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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache
Autoren: Andrea Camilleri
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plötzlich spurlos verschwand. Aber warum musste man dem Tod überhaupt eine Farbe geben? Der weiße Tod! Als gäbe es auch einen grünen, einen gelben und so weiter. Wenn man dem Tod wirklich eine Farbe geben wollte, dann konnte es nur Schwarz sein, Pechschwarz.
    »Frisch von heute?«
    »Das haben sie mir nicht gesagt, Dottori.«
    »Und wo hat man ihn gefunden?«
    »Auf dem Land, Dottori. Ortsteil Pizzutello.«
    Na klar! Eine unwegsame, gottverlassene Gegend voller Geröllfelder und Gestrüpp, wo eine Leiche heimisch werden konnte, ohne jemals entdeckt zu werden.
    »Ist schon einer von unseren Leuten hingefahren?«
    »Jaja, Dottori. Fazio und Dottori Augello sind schon vor Ort.«
    »Und warum bist du dann hergekommen und gehst mir auf die Nerven?«
    »Dottori, ich bitte um Verständigung und Vergebnis, aber Dottori Augello hat mich angerufen und mir gesagt, ich soll Ihnen sagen, dass Ihre Anwesenheit persönlich selbst am Ort unverzichtbar wäre. Und weil das Telefon, das von Ihnen also, nicht geantwortet hat, bin ich mit dem Jippi gekommen, um Sie abzuholen.«
    »Warum mit dem Jeep?«
    »Weil das Auto nicht an den Ort daselbst gelangen kann, Dottori.«
    »Na gut, fahren wir.«
    »Dottori, er hat mir auch noch gesagt, ich soll Ihnen sagen, dass es besser ist, wenn Sie Stiefel anziehen und Ihren Kopf mit einem Hut bedecken und einen Regenmantel anziehen.«
    Montalbanos von einem Feuerwerk an Flüchen und Verwünschungen begleiteter Gefühlsausbruch ließ Catarella vor Schreck erstarren.
    Nichts deutete darauf hin, dass der sintflutartige Regen vorhatte nachzulassen. Sie fuhren praktisch blind, denn die Scheibenwischer schafften es nicht, das Wasser beiseitezuschieben. Außerdem war der letzte Kilometer vor der Stelle, wo man die Leiche gefunden hatte, ein Mittelding zwischen einer Achterbahn und einem gerade stattfindenden Erdbeben der Stärke sieben auf der Richterskala. Die schlechte Laune des Commissario lud sich mit zentnerschwer lastendem Schweigen auf, das Catarella so nervös machte, dass er es fertigbrachte, auch nicht eine einzige der Vertiefungen auszulassen, die der Regen in kleine Seen verwandelt hatte.
    »Hast du auch den Rettungsring dabei?«
    Catarella antwortete nicht, er wäre am liebsten selbst der Tote gewesen, den sie sich nun anschauen wollten. Montalbanos Magen musste sich irgendwann umgestülpt haben, sodass er wieder den ekelhaften Geschmack der Malzkaffeebrühe im Mund hatte, die Catarella ihm zubereitet hatte.
    Endlich hielten sie, der göttlichen Vorsehung sei Dank, neben dem anderen Jeep, mit dem Augello und Fazio gekommen waren. Nur dass weit und breit keine Spur von Augello oder von Fazio oder von irgendeiner Leiche zu sehen war.
    »Spielen wir vielleicht Verstecken?«, erkundigte sich Montalbano.
    »Dottori, mir wurde gesagt, dass ich anhalten soll, sobald und wenn ich ihren Jippi sehen würde.«
    »Mach dich mal bemerkbar.«
    »Wie soll ich mich denn bemerkbar machen, Dottori?«
    »Wie sollst du dich wohl bemerkbar machen, Catarè? Mit der Klarinette? Oder dem Tenorsaxophon? Hup einfach mal!«
    »Die Hupe hupt nicht, Dottori.«
    »Dann bedeutet das wohl, dass wir hier bis in die Nacht warten müssen.«
    Er zündete sich eine Zigarette an. Als er fertig geraucht hatte, traf Catarella eine Entscheidung.
    »Dottori, ich werde sie suchen gehen. Weil der Jippi ja nun da steht, wo er steht, würde ja die Möglichkeit bestehen, dass sie sich möglicherweise ganz nahe hier in der Nähe aufhalten.«
    »Nimm meinen Regenmantel.«
    »Nein, Dottori, das kann ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil, Dottori, der Regenmantel ein ziviles Kleidungsstück ist, und ich bin in Uniform.«
    »Wer sieht dich hier denn schon?«
    »Dottori, Uniform bleibt Uniform.«
    Er öffnete die Tür, stieg aus, sagte »Ah!« und war weg. Er war so schnell verschwunden, dass Montalbano Angst hatte, Catarella könnte in einen Graben voller Wasser gestürzt sein und würde jetzt ertrinken. Eilig stieg auch er aus, und im Nu schlitterte er auf dem Hintern etwa zehn Meter einen schlammigen Abhang hinunter, an dessen Ende Catarella nun stand und aussah wie eine Skulptur aus frischem Ton.
    »Ich hab den Jippi direkt am Rand des Abhangs geparkt und hab es nicht bemerkt, Dottori.«
    »Das hab ich verstanden, Catarè. Und wie kommen wir jetzt wieder hoch?«
    »Haben Sie gesehen, dass linker Hand ein Weg abgeht, Dottori? Ich gehe vor und Sie folgen mir vorsichtig hinterher, Dottori, denn es ist sehr rutschig.«
    Nach fünfzig Metern
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