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Corkle 1

Corkle 1

Titel: Corkle 1
Autoren: Thomas
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hereingekommen war und seinem Leben ein Ende gemacht hatte. Als die Polizei eintraf, stellte ich mir Fragen über mich selbst, und ich war froh, daß sie kamen, weil ich jetzt über etwas anderes lügen konnte.

4
    Sie kamen in großem Stil: Ihre Sirene kündigte volle zwei Minuten im voraus ihre Ankunft an – für einen geübten Einbrecher reichlich Zeit, über die Hintertreppe und durch eine Seitengasse zu verschwinden. Zwei gestiefelte, grünuniformierte Polizisten stürmten herein und blinzelten in die Dunkelheit. Nummer eins stelzte zur Bar herüber und fragte, ob ich der brave Bürger sei, der angerufen hatte. Als ich bejahte, drehte er sich um und verkündete diese Tatsache stolz der Nummer zwei und den beiden in Zivil, die mit ihnen gekommen waren. Der eine Nichtuniformierte nickte mir zu, und dann gingen alle zu dem Toten, um ihn anzusehen.
    Ich blickte auf meine Uhr. Seit der kleine dunkle Mann erschossen worden war, waren siebzehn Minuten vergangen. Während die Polizisten die Leiche betrachteten, um Hinweise oder was auch immer zu finden, rauchte ich eine Zigarette. Karl stand inzwischen wieder hinter der Bar, und Hilde befand sich in der Nähe der Tür und zerknitterte ihre Schürze.
    »Haben Sie das mit Hilde geklärt?«
    Karl nickte. »Sie hat ihn den ganzen Tag nicht gesehen.«
    Einer der beiden in Zivil löste sich aus der Gruppe, die um den Toten herumstand, und kam zur Bar.
    »Sind Sie Herr McCorkle?« fragte er und gab meinem Namen einen hübschen gutturalen Klang.
    »Ja. Ich habe gleich angerufen, als es passierte.«
    »Ich bin Inspektor Wentzel.«
    Wir schüttelten uns die Hand. Ich fragte ihn, ob er etwas trinken wolle. Er sagte, einen Kognak würde er nehmen. Wir warteten, während Karl einschenkte, sagten Prosit, und er trank. Dann kam er zur Sache.
    »Haben Sie es gesehen?« fragte Wentzel.
    »Zum Teil, nicht alles.«
    Er nickte. Der Blick seiner blauen Augen war offen und fest, sein Mund eine dünne gerade Linie, die weder Mitgefühl noch Argwohn verriet. Er hätte nach einer eingedrückten Stoßstange fragen können.
    »Würden Sie mir bitte den Vorgang genau so schildern, wie Sie sich daran erinnern? Lassen Sie nichts aus, egal wie nebensächlich.«
    Ich erzählte ihm, was sich seit meinem Abflug von Berlin ereignet hatte, und überging nur Padillos Anwesenheit, was vermutlich alles andere als nebensächlich war. Während ich sprach, trafen die Kriminaltechniker ein, machten Aufnahmen, suchten Fingerabdrücke, untersuchten die Leiche, legten sie auf eine Bahre, breiteten eine Decke über sie und schafften sie dorthin, wo Tote hingebracht werden. Vermutlich ins Leichenschauhaus.
    Wentzel hörte mir aufmerksam zu, machte sich aber keine Notizen. Wahrscheinlich hatte er ein gutes Gedächtnis. Er drängte mich weder, noch stellte er Fragen. Er hörte einfach nur zu und schaute gelegentlich auf seine Fingernägel. Sie waren sauber wie auch sein Hemd, dessen breitgeschnittener Kragen durch eine in doppeltem Windsorknoten geknüpfte braunschwarze Krawatte zusammengehalten wurde. Sie paßte nicht besonders gut zu seinem dunkelblauen Anzug. Er hatte sich irgendwann im Verlauf des Tages rasiert und roch leicht nach Rasierwasser.
    Schließlich hatte ich alles gesagt, aber er lauschte weiter. Die Stille wuchs, und ich widerstand der Versuchung, hier und da noch ein paar kleine Ausschmückungen hinzuzufügen. Ich bot ihm eine Zigarette an, die er akzeptierte.
    »Also dieser Maas …«
    »Ja?«
    »Hatten Sie ihn schon einmal gesehen?«
    »Noch nie.«
    »Aber es ist ihm gelungen, Sie in der Maschine von Tempelhof kennenzulernen, sich mit Ihnen anzufreunden, sich die Fahrt mit Ihnen nach Godesberg zu sichern – sogar zu genau demselben Bestimmungsort –, und hier haben Sie gesehen, wie er aus Ihrem Lokal hinauslief, nachdem sein Bekannter erschossen worden ist. Ist das so richtig?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Natürlich«, murmelte Wentzel, »natürlich. Aber finden Sie nicht, Herr McCorkle, finden Sie nicht auch, daß es ein seltsamer Zufall ist – ein wirklich verblüffender Zufall –, daß dieser Mann sich neben Sie setzt, daß Sie ihm anbieten, ihn mitzunehmen, daß er in Ihr Lokal geht, um sich dort mit einem Mann zu treffen, der dann erschossen wird?«
    »So kommt es mir auch vor«, sagte ich.
    »Ihr Partner, Herr Padillo, war nicht hier?«
    »Nein; er ist geschäftlich verreist.«
    »Aha. Falls dieser Maas versucht, sich mit Ihnen irgendwie in Verbindung zu setzen, werden Sie uns bitte sofort
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