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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache
Autoren: Andrea Camilleri
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geredet!«
    »Dann sagen Sie uns doch, was Sie in dieser einen Stunde und zwanzig Minuten gemacht haben.«
    Mimì hatte ihn wie ein Tollwütiger angeblafft und ließ nun nicht mehr locker.
    »Ich hab darüber nachgedacht.«
    »Sie haben eineinhalb Stunden darüber nachgedacht?«
    »Jawohl.«
    »Worüber?«
    »Ob ich anrufen soll oder nicht.«
    »Und weshalb?«
    »Weil man, wenn man mit euch Bul…, hmm, zu tun hat, immer den Kürzeren zieht.«
    »Wollten Sie etwa gerade Bullen sagen?«, fragte Mimì, rot im Gesicht, und holte aus, um ihm einen Faustschlag zu versetzen.
    »Lass gut sein, Mimì!«, sagte Montalbano.
    »Hören Sie«, fing Augello wieder an, der es darauf anlegte, ihn zu provozieren und einen Streit vom Zaun zu brechen, »wenn man zur Grotte gelangen will, gibt es zwei Wege, einen nach oben und einen nach unten. Richtig?«
    »Völlig richtig.«
    »Warum haben Sie uns nur den Weg nach unten gezeigt? Damit wir uns das Genick brechen?«
    »Weil ihr den Weg nach oben niemals geschafft hättet. Der ist wegen dem Regen nur noch Schlamm und Matsch.«
    Man hörte ein dumpfes Donnern. Sie alle blickten zum Himmel auf, die Wolken zogen sich wieder zu statt weiter aufzureißen. Und alle dachten das Gleiche: Wenn die Leiche nicht bald gefunden wurde, würden sie allesamt noch einmal bis auf die Haut nass werden.
    »Wie erklären Sie sich, dass die Leiche nicht mehr da ist?«, trat Montalbano dazwischen.
    »Tja«, sagte Ajena. »Entweder ist der Sack vom Regen zusammen mit der Erde den Abhang hinuntergespült worden, oder irgendjemand ist gekommen und hat ihn mitgenommen.«
    »Ach was!«, sagte Mimì. »Wenn jemand hierhergekommen wäre, um den Sack wieder mitzunehmen, hätte er doch eine Spur im Schlamm hinterlassen! Aber man sieht keine Spur! Nichts!«
    »Was soll das denn bitte heißen?«, erwiderte Ajena. »Wie wollen Sie nach all dem Regen noch Spuren finden?«
    An diesem Punkt der Diskussion trat Catarella aus einem unerklärlichen Grund einen Schritt vor. Und das war der Beginn seiner zweiten Rutschpartie an diesem Morgen. Er hatte nur einen halben Fuß auf den Ton setzen müssen, um einen Spagat wie ein Kunstrollschuhläufer hinzulegen: einen Fuß auf dem Pfad, den anderen auf einer Tonplatte. Fazio, der neben ihm stand, versuchte noch, ihn schnell zu packen, aber er schaffte es nicht mehr. Im Gegenteil, mit der Bewegung, die er machte, gab er ihm unbeabsichtigt sogar noch einen heftigen Stoß. Daraufhin stand Catarella einen Augenblick mit weit geöffneten Armen da, machte dann eine halbe Drehung, wandte den Rücken ab, und seine beiden Füße glitten nach vorne.
    »Ich hab das Gleichgewicht verloren!«, verkündete er der Stadt und dem Erdkreis mit Gebrüll.
    Danach stürzte er gewaltig auf seinen Hintern, und so, auf einem unsichtbaren Schlitten sitzend, gewann er an Fahrt. Dabei fiel Montalbano plötzlich wieder eine physikalische Regel ein, die er in der Schule gelernt hatte und die besagte: Motus in fine velocior , die Bewegung wird zum Ende hin schneller.
    Dann sahen sie, wie Catarella nach hinten fiel, rücklings ausgestreckt auf dem Ton lag und mit der Geschwindigkeit eines Bobfahrers losraste. Die Fahrt endete zwanzig Meter weiter unten, am Ende des Abhangs, bei einem riesigen Strauch, in den Catarellas Körper zunächst wie ein Geschoss einschlug, um dann zu verschwinden.
    Keiner der Zuschauer machte den Mund auf. Alle standen da, als hätte dieses Schauspiel sie mit einem Bann belegt.
    »Organisiert Hilfe«, wies Montalbano die anderen nach einer Weile an.
    Die ganze Sache war ihm derart an die Nieren gegangen, dass er nicht einmal mehr lachen konnte.
    »Wie kann man ihn da unten rausholen?«, fragte Augello Pasquale Ajena.
    »Wenn man diesen Pfad hier runtergeht, kommt man in der Nähe von der Stelle raus, wo Ihr Kollege gelandet ist«, antwortete Ajena.
    »Dann mal los.«
    Doch in diesem Augenblick tauchte Catarella aus dem Strauch auf. Bei der Rutschpartie hatte er Hose und Unterhose verloren und hielt nun schamvoll die Hände vor seine intimsten Teile.
    »Was ist los mit dir?«, rief Fazio.
    »Nichts. Den Sack mit der Leiche habe ich gefunden. Er ist hier.«
    »Gehen wir runter?«, fragte Mimì Augello Montalbano.
    »Nein. Wir wissen ja jetzt, wo er ist. Du, Fazio, gehst Catarella entgegen. Du, Mimì, wartest in der Grotte auf sie.«
    »Und du?«, fragte Augello.
    »Ich nehme den Jeep und fahre zurück nach Marinella. Mir reicht’s.«
    »Aber entschuldige mal. Was ist mit der
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