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Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
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eröffnet.
    Damals wurde ihm klar, daß es für einen guten Rechtsanwalt
leicht ist, einen Freispruch für einen schuldigen Angeklagten zu
erwirken. Ihm gefiel das ganz und gar nicht. So hatte er zugegriffen, als sich ihm die Chance bot, Staatsanwalt zu werden.
    Das war 1958. Er war damals siebenunddreißig. Im Laufe der
Jahre war er mit vielen Mädchen gegangen und hatte zugesehen,
wie sie sich eine nach der anderen verheirateten. Und immer,
wenn er selber nahe daran war, hatte eine Stimme ihm zugeflüstert: »Es gibt etwas Besseres. Warte noch ab.«
    Der Gedanke, nach Italien zurückzukehren, kam ihm erst allmählich. »Im Kugelregen durch Europa zu fahren, ist nicht dasselbe, als wenn du eine geführte Rundreise machst«, sagte seine
Mutter, als er bei einem Abendessen zu Hause seine noch vagen
Pläne erwähnte. Und dann hatte sie ihm vorgeschlagen: »Wie
wär’s, wenn du die Familie besuchen würdest, die dich in Pontici versteckt hat? Ich wette, du warst damals gar nicht in der Lage, ihnen richtig zu danken.«
    Er segnete seine Mutter noch immer für diesen Rat. Denn als
er in Pontici an die Tür klopfte, hatte Renata ihm geöffnet. Sie
war jetzt dreiundzwanzig Jahre alt, nicht mehr zehn. Eine große,
schlanke Renata, die er kaum noch um einen Kopf überragte.
Renata, die zu seinem ungläubigen Erstaunen sagte: »Ich weiß,
wer Sie sind. Ich habe Sie damals zu uns nach Hause gebracht.«
    »Wieso haben Sie mich erkannt?« fragte er.
»Mein Vater hat ein Bild von Ihnen und mir geknipst, ehe Sie
weggeholt wurden. Ich habe es immer auf meiner Kommode
stehen gehabt.«
Drei Wochen später wurden sie getraut. Die nächsten elf Jahre
sollten die glücklichsten seines Lebens werden.
    Myles ging zum Fenster hinüber und blickte hinaus. Dem Kalender nach war der Frühling schon seit einer Woche da, nur
hatte niemand sich die Mühe gemacht, Mutter Natur davon in
Kenntnis zu setzen. Er versuchte, die Erinnerung daran zu verdrängen, wie gerne Renata im Schnee spazierengegangen war.
    Er spülte die Kaffeetasse und den Teller ab und stellte beides
in den Geschirrspüler. Was würden Leute, die diät leben mußten, wohl zum Lunch essen, dachte er, wenn auf einmal alle
Thunfische der Welt verschwänden? Vielleicht kämen sie wieder auf die bewährten, dicken Hamburger zurück. Die Vorstellung ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Und das
erinnerte ihn daran, daß er ja die Spaghettisauce aus dem Tiefkühler nehmen sollte.
    Um sechs Uhr begann er mit den Vorbereitungen fürs Abendessen. Aus dem Kühlschrank holte er die nötigen Zutaten für
einen Salat, zupfte geschickt die Blätter des Kopfsalats auseinander, hackte Zwiebeln, schnitt grüne Peperoni in rasierklingendünne Streifen. Unwillkürlich mußte er lächeln, als ihm einfiel,
daß er in seiner Jugend immer gedacht hatte, ein Salat bestünde
aus Tomaten und Kopfsalat mit einem Klacks Mayonnaise. Seine Mutter war eine wunderbare Frau, aber zur Köchin war sie
eindeutig nicht berufen gewesen.
    Erst Renata hatte ihn mit den feineren Gaumenfreuden bekannt gemacht, den verschiedenen Teigwaren, köstlichem Fisch,
würzigen Salaten mit einem Hauch von Knoblauch. Neeve hatte
das kulinarische Talent ihrer Mutter geerbt, aber Myles mußte
zugeben, daß er selber im Laufe der Jahre gelernt hatte, einen
verdammt guten Salat zuzubereiten.
    Um zehn nach sieben fing er an, sich ernste Sorgen um Neeve
zu machen. Wahrscheinlich waren fast keine Taxis unterwegs.
Lieber Gott, laß sie an einem solchen Abend nur nicht durch den
Park gehen! Er versuchte, im Geschäft anzurufen, aber niemand
meldete sich. Als sie sich endlich, mit den Kleidersäcken über
dem Arm und die verschiedenen Schachteln balancierend, zur
Tür hereinzwängte, war er drauf und dran gewesen, im Polizeihauptquartier anzurufen, damit sie den Park nach ihr absuchten.
Er preßte die Lippen aufeinander, um nichts davon verlauten zu
lassen.
    Statt dessen nahm er ihr die Schachteln ab und brachte eine
erstaunte Miene zustande. »Ist etwa schon wieder Weihnachten?« fragte er. »Von Neeve für Neeve mit vielen guten Wünschen. Hast du den Verdienst des heutigen Tages für dich selber
ausgegeben?«
    »Laß deine Scherze, Myles«, sagte Neeve gereizt. »Ich sage
dir eins: Ethel Lambston mag eine gute Kundin sein, aber sie ist
auch eine ziemliche Landplage.« Während sie die Schachteln
auf dem Sofa absetzte, berichtete sie flüchtig von ihrem vergeblichen Versuch, die Kleider bei Ethel
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