geschlichen hatte.
    Wie seine 1902 schlafenden Glaubensbrüder und -schwestern war
auch Shipley
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