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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel
Autoren: Mischa Martini
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Rücken an die Wand, nahm ihm das Buch aus den Händen und steckte es ihm in die Jackentasche. »Die Hände verschränken, Handflächen nach oben, den Rücken gerade halten.«
    Walde stützte sich auf den Schultern des Kollegen ab und setzte den rechten Fuß in Grabbes verschlungene Hände. Als Walde oben einen dicken Ast zu fassen bekam, schaute er runter zur Straße, wo eine ältere Frau, einen Korb über dem Arm, an der Pforte stand, an der er soeben vergeblich geläutet hatte. Mit offenem Mund starrte sie zu den beiden Männern hinüber.
    *
    Dr. Hoffmann, Pathologe, kniete im Kutscherhaus neben der Leiche. »Zehn bis zwölf Stunden tot. Schädelverletzung. Tippe auf Sturz.« Er deutete auf die dunklen Flecken auf dem Boden neben der Holzleiter. »Das da könnte Blut sein.«
    Walde verkniff sich zu dieser hochintelligenten Schlussfolgerung eine Bemerkung und fragte: »Hat er sich die Verletzungen selbst zugezogen?«
    Hoffmann kam hoch und besah sich die Leiter.
    »Sobald die Spurensicherung fertig ist, sollte mal nachgesehen werden, was der Gärtner da oben wollte. Wenn er wirklich Spezialist für Baumpflege war, dürfte er mit einer einfachen Holzleiter, deren Sprossen, soweit ich das sehe, intakt sind, umgehen können.«
    »War er vielleicht betrunken?«
    »Das werde ich prüfen.« Der Pathologe umkurvte am Boden stehende offene Koffer mit Gerätschaften der Spurensuche und verließ das Kutscherhaus. Am Rande eines Blumen- und Nutzgartens blieb er stehen und schaute sich um.
    »Man fühlt sich in eine andere Welt versetzt.« Er ließ sich auf einer Steinbank nieder, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und nahm sie wieder herunter, als er merkte, dass keine Rückenlehne vorhanden war.
    Walde verdrängte für einen Moment alle Hektik und setzte sich neben ihn. Er wunderte sich, wie groß der Garten zwischen Mauer und der Kurie doch war. Sein Blick folgte einem Rundweg zu einem parkähnlichen Bereich mit hohen Bäumen. Daneben stand das herrschaftliche Haus der Kurie. Die wärmenden Strahlen der Sonne fielen durch das junge Grün eines riesigen Baumes.
    Als habe er Waldes Gedanken gelesen, sagte Hoffmann: »Eine Weymouthkiefer. Die Bäume hier sind teilweise über zweihundert Jahre alt. Und das da sind Teile aus der Balustrade des Greiffenklauturms und Vasen aus dem barocken Domgiebel.« Er deutete auf die von Efeu überwucherten alten Steinmetzarbeiten. »Die hohe Mauer dahinter ist die Helenenmauer. Sie ist über tausend Jahre alt und schützte die Domherren.«
    »Ich wusste gar nicht …«
    »… die Zugezogenen wissen meist mehr über die Stadtgeschichte als die gebürtigen Trierer.«
    »Ich wusste gar nicht«, setzte Walde von neuem an, »dass Sie sich auch in der Botanik auskennen.«
    »Ich weiß, was Sie denken. So einer, der immer in Kellern unter künstlichem Licht arbeitet, sitzt auch abends und am Wochenende mit heruntergelassenen Rollläden in seiner Bude.«
    *
    Im Treppenhaus des Präsidiums schwirrte es wie in einem Bienenkorb. An den Wänden der Flure waren zusätzliche Stühle aufgestellt worden, um den dort wartenden Männern Platz zu bieten. Mit ihren Overalls und Latzhosen schienen sie direkt von der Arbeit hierher gekommen zu sein.
    Monika saß mit leicht geröteten Wangen am Rechner und ließ die Finger über die Tasten fliegen. Die Tür zum Nebenraum stand offen. Dort füllte eine biblische Darstellung aus dem Codex den Monitor von Gabis Rechner, den Rob bediente. Gabi, eine Hand auf der Schulter ihres Kollegen, beobachtete, was vor sich ging. Am Tisch saß Harry, über ein Dokument gebeugt.
    »Was ist da draußen los?«, fragte Walde von der Tür her.
    »Alle Bauarbeiter, die mit der Renovierung am Dom zu tun haben, werden vernommen«, antwortete Monika, ohne von ihrem Rechner aufzublicken.
    »Und?«
    »Außer dass wir jede Menge Dolmetscher auftreiben mussten, ist noch nichts dabei herausgekommen.«
    »Ist die Fotografin schon da?«, fragte Walde.
    »Ich hab von ihrem Mann die Auskunft, dass sie sich zu Hause hinlegen musste«, antwortete Gabi.
    »Wie geht’s dem Domkapitular?«
    »Liegt noch im Krankenhaus. Schwächeanfall, Blutstauungen in den Beinen, nach Auskunft der Ärzte braucht er Ruhe.« Monikas Telefon klingelte. Sie hörte kurz zu und sagte dann: »Dazu finden Sie aktuelle Infos unter www.polizeipraesidium-trier.de oder kommen Sie zur Pressekonferenz um …«, Monika stockte, »… ach so, Sie rufen aus Hamburg … ja, Fotos finden Sie auch.«
    Beim näher kommen erwies sich
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