Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
Vom Netzwerk:

ausstehen.«
Ethel war in schallendes Lachen ausgebrochen. »Dann warten
Sie mal, bis Sie lesen, was ich über ihn geschrieben habe. Ich
hab ihn fertiggemacht. Aber dieses Kostüm will ich haben. Seine Sachen stehen mir einfach gut.«
    Während Neeve jetzt dabei war, alle Kleidungsstücke sorgfältig
in feste, schützende Hüllen zu stecken, merkte sie, wie sie beim
Anblick des Steuber-Kostüms unwillkürlich den Mund verzog.
Vor sechs Wochen war die kleine Tageshilfe im Geschäft zu ihr
gekommen und hatte sie gebeten, mit einer Freundin, die in
Schwierigkeiten war, zu sprechen. Die Freundin, eine Mexikanerin, hatte Neeve von einem illegalen Nähatelier erzählt, das
Steuber gehörte und in dem sie arbeitete.
    »Wir haben alle keine Arbeitserlaubnis. Er droht, daß er uns
anzeigen will. Letzte Woche war ich krank. Da hat er mich und
meine Tochter rausgeschmissen, und er will uns nicht einmal
das bezahlen, was er uns schuldig ist.«
    Die junge Frau konnte nicht älter als Ende zwanzig sein. »Ihre
Tochter?« hatte Neeve ausgerufen. »Wie alt ist die?«
»Vierzehn.«
Neeve hatte daraufhin ihre Bestellung bei Steuber rückgängig
gemacht und ihm eine Abschrift des Gedichts der berühmten
englischen Dichterin Elizabeth Barrett Browning geschickt, das
im vorigen Jahrhundert dazu beigetragen hatte, die Gesetze über
Kinderarbeit zu ändern.
Irgend jemand in Steubers Büro hatte Women’s Wear Daily eine Kopie davon zugespielt. Die Redaktion druckte das Gedicht
zusammen mit Neeves anklagendem Brief auf der Titelseite der
Zeitung ab und forderte andere Modehäuser auf, Konfektionäre
zu boykottieren, die das Gesetz brachen.
Anthony della Salva hatte sich sehr aufgeregt. »Neeve, es
heißt, daß Steuber noch ganz andere Sachen zu verbergen hat als
die Ausbeutung armer Einwanderer. Dank dessen, was du da
aufgerührt hast, nehmen die Behörden jetzt seine Steuererklärung näher unter die Lupe.«
»Großartig!« hatte Neeve erwidert. »Wenn er da auch betrügt,
dann werden sie ihn hoffentlich packen.«
    Nun gut, entschied sie, während sie das Steuber-Ensemble auf
dem Kleiderbügel glattstrich, das wird das letzte Stück von ihm
sein, das meinen Laden verläßt. Sie war plötzlich sehr gespannt
auf Ethels Artikel. Sie wußte, daß er in Kürze in Contemporary
Woman erscheinen sollte, der Zeitschrift, für die Ethel regelmäßig schrieb.
    Zum Schluß stellte Neeve noch die Liste für Ethel zusammen:
»Blauseidenes Abendkostüm, dazu weiße Seidenbluse, Schmuck
in Schachtel A. – Rosa und graues Ensemble, graue Pumps, passende Handtasche, Schmuck in Schachtel B. – Schwarzes Cocktailkleid…« Insgesamt waren es acht Sachen. Mit allem Zubehör
kamen sie auf beinahe siebentausend Dollar. Ethel gab diesen
Betrag drei- bis viermal pro Jahr aus. Sie hatte Neeve anvertraut,
daß sie bei ihrer Scheidung vor zweiundzwanzig Jahren eine
große Abfindung erhalten und diese sehr geschickt angelegt
hatte. »Außerdem kriege ich auf Lebenszeit noch einen Tausender pro Monat an Alimenten«, fügte sie lachend hinzu. »Damals,
als wir uns trennten, ging es ihm glänzend. Er teilte seinem Anwalt mit, daß es ihm jeden Cent wert sei, mich loszuwerden. Vor
Gericht sagte er, falls ich je wieder heiraten würde, müßte der
Mensch stocktaub sein. Ohne diese Bemerkung hätte ich ihm
vielleicht eine Chance gegeben. Er ist wieder verheiratet und hat
drei Kinder, und seit die Columbus Avenue vornehm geworden
ist, läuft seine Bar schlecht. Jetzt ruft er mich von Zeit zu Zeit an
und bettelt darum, daß ich ihn von der Angel lasse. Aber meine
Antwort ist, daß ich noch keinen gefunden habe, der stocktaub
ist.«
    In diesem Augenblick war Neeve nahe daran gewesen, Abneigung gegen Ethel zu empfinden, doch dann hatte diese wehmütig hinzugefügt: »Ich habe mir immer eine Familie gewünscht. Ich war siebenunddreißig, als wir uns trennten. In den
fünf Jahren unserer Ehe wollte er mir kein Kind machen.«
    Neeve hatte daraufhin begonnen, Ethels Artikel regelmäßig zu
lesen, und sehr rasch erkannt, daß Ethel zwar eine schwatzhafte
und scheinbar wirrköpfige Frau war, daß sie aber ausgezeichnet
schreiben konnte. Welches Thema sie auch anpackte, immer
zeigte es sich, daß sie die Hintergründe ausführlich recherchiert
hatte.
    Mit Hilfe einer Verkäuferin verschloß Neeve die Kleidersäcke
am unteren Ende mit Heftklammern. Schmuckstücke und Schuhe wurden einzeln verpackt und dann in die creme- und rosafarbenen Schachteln
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher