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Club der gebrochenen Herzen

Club der gebrochenen Herzen

Titel: Club der gebrochenen Herzen
Autoren: Deborah Moggach
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Freundin ist gerade gestorben.«
    »Tun die das nicht alle?«
    »Jetzt mal langsam. Ich bin erst siebzig. Wir sind die neuen Vierzigjährigen.«
    Hinter ihnen hupte ein Bus. Leute, die einsteigen wollten, schoben sich vorbei und starrten ins Auto. Nyange fuhr davon, bog um die Ecke und parkte in zweiter Reihe hinter einem Tesco-Lieferwagen – Beim Shoppen kann uns keiner toppen!
    »Eine deiner alten Schauspielerinnen?«
    »Eine Vermieterin für Bühnenleute«, sagte Buffy. »In den glorreichen Zeiten des Repertoiretheaters habe ich bei ihr gewohnt. Sie ist vor einigen Jahren nach Wales gezogen und hat eine Frühstückspension aufgemacht.«
    So ausgedrückt, klang alles recht trocken. Aber warum sollte es Nyange auch interessieren? Er fühlte sich plötzlich einsam in dem total vollgestopften Auto, in einer Welt ohne Bridie. Nie mehr Post von ihr im Briefkasten. Niemand mehr, der Bescheid wusste, über wen er redete, außer einigen abgeschlafften Schauspielern, die vielleicht zu ihrem Begräbnis herangewankt kamen.
    »Sie war meine älteste Freundin«, sagte er, und plötzlich – endlich – schossen ihm die Tränen in die Augen. »Durch dick und dünn.« Er schaute auf das Tablett hinunter mit dem verschütteten Tee.
    »Armer Dad.« Sie streichelte seine Hand. »Du musst am Boden zerstört sein. Ach, scheiß drauf.«
    Der Tesco-Lieferwagen fuhr los und gab einen weiteren Mitarbeiter vom Ordnungsamt frei. Er hatte gerade ihr Nummernschild im Visier.
    Nyange lehnte sich aus dem Fenster. »Hau ab!«, schrie sie. »Der Mann hier ist ein Krüppel. Er hat gerade einen Anfall!«
    Der Mensch vom Ordnungsamt ignorierte sie und zückte sein Notizbuch. Nyange schnaubte und ließ den Motor an. Sie fuhr die Straße entlang, beschleunigte bei Gelb und bog rechts in die Edgware Road. Es war Hauptverkehrszeit. Sie hielt auf einer roten Linie.
    »Es ist hoffnungslos. Ich lasse dich besser hier raus.« Sie stellte den Teller mit den Keksen aufs Tablett. »Ich bin nur gekommen, um dir zu sagen, dass ich meine Prüfung bestanden habe. Ich bin jetzt voll qualifizierte Buchhalterin.«
    Buffy, der mit seinem Tablett eingeklemmt dasaß, konnte sie nicht umarmen. Ungeschickt machte er eine Drehung und erwischte sich dabei, wie er ihren spröden Haarhelm küsste. Moschusgeruch, der proustsche Duft der Sechziger. »Genial das Mädchen … die Frau.«
    Nyange passte schon optisch zu der neuen Rolle. Verschwunden waren die Cornrows und die Leggings; sie trug einenschwarzen Hosenanzug und was man Pumps nannte. Buffy schaute sie ehrfürchtig an. Noch überraschender, als eine schwarze Tochter in die Welt gesetzt zu haben, war es, eine Buchhalterin in die Welt gesetzt zu haben. Jede andere ihm bekannte Frau war, wenn sie ihren Beruf gewechselt hatte, Therapeutin für irgendwas geworden. Weiß der Kuckuck, wer zu ihnen ging, wo sie doch alle selbst Therapeuten waren.
    »Wie nützlich, eine Buchhalterin in der Familie zu haben«, sagte er und ahnte nicht, wie Recht er damit haben sollte.
 
    Es war kein Toby-Krug. Und auch nicht die gerahmte Reproduktion von Hochlandrinder im Schnee , die neben dem Fernsprecher hing und für die Buffy eine Schwäche gehabt hatte. Nein, Bridie hatte ihm ihr Haus vererbt: ihre Frühstückspension in Wales.
    Er war noch benommen vom Schock. Da er sich nicht beruhigen konnte, wanderte er in der Wohnung herum, nahm irgendwelche Dinge in die Hand und legte sie wieder weg. Er verkramte sein Portemonnaie und entdeckte es im Kühlschrank. Nachts träumte er davon, wie er sich splitternackt durch den Regen zurück nach Blomfield Mansions kämpfte, nur um es abgerissen vorzufinden, ersetzt durch die Grabstätte ›Garten der Erinnerung‹. Er wachte auf, schweißgebadet, mit pochendem Herzen.
    Er war Bridie dankbar, aus ganzem Herzen dankbar. Dass sie einander ein Leben lang verbunden waren, hatte sie mit ihrem Testament über den Tod hinaus besiegelt, und das berührte ihn tief. Es schmerzte ihn körperlich, dass er sie nicht mehr voller Dank umarmen konnte.
    »Warum nicht du, du alter Mistkerl?«, würde sie kichern.»Würde ja zu gerne sein Gesicht sehen, wenn er das liest.« Er war ihr Bruder und somit der naheliegende Erbe. Er lebte irgendwo in Irland, ein treuer Katholik, der den turbulenten Lebensstil seiner Schwester immer missbilligt hatte. Aber ihr Bruder brauchte das Geld nicht, denn er hatte während des Immobilienbooms spekuliert und die Grafschaft Limerick mit abscheulichen Countryhäusern überzogen,
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