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Mythor - 034 - Drachenflug

Mythor - 034 - Drachenflug

Titel: Mythor - 034 - Drachenflug
Autoren: Werner K. Giesa
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W. K. Giesa
    Drachenflug
    Sie kamen aus jener Richtung, in der die Straße des Bösen zu finden war. Nur langsam wichen die Nebelschleier des frühen Morgens, aus denen die Reiter, die die eigenartige Kolonne bildeten, wie Geister hervorkamen. Hufschlag klang auf, und aus der Luft kamen klagende Schreie eines Vogels. Der Schneefalke zog mit langsamen, traurigen Flügelschlägen seine Kreise.
    Ein Schimmelreiter in goldenem Burnus und mit verhülltem Gesicht führte den Trupp an, der sich langsam voran bewegte und dem Osten zustrebte. Der Stumme Große wandte sich nicht um. Starr sah er geradeaus in die Ferne. Zehn seiner Männer folgten ihm, dazu ein knabenhaft schlankes Mädchen mit langem rotbraunem Haar. Auf ihren Pferden schlossen sie einen Kreis um ein schwarzes Einhorn mit einem prunkvollen Sattel auf seinem Rücken. Doch er war leer. Für jenen, der sonst darauf zu reiten pflegte, hatten sie eine Trage gebaut, deren Längsstangen am Kopfende an den Steigbügeln befestigt waren und mit den Fußenden über den Boden scharrten.
    Mythor lag wie tot darauf. Blass war sein Gesicht, kein Muskel regte sich, kein Zucken war zu sehen, wenn die Stangen über eine Bodenunebenheit glitten. Neben ihm trottete mit gesenktem Kopf der Bitterwolf, und immer wieder kam der Schneefalke herab und gab einen seltsamen Schrei von sich. Es sah aus, als gäben die Tiere aus dem verwunschenen Tal ihrem Freund das letzte Geleit.
    Ein Trupp von zwanzig Schurketen hatte sich dem seltsamen Zug angeschlossen; ihr Ziel war dasselbe, dem auch der Stumme Große entgegenstrebte.
    Die eigenartige Gefolgschaft zog vorüber, verschwand in den sich langsam auflösenden Morgennebeln. Der Hufschlag verhallte.
    Keiner der Reiter hatte den Mann in der nebelgrauen Kleidung gesehen, der sich jetzt hastig zurückzog, zu seinem Pferd eilte und sich in den Sattel schwang. Er trieb das Pferd an, als sei ein Dämon hinter ihm her.
    *
    Weit vor ihnen erhob sich Yarman-Rash, die Speicherburg der Schurketen, auf einem so gut wie unzugänglichen und deshalb uneinnehmbaren Tafelberg. Nur über einen schmalen Eselspfad, der sich an den Felsen emporwand, war die Burg zu erreichen, in der die Schurketen ihr Winterquartier eingerichtet hatten.
    Vierfaust, der Stumme Große, hatte beschlossen, Mythor dorthin zu bringen. Vielleicht gab es eine Möglichkeit, ihm noch zu helfen, vielleicht wusste der Weiße Große, wie man den Schatten besiegen konnte, der am Meteorstein in Mythor gefahren war und seither in ihm fraß. Vierfaust wusste nichts von dem, was wirklich geschehen war, doch manches konnte er sich denken.
    Hinter ihm erklangen Stimmen. Einige der Schurketen wollten wissen, was es mit dem reglosen Mann auf sich hatte, und Mistra, die junge Frau, gab Auskunft. Vierfaust war froh darüber, die zwanzig schurketischen Viehhirten in seiner Nähe zu wissen; das Land war unruhig und die Gefahr überall. Die Schurketen waren gut bewaffnet und verstanden zu kämpfen; oft genug mussten sie sich der Überfälle der Berker erwehren.
    Unter dem Tuch, das sein Gesicht bis auf die Augen verhüllte, verzog Vierfaust seine Miene zu der Andeutung eines bitteren Lächelns. Berker und Schurketen… eine alte Feindschaft herrschte zwischen beiden Stämmen. Vor einer Generation waren die Herden der Berker von einer unbekannten Krankheit dahingerafft worden. Dieser Schicksalsschlag hatte ihnen die Grundlagen ihres Lebens genommen. Doch die Berker hatten sich zu helfen gewusst. Sie raubten eine große Herde von Grammen von den Schurketen. Und obwohl viele der schurketischen Hirten ihre Tiere wiedererkannten, leugneten die Berker stets, und das Leugnen fiel ihnen leicht, mit der Hand am Schwert oder am gespannten Bogen. Auch hieß es, dass sie sich mit den Mächten der Finsternis verbunden hätten, und manch einer wusste zu erzählen, dass bei ihren Ritualen nicht nur Gramme auf den Altären der Dämonengötzen geopfert wurden.
    Doch jene seltsame, unbesiegbare Krankheit, die ihre eigenen Herden ausgerottet hatte, war nicht der letzte Schicksalsschlag gewesen, der die Berker getroffen hatte. Siebzehn Sommer mochte es jetzt her sein, als eine neue Plage auftrat.
    Churkuuhl, die wandernde Stadt auf dem Rücken der unbeirrbar voranmarschierenden Yarls, zog durch ihr Land, und die Yarls ließen nur unfruchtbare Erde zurück. Nichts blieb den Berkern als öder Boden, der ihren Tieren keine Nahrung mehr bot. Armut kam über den Stamm, und der Stamm von Habenichtsen wurde endgültig zu einem
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