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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel
Autoren: Mischa Martini
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einen großen Happen vom Baguette abgebissen, als sein Handy erneut klingelte.
    »Die Fotografin ist hier«, teilte Monika mit.
    Walde wollte mit dem dampfenden Tee nachspülen und verbrannte sich die Lippe.
    »Um die muss sich ein anderer Kollege kümmern.« Er kaute hastig. »Ich bin noch nicht fertig.«
    »Das hört man.« Monika legte auf.
    Uli kam herüber und reichte ihm ein Blatt. Walde las die fette Headline:
     
    MORD, RAUB UND GEISELNAHME
    Größter Kunstraub dieses Jahrhunderts
     
    Uli blieb abwartend stehen. Walde überflog den Text, in dem detailliert geschildert wurde, was sich in der Nacht im Dom zugetragen hatte. Vom Tod des Gärtners in der Kurie des Domkapitulars wurde ebenfalls berichtet. Walde las:
     
    Domkapitular Prof. Dr. Alfons Adams hat vor Jahren als Entdecker des Grabes von Friedrich Spee, dem Kämpfer gegen den Hexenwahn, für überregionales Aufsehen gesorgt. Adams’ Hund, der auf den bezeichnenden Namen Hexe gerufen wurde, ist in der letzten Woche im selben Garten vergiftet worden, in dem nun ein Gärtner unter mysteriösen Umständen ums Leben kam … Im Trierer Dom ist die Hölle los …
     
    Walde schmunzelte und las weiter.
     
    … Mit dem Egbert-Codex ist eine kostbare Handschrift aus einer internationales Aufsehen erregenden Ausstellung in der Domschatzkammer verschwunden – noch bevor diese eröffnet werden konnte. Die 60 kunstvoll gefertigten Bilder wurden vor mehr als tausend Jahren von Mönchen handgemalt und gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ihr Wert ist mit 55 Millionen Euro versichert. Was – wie aus Expertenkreisen zu hören war – letztlich nicht das deckt, was ein Verkauf erbringen könnte. Mit den Meisterwerken der Buchmalerei sind zwei weitere unschätzbar wertvolle und unersetzliche Exponate aus der Domschatzkammer geraubt worden: Der Andreas Tragaltar und der heilige Nagel vom Kreuze Christi, den, der Überlieferung nach, Helena, die Mutter Kaiser Konstantins, zusammen mit dem Heiligen Rock und anderen Reliquien nach Trier brachte …
     
    Waldes Telefon klingelte.
    »Ich muss hier weg!«, brüllte Gabi gegen eine Geräuschkulisse von grölenden Kindern in Schulklassenstärke an. »Jugendherbergen habe ich noch nie …«
    »Was ist das für ein Krach?«, fragte Walde.
    »Ruhe jetzt, verdammt noch mal, sonst …«, Walde musste den Hörer vom Ohr nehmen, »… werd ich böse«, vervollständigte Gabi den Satz. Um sie herum war es auf einmal mucksmäuschenstill.
    »Was ist passiert?«
    »Ich hab die Kids in meine Handtasche sehen lassen.«
    Im Präsidium rankten sich Legenden um den Inhalt von Gabis Handtasche. Was genau sich darin befand, wusste niemand zu sagen. Die Spekulationen reichten von einer Sammlung alter Hufeisen bis zu einer 38er Magnum.
    »… von den Typen wohnen im Kaiser Konstantin in der Rindertanzstraße.«
    »Wer?«
    »Vier Restauratoren oder Maler wohnen dort.«
    »Das guck ich mir gleich mal selbst an«, sagte Walde.
    »Überstürze nichts, trink deinen Wein in Ruhe aus und sag Uli einen schönen Gruß.«
    »Ich hab …« Walde hielt inne. Gabi hatte aufgelegt.
    Uli räumte den leeren Teller von Waldes Tisch. »Nachdem ich das Rauchverbot aufgehoben habe, überlege ich, das Telefonieren zu verbieten.«
    »Ich wusste schon immer, dass du der geborene Gastronom bist … und ein lausiger Journalist.« Walde tippte auf das Blatt vor sich. »Das ist Bildzeitungsniveau von Mitte der achtziger Jahre. Größter Kunstraub dieses Jahrhunderts.«
    »Zugegeben, das Jahrhundert ist noch jung …«
    »Und wie kommst du auf die Geschichte mit dem Hund? Musst du jetzt auch schon die Zielgruppe derer bedienen, denen ein Menschenleben wenig bedeutet, die aber sofort in Tränen ausbrechen, wenn einem Tier Unrecht geschieht?«
    »Quatsch, das mit der Hexe, das stimmt.«
    »Der Adams kann wie jeder Jesuit ein ganz harter Hund sein …« Walde zuckte zusammen, als er Gabi draußen vor dem Fenster stehen sah.
    »Quid pro quo?«, fragte Uli.
    »Quo was?«
    »Quid pro quo? Ich denke, du hast das große Latinum?«, regte sich Uli auf.
    »Sorry.« Walde sah Gabi nach, die sich mit nach oben gestrecktem Mittelfinger in Richtung Simeonstraße entfernte. »Wie meinst du das?«
    »Wir hatten vereinbart, dass unsere Freundschaft grundsätzlich hinter Informationen zu deinen aktuellen Fällen zurücksteht.«
    Walde nickte.
    »Es sei denn …«, Uli brach ab.
    »Ja?«
    »… ich habe Informationen, die nicht auf Monikas Internetseite für die Presse stehen.«
    »Jeder
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