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Collins, Suzanne

Collins, Suzanne

Titel: Collins, Suzanne
Autoren: Flammender Zorn (Die Tribute von Panem Bd 3)
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Süßlich, künstlich.
Aus der Vase mit den vertrockneten Blumen auf meiner Kommode schaut ein weißer
Farbklecks. Vorsichtig gehe ich näher heran.
    Dort, halb verdeckt von ihren konservierten Schwestern,
prangt eine weiße Rose. Vollkommen, bis in den letzten Dorn und das letzte
seidige Blatt.
    Ich weiß sofort, wer sie mir geschickt hat.
    Präsident Snow.
    Von dem Gestank wird mir übel, ich weiche zurück und verlasse
den Raum. Wie lange steht sie schon da? Einen Tag? Eine Stunde? Bevor ich
hineindurfte, haben die Rebellen das Dorf der Sieger sicherheitshalber nach
Sprengstoff, Wanzen und anderen verdächtigen Sachen abgesucht. Vielleicht
haben sie der Rose keine Bedeutung geschenkt? Ich schon.
    Unten schnappe ich mir den Jagdbeutel und schleife ihn
achtlos über den Boden, bis mir siedend heiß einfällt, dass ja jemand darin
ist. Vom Rasen vor dem Haus aus winke ich wild dem Hovercraft, während
Butterblume heftig strampelt. Ich verpasse ihm einen Schlag mit dem Ellbogen,
aber das macht ihn erst richtig wütend. Das Hovercraft kommt näher, eine Leiter
wird herabgelassen. Ich steige auf, und der Strom bannt mich, bis ich an Bord
gezogen bin.
    Gale hilft mir von der Leiter herunter. »Alles in Ordnung
bei dir?«
    »Ja«, sage ich und wische mir mit dem Ärmel den Schweiß
aus dem Gesicht.
    Er hat mir eine Rose dagelassen!, würde ich
am liebsten schreien, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Information
wirklich loswerden will, solange jemand wie Plutarch dabei ist. Weil es sich
anhören würde, als wäre ich übergeschnappt. Als hätte ich mir das entweder nur
eingebildet, was ja durchaus möglich ist, oder als würde ich überreagieren, und
dann würden sie mich wieder in das Traumland des Drogenrauschs schicken, dem
ich unbedingt entkommen möchte. Niemand wird verstehen, wieso das nicht einfach
nur irgendeine Blume und auch nicht nur irgendeine Blume von Präsident Snow
ist, sondern ein Racheversprechen. Denn niemand außer mir hat mit ihm in dem
Arbeitszimmer gesessen, damals, vor der Tour der Sieger, als er mir drohte.
    Die schneeweiße Rose auf meiner Kommode ist eine persönliche
Botschaft an mich. Sie weist auf eine offene Rechnung hin. Sie flüstert: Ich kann
dich finden. Ich kann dich erreichen. Vielleicht beobachte ich dich genau in
diesem Augenblick.
     
    2
     
    Kommen jetzt die Hoverplanes des Kapitols angeschossen,
um uns vom Himmel zu fegen? Während wir über Distrikt 12 hinweggleiten, suche
ich beklommen nach Anzeichen für einen Angriff, aber niemand verfolgt uns. Nach
ein paar Minuten entnehme ich einer Unterhaltung zwischen dem Piloten und
Plutarch, dass der Luftraum frei ist, und entspanne mich ein wenig.
    Gale nickt zu dem Gemaunze hin, das aus dem Beutel kommt.
»Jetzt verstehe ich, warum du noch mal zurückmusstest.«
    »Die Chance war nun wirklich gleich null.« Ich pfeffere
den Beutel auf einen Sitz, von dem aus das abscheuliche Tier ein tiefes,
kehliges Knurren ausstößt. »Ach, sei still«, sage ich zu dem Beutel, während
ich mich gegenüber in einen gepolsterten Fensterplatz sinken lasse.
    Gale setzt sich neben mich. »Ziemlich schlimm da unten,
was?«
    »Schlimmer geht es kaum«, antworte ich. Ich schaue ihm in
die Augen und sehe meinen eigenen Kummer darin gespiegelt. Unsere Hände finden
sich, sie halten einen Teil von Distrikt 12 fest, den Snow nicht hat zerstören
können. Den Rest des Fluges nach Distrikt 13, der nur eine Dreiviertelstunde
dauert, sitzen wir einfach so da. Zu Fuß würde es eine Woche dauern. Bonnie und
Twill, die ich letzten Winter im Wald traf, nachdem sie aus Distrikt 8 geflohen
waren, waren eigentlich gar nicht mehr weit von ihrem Ziel entfernt. Aber
offenbar haben sie es trotzdem nicht geschafft. Als ich in Distrikt 13 nach
ihnen fragte, schien niemand zu wissen, von wem ich redete. Vermutlich im Wald
gestorben.
    Von oben sieht es in 13 mehr oder weniger genauso einladend
aus wie in 12. Anders, als das Kapitol es im Fernsehen zeigt, rauchen die
Trümmer zwar nicht mehr, aber oberirdisch gibt es so gut wie kein Leben. In den
fünfundsiebzig Jahren seit den Dunklen Tagen - als Distrikt 13 im Krieg
zwischen dem Kapitol und den Distrikten angeblich ausgelöscht wurde - wurde fast
nur noch unter der Erde gebaut. Schon vorher hatte es hier ausgedehnte
unterirdische Anlagen gegeben, die über die Jahrhunderte errichtet worden
waren, entweder als geheimer Schutzraum für die Regierenden in Kriegszeiten
oder als letzte Zuflucht für die Menschheit, falls
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