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Cosa Mia

Cosa Mia

Titel: Cosa Mia
Autoren: Andrea Auner
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schien in sich zusammenzufallen
und ich fühlte mich erst recht verraten und verkauft- und zwar von BEIDEN.
    „Hör doch, denkst du, ich habe nichts gefühlt? Verdammt, da
irrst du dich! Aber hast du deinerseits eine wage Vorstellung davon, was es in unseren Kreisen bedeutet? Denkst du, ich wollte dich tot sehen? Oder was weiß ich
was sie dir angetan hätten, nur um mir eins auszuwischen! Und dass wir so
zusammen waren, auch wenn es nur wenige wussten, war ein gefährliches
Pulverfass, denn es ist ein Tabu, nein ein Verbot bei diesen Strukturen und der
ganzen Verbrecherbrut überhaupt. Es ist mir immer gelungen, gefühlsmäßige
Bindungen dieser Art zu vermeiden, aber bei dir ist es mir nicht gelungen! Sieh
es als Kompliment. Nun bin ich es satt, Raffaele ist tot und die Unternehmen
sind mehr als zerrüttet.“ Er schüttelte abfällig den Kopf.
    „Ach, ich hätte mich damals nie in deiner Nähe aufhalten
sollen und lieber auf meinen Vater gehört.“, sagte ich leise und sah weg von
ihm. Er sagte nichts dazu und schaute auf seine Hände. Er spreizte die Finger
jeder Hand und führte sie an den Fingerspitzen zusammen, dann aber atmete er schwer
und ließ alles wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Ich beobachtete ihn.
Keiner sagte eine Weile etwas. Seine Schläfen waren ein wenig grauer geworden
und es schein eine Ewigkeit her zu sein, dass er einmal gelacht hatte. Seine
Augen wirkten müde. Trotzdem war er immer noch sehr gutaussehend. Kurz sah ich
in Gedanken, wie wir uns eins geküsst hatten. Ich wandte den Blick sofort weg
von ihm. Nach einer Weile war ich nicht mehr wütend, sondern nur noch traurig.
Ich war so traurig wie man nur in Erinnerungen vertieft und im Angesicht eines
alten Schmerzes traurig sein kann. Es ist wie eine andere Form von Traurigkeit
als die die einem normalerweise befällt.
    „Was möchtest du genau?“, sagte ich ermattet.
    „Ich wollte dich wiedersehen.“
    „Ja, ja. Und das fällt dir jetzt ein? JETZT?“ Aber ich wollte
nicht streiten, meine Energie war ohnehin wie verpufft.
    Sabatino antwortete nicht, sondern stand auf und ging zum
Fenster, das nach einem trüben Nebenkanal ausgerichtet war und ein wenig offen
stand. Er schaute hinab und stützte sich auf seine Arme. Ich musste mir
eingestehen, dass er erbärmlich aussah und sich auch so fühlen musste. Endlich
ging ich zur Couch hinüber und ließ mich hinein sinken. Am liebsten hätte ich
in diesem Augenblick ein großes Glas mit starken Alkohol vor mir stehen, schoss
es mir durch den Sinn, vielleicht Gin mit Eiswürfeln, aber mein Kühlschrank war
so leer, dass noch nicht einmal genug Grundnahrungsmittel vorhanden waren. Aber
ich hatte Lust, mich zu betrinken, als sei der momentane Zustand nicht anders
zu ertragen. Chaos herrschte in meinem Kopf und seine bloße Anwesenheit tat ihr
übriges hinzu. Verdammter, verdammter Idiot. Kreuzt hier auf und erzählt mir
solche Sachen und überdies ist er auf der Flucht und wird Italien verlassen
müssen. Ein zweites Mal würde er spurlos verschwinden. Ich dachte an Isabella
und ich sah ihn da stehen, ich dachte an mein Herz und versank in verwirrende
Erinnerungen. Es war kurz so als wäre die Zeit zurückgedreht worden, es hätte
es die Zeit nach Spoleto nicht gegeben. Bla bla bla. Und dann kam wieder die
Wut empor geschossen, doch was nützte die jetzt schon? Nur dumme Streitereien
waren die Folge. Die Vergangenheit veränderte sie nicht im Geringsten.
    „Wie du siehst, wohne ich in einem Loch. Ich arbeite zwar in
einem Hotel aber ich bin trotzdem arm. Jedoch habe ich Freunde. Ich habe hier
neu angefangen.“ Warum nur hatte ich gerade Isabella verschwiegen? Ich wusste
ich selbst nicht.
    „Nicht gerade die beste Aussicht da draußen, was?“, ergänzte
ich versöhnlich. „Manchmal stinkt es auch erbärmlich.“
    „Heute geht es.“, erwiderte Sabatino leise.
    „Wenigstens bist du hier zuhause. Du hast einen Platz
gefunden, hoffe ich.“, sagte er wie in Gedanken.
    „Und du siehst schlecht aus. Wie ein gehetztes Tier.“
    „Das war der Preis, den ich zahlen musste.“
    „Und du wolltest mich wirklich sehen? Ich meine, du bist
hierher gekommen wegen mir? Oder suchst du nur ein Versteck?“
    „Denk nicht, ich hätte dich in der Zeit vergessen.“ Na
vielleicht hättest du es lieber tun sollen, dachte ich grimmig, sagte aber
nichts. Dann drehte er sich zu mir um und sah mich eindringlich mit seinen
anziehenden, schwarzen Augen an.
    „Ich habe deine Abscheu verdient, Paolo,
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