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Congo

Congo

Titel: Congo
Autoren: Michael Crichton
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mit seiner halben Million Einzelteile zum vorgesehenen Zeitpunkt fertig wurde. Andernfalls gab es nur noch die Möglichkeit, um schlechtes Wetter zu beten, weil dann der Start verschoben werden mußte — also einen Regenzauber zu veranstalten.
    Travis hatte sich seinen Humor bewahrt, obwohl er ein ganzes Jahrzehnt lang Probleme auf höchster technischer Ebene gelöst hatte. Seine Arbeitshaltung ging aus einem großen, an der Wand hinter seinem Schreibtisch befestigten Schild hervor, auf dem es hieß: »EGGIS.« Was bedeutete: »Etwas geht garantiert immer schief.«
    Aber in der Nacht vom 13. auf den 14. Juni versagte sein Humor. Seine ganze Expedition war verloren, alle ERTS-Experten tot — acht seiner besten Leute — und mit ihnen alle Träger. Acht Leute! Das war die schlimmste Katastrophe in der Geschichte der ERTS, schlimmer noch als 1978 in Nigeria.
    Travis fühlte sich erschöpft und innerlich ausgelaugt, wenn er nur an all die Telefongespräche dachte, die er jetzt führen mußte. Dabei meinte er nicht seine eigenen Anrufe, sondern die, die er entgegennehmen mußte. Ob der und der rechtzeitig zur Schulabschlußfeier seiner Tochter oder zum Sportfest seines Sohnes zurück sein werde? All diese Anrufe würde man an Travis weiterleiten, und er würde die erwartungsvollen Stimmen hören, die hoffnungsvollen Fragen, denen er seine eigenen wohlüberlegten, ziselierten Antworten entgegensetzen mußte… Daß er nicht ganz sicher sei, selbstverständlich sehe er die Schwierigkeiten, er werde sein Bestes tun, natürlich, ganz klar… Die Aussicht darauf machte ihm im voraus zu schaffen.
    Er würde niemandem sagen können, was vorgefallen war, mindestens zwei Wochen, möglicherweise einen ganzen Monat lang nicht.
    Dann aber würde er selbst anrufen, Hausbesuche machen und an den Gedenkgottesdiensten teilnehmen müssen. Da wo sonst der Sarg stand, würde eine deutlich sichtbare Lücke klaffen, er würde die unvermeidlichen Fragen der Angehörigen und Verwandten unbeantwortet lassen müssen. Sie würden in seinem Gesicht nach dem kleinsten verräterischen Anzeichen suchen, das leiseste Zögern ausdeuten. Was könnte er ihnen schon sagen?
    Sein einziger Trost war, daß er ihnen in einigen Wochen möglicherweise mehr berichten konnte.
    Eines war sicher: Wenn er die schrecklichen Anrufe heute nacht noch tätigen müßte, könnte er den Angehörigen überhaupt nichts sagen, denn niemand bei der ERTS hatte eine Vorstellung davon, was vorgefallen war, und das steigerte noch Travis Gefühl der Erschöpfung. Außerdem mußte man sich noch um Einzelheiten kümmern: Morris, der Sachbearbeiter des Unternehmens für Versicherungsfragen, kam herein und wollte wissen.: »Was soll mit den Risiko-Lebensversicherungen geschehen?« Die ERTS schloß für jedes Mitglied ihrer Expeditionen Risiko-Lebensversicherungen ab, auch für die eingeborenen Träger. Für die afrikanischen Träger lautete die Versicherung auf jeweils 15000 US-Dollar — ein auf den ersten Blick lächerlich geringer Betrag andererseits galt es zu bedenken, daß das jährliche Pro-Kopf-Einkommen in Afrika bei durchschnittlich 180 US-Dollar lag. Travis hatte stets den Standpunkt vertreten, auch das Risiko der eingeborenen Expeditionsteilnehmer müsse angemessen gedeckt werden, auch um den Preis, daß Familien, die ihren Ernährer verloren, ein — nach ihren Vorstellungen kleines Vermögen erhielten, daß die ERTS ein kleines Vermögen an Versicherungsprämien dafür aufbrachte. »Erst einmal nichts«, sagte Travis.
    »Wissen Sie, was uns die Policen pro Tag kosten?«
    »Wir machen erst einmal nichts«, sagte Travis.
    »Und wie lange?«
    »Dreißig Tage«, sagte Travis.
    »Noch dreißig Tage?«
    »Ja.«
    »Aber sie sind doch mit Sicherheit alle tot.«
    Morris konnte Geldverschwendung nicht ruhig mitansehen. Es tat ihm in seiner Buchhalterseele weh.
    »Schon recht«, sagte Travis. »Sie lassen wohl am besten den Angehörigen der Träger einen kleinen Betrag zukommen, damit sie den Mund halten.«
    »Großer Gott, und wieviel?«
    »Jeweils fünfhundert Dollar.«
    »Und wie verbuchen wir das?«
    »Gerichts-und Anwaltskosten«, sagte Travis.
    »Verstecken Sie es unter im Ausland angefallene Gerichts-und Anwaltskosten.«
    »Und die Angehörigen der Amerikaner, die wir verloren haben?«
    »Die haben alle Kreditkarten und können ihre Konten überziehen«, sagte Travis. »Machen Sie sich um die keine Sorgen.« Roberts, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig war, kam in
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