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Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache

Titel: Commissario Montalbano 13 - Das Ritual der Rache
Autoren: Andrea Camilleri
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können.
    Das Zimmer war zwar hell, aber Bonetti-Alderighi war verschwunden. An seiner Stelle saß ein vierschrötiger kleiner Mann mit einer Schiebermütze auf dem Kopf, den er sofort erkannte. Totò Riina! Er war aus dem Gefängnis entlassen worden! Demnach war Bonetti-Alderighi also gar nicht übergeschnappt. Das, was er ihm gesagt hatte, war die schlichte Wahrheit!
    »Bonasira«, sagte Riina in breitestem Sizilianisch. »Verzeihen Sie Zeit und Umstände meines Besuchs, aber ich bin in Eile, und draußen wartet ein Hubschrauber auf mich, der mich gleich nach Rom bringt, wo ich die Regierung zusammenstellen werde. Den einen oder anderen Namen habe ich schon: Bernardo Provenzano, stellvertretender Ministerpräsident, einen der Caruana-Brüder als Außenminister, Leoluca Bagarella als Verteidigungsminister … Zu Ihnen komme ich mit einer Frage, die Sie, Montalbano, mir jetzt sofort mit Ja oder Nein beantworten müssen. Wollen Sie mein Innenminister werden?«
    Doch bevor Montalbano antworten konnte, tauchte Catarella im Zimmer auf. Er musste durch die offen stehende Tür hereingekommen sein. Er hielt den Revolver in der Hand und zielte auf den Commissario. Dabei liefen ihm dicke Tränen über das Gesicht.
    »Dottori, wenn Sie jetzt Ja sagen zu diesem Verbrecher da, dann bring ich Sie persönlich selbst um!«
    Doch durch das Reden hatte er sich ablenken lassen, und schneller als eine Schlange glitt Riina auf ihn zu, entwand ihm den Revolver und schoss. Das Licht im Zimmer erlosch und …
    Montalbano erwachte. Das einzig Echte an seinem Traum war das Gewitter, in dem die offen gelassenen Fensterläden schlugen. Er stand auf, machte sie zu und legte sich wieder hin, nachdem er auf die Uhr gesehen hatte. Vier Uhr morgens. Er wollte wieder einschlafen, doch hinter hartnäckig geschlossenen Augenlidern fand er sich wieder im Zwiegespräch mit Montalbano zwei.
    Was sollte dieser Traum bedeuten?
    Wieso willst du eine tiefere Bedeutung darin erkennen, Montalbà? Kommt es nicht häufiger vor, dass du beschissene Träume hast, ’tschuldigung, Träume ohne Hand und Fuß?
    Das behauptest du, dass sie weder Hand noch Fuß haben, weil du nicht mehr Verstand hast als ein Stück Vieh. Du siehst das so, aber geh mal zu Herrn Freud und erzähl ihm davon, dann wirst du schon sehen, was der da alles herausliest!
    Warum sollte ich zu Herrn Freud gehen und ihm meine Träume erzählen?
    Weil du, wenn du es nicht schaffst, dir den Traum zu erklären oder ihn dir deuten zu lassen, nicht mehr einschlafen kannst.
    Okay, von mir aus. Dann frag.
    Was hat dich am meisten erschreckt von all dem, was du geträumt hast?
    Der Umstand des fliegenden Wechsels.
    Welcher?
    Dass auf Bonetti-Alderighis Platz Totò Riina saß, als ich aus der Küche zurückkam.
    Drück dich genauer aus.
    Dass auf dem Platz des Polizeipräsidenten, des Vertreters des Gesetzes, die Nummer eins der Mafia saß, der Boss aller Gesetzesgegner.
    Du sagst mir also gerade, dass du in deinem Zimmer, in deinem Haus, inmitten all deiner Besitztümer sowohl das Gesetz beherbergt hast als auch die Verkörperung all dessen, was außerhalb des Gesetzes steht.
    Ja, und?
    Kann es nicht sein, dass die Demarkationslinie zwischen Gesetz und Gesetzlosigkeit in dir jeden Tag etwas mehr verschwimmt?
    Jetzt red keinen Stuss!
    Dann betrachten wir es doch mal von einer anderen Seite. Worum haben sie dich gebeten?
    Bonetti-Alderighi hat mich gebeten, ihn zu verstecken. Er hat mich um Hilfe gebeten.
    Und das hat dich erstaunt?
    Natürlich!
    Und worum hat dich Riina gebeten?
    Sein Innenminister zu werden.
    Und das hat dich erstaunt?
    Na ja, schon …
    Hat dich das genauso erstaunt wie die Bitte des Polizeipräsidenten, ihm zu helfen? Oder mehr? Oder weniger? Antworte ehrlich.
    Na ja. Weniger.
    Wieso hat dich das weniger erstaunt? Ist es denn normal für dich, dass ein Mafiaboss dich bittet, für ihn zu arbeiten?
    Nein, das ist doch gar nicht die Frage. Riina war in diesem Augenblick ja kein Mafiaboss mehr, sondern jemand, der Ministerpräsident werden sollte! Und in seiner Eigenschaft als künftiger Ministerpräsident hat er mich gebeten, mit ihm zusammenzuarbeiten!
    Halt. Hier geht es um zwei verschiedene Dinge. Entweder denkst du, die Tatsache, dass er Ministerpräsident wird, löscht alle seine früheren Verbrechen aus, einschließlich der Morde und Massaker, oder du gehörst zu den Bullen, die unter allen Umständen demjenigen dienen, der an der Macht ist, ohne sich darum zu scheren, wer er
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