Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cosa Mia

Cosa Mia

Titel: Cosa Mia
Autoren: Andrea Auner
Vom Netzwerk:
älteren Leute, so auch mein Vater, achteten selbst sehr
darauf, dass die Traditionen und das alte Handwerk nicht ausstarben, auch wenn
es sich kaum lohnte.
    Wir waren nicht reich, eigentlich waren wir fast arm, aber
wir lebten dennoch nicht schlecht, auch wenn wir so gut wie nichts Erspartes
hatten, da fast alles Geld für die Versorgung und das Essen gebraucht
wurde.             
    Mein alter Onkel Pedro wohnte ebenfalls bei uns, er war schon
fast einundsiebzig Jahre alt und hatte ein steifes Bein, da er eine Kugel in
die Kniescheibe abbekam, als er sich in etwas jüngeren Tagen mit Don Florentino
Di Castelli anlegt hatte, mit dem einst reichsten Herrn dieser Stadt und somit
auch dem Einflussreichsten. Die Familie der Castelli waren schon immer in
dieser Gegend ansässig gewesen, so sagten die Alten der Stadt und man hatte sie
zu respektieren, auch wenn sich in den Jahrzehnten unter ihnen auch „Wüteriche“
und „Halsabschneider“ befunden hatten. Doch sie besaßen viel Geld und davon
gaben sie auch der Stadt und den Stadtvätern. Deshalb konnte man sie zwar
kritisieren, aber danach war man stets bemüht auch wieder gute Worte zu finden
und so war das schon immer, wenn sich
    die Alteingesessenen über die Castellis unterhielten. Ich
stelle diese Familie vor, weil sie in meinen Jahren in Spoleto einen großen
Einfluss auf mich hatte, denn mein Schicksal war unabänderlich mit dem
Schicksal dieser Menschen verknüpft. Wer weiß, wie alles gekommen wäre, hätte
ich mich nie für sie oder ihre Geschicke interessiert.
    Der Streit meines  Onkels mit dem Don damals war längst schon
Legende geworden, als ich noch sehr klein war, obwohl Pedro fast nie davon
gesprochen hatte, überhaupt hatte er sich viel zu stark verweigert,
etwas darüber zu sagen, was dem Klatsch und den Gerüchten natürlich Zunder gab.
Schließlich gab es die verschiedensten Versionen. War es um eine Frau gegangen,
um das Ackerland, um ein verlorenes Kartenspiel? Es gab einen Haufen behütete,
betätschelte Geschichten darüber.
    Und mein Onkel Pedro dachte nicht daran, alles aufzuklären
und schwieg sich beharrlich aus. Es war nicht einfach, ihn in dieser Hinsicht
zu verstehen. Wenn er überhaupt Worte über diese Familie verlor, dann waren
    es Flüche, meist leise hinausgepresst oder je nach
Alkoholkonsum auch mal etwas derber und lauter.
    Insgeheim aber war jeder froh, dass nur sein Bein kaputt war
und dass die beiden Männer von da an nur Luft für einander waren und keine
Worte mehr wechselten. Denn es hätte auch viel schlimmer kommen können. Der
Zorn meines Onkels hatte allerdings auf meinen Vater abgefärbt, denn als sein
jüngerer Bruder konnte er sich auch nichts anderes erlauben und dann hatte es
sich so gefestigt, dass er auch daran glaubte, dass die ganze Castelli- Sippe
aus Schurken bestand. Ich allerdings schnappte auch andere Ansichten in der
Stadt und in den Gesprächen auf und so interessierte ich mich bald für alles,
was über jene Familie an Meinungen kursierten.
    An Don Florentino konnte ich mich nicht mehr erinnern, doch
als Kind begegnete ich seinem Erben und ältesten Sohn, Sabatino Di Castelli
öfters mal in der Stadt und stets lächelte er mich freundlich an. Sein Vater
war tot, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass sein Erbe auch ein
gefährlicher Windhund war, wie Pedro ihn schimpfte.
    Er aber äußerte sich später nie zu jenen alten Zwistigkeiten,
die unser beide Familien betrafen und ich
    glaube, sie färbten auch nicht auf ihn ab, so wenig wie ich
mich mit hinein ziehen ließ. Noch seltener schlenderte er großspurig durch die
Straßen und ließ jeden wissen, wer in unserer Stadt das meiste Geld und die
meiste Macht besaß, wie einst Florentino, der sich nur allzu gern und
nachlässig unvorsichtig, so als könnte ihm nichts passieren, im Bade der Menge
und trotzdem ihnen enthoben durch seinen teuren Aufzug, unter den vielen
Blicken sonnte.
    Manchmal kam er sogar mit dem Pferd und noch mit zwei seiner
Männer über das Viadukt geritten, das musste man sich mal vorstellen, sagte
einmal Pedro, nur hörte sich das aus seinem Mund etwas anders und etwa so an:
„Das war der Gipfel, der führte sich auf wie ein Graf, als er da herbeigeritten
kam und wie seine Männer ihn flankierten! Und natürlich ritten sie nicht solch
ein Pferd wie er, nein, so gepflegte Pferde hatten sie nicht, aber das Vieh vom
Don glänzte in der Sonne, als hätte er es mit Goldstaub gepudert, stellt euch
vor! Mich hätte das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher