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Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
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hier?« fragte der Taxifahrer, als sie ihn bezahlte.
»Sieht ganz schön teuer aus.«
Neeve nickte nur flüchtig und dachte: Das Geschäft gehört
mir sogar, mein Freund. Jedesmal, wenn ihr diese Tatsache zum
Bewußtsein kam, war sie freudig überrascht. Vor sechs Jahren
hatte der Laden, der sich vorher hier befand, Pleite gemacht, und
ein alter Freund ihres Vaters, der berühmte Modeschöpfer Anthony della Salva, hatte sie dazu gedrängt, das Geschäft zu
übernehmen. »Du bist jung«, hatte er gesagt und dabei den starken italienischen Akzent, der heute zu seinem Image gehörte,
völlig vergessen. »Das ist ein Vorteil. Du hast seit deinem ersten
Freizeitjob immer in der Modebranche gearbeitet und kennst
dich aus. Aber vor allem hast du das Geschick, den sicheren
Instinkt dafür. Ich leihe dir das Geld, damit du anfangen kannst.
Wenn es nicht klappt, kann ich die Summe von der Steuer abschreiben; aber es wird klappen. Du besitzt den nötigen Elan,
um dich durchzusetzen. Im übrigen brauche ich ein weiteres
Geschäft, das meine Kleider verkauft.« Das war zwar, wie sie
beide wußten, das letzte, was er brauchte, aber sie war ihm
dankbar.
Ihr Vater war strikt dagegen gewesen, daß sie sich von Sal
Geld borgte. Aber sie hatte die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Außer ihrem Haar und den Augen hatte sie von ihrer
Mutter auch die große Begabung für Mode geerbt. Im vergangenen Jahr hatte sie Sal die Anleihe zurückgezahlt und darauf bestanden, daß auch die allgemein üblichen Zinsen dazugeschlagen wurden.
Sie war nicht überrascht, Betty schon an der Arbeit im Nähatelier vorzufinden, mit gesenktem Kopf und dem schon zu
Dauerfalten zwischen den Augenbrauen gewordenen konzentrierten Stirnrunzeln. Bettys schlanke, faltige Hände führten Nadel und Faden mit der Geschicklichkeit eines Chirurgen. Sie war
dabei, eine kunstvoll mit Perlen besetzte Bluse zu säumen. Ihr
auffallend kupferrot gefärbtes Haar ließ die papierdünne Haut
ihres Gesichts nur um so durchsichtiger erscheinen. Neeve wollte nicht wahrhaben, daß Betty schon über siebzig war; sie mochte sich den Tag gar nicht vorstellen, an dem Betty beschloß, mit
der Arbeit aufzuhören.
»Ich dachte mir, ich würde besser ein bißchen vorwärtsmachen«, verkündete Betty. »Wir haben heute einen Haufen Sachen zu liefern.«
Neeve zog die Handschuhe aus und wickelte sich aus ihrem
Schal. »Das ist mir nichts Neues. Ethel Lambston will ja unbedingt bis heute nachmittag alles haben.«
»Ich weiß. Ich hab mir ihr Zeug schon zurechtgelegt und gehe
dran, sobald ich mit dem hier fertig bin. Ich lege keinen Wert
darauf, mir Ethels Gejammer anzuhören, wenn nicht jeder Fetzen, den sie gekauft hat, parat ist.«
»Schön wär’s, wenn alle so gute Kundinnen wären«, bemerkte Neeve versöhnlich.
Betty nickte. »Das glaub ich gern. Ach, ich bin übrigens froh,
daß Sie Mrs. Yates zu diesem Ensemble überredet haben. In
dem andern, das sie anprobierte, sah sie aus wie eine weidende
Kuh.«
»Und es war fünfzehnhundert Dollar teurer, aber ich durfte ihr
das nicht verkaufen. Früher oder später hätte sie sich doch einmal richtig im Spiegel betrachtet. Das enge Pailletten-Top genügt. Sie braucht einen weich fallenden, weiten Rock dazu.«
Eine erstaunlich große Zahl von Kundinnen hatte dem Schnee
und der Glätte auf den Gehsteigen getrotzt, um in die Boutique
zu kommen. Da zwei ihrer Verkäuferinnen ausgeblieben waren,
verbrachte Neeve den Tag im Verkaufssalon. Es war dies der
Teil ihrer Tätigkeit, den sie am meisten genoß, doch im vergangenen Jahr hatte sie sich darauf beschränken müssen, nur noch
ein paar wichtige Kundinnen selbst zu bedienen.
Am Mittag ging sie in ihr Büro im hinteren Teil des Geschäfts, um ein Sandwich zu essen, einen Kaffee zu trinken und
zu Hause anzurufen.
Myles war wieder der alte. »Ich hätte vierzehntausend Dollar
und einen Kombiwagen beim ›Glücksrad‹ gewonnen«, verkündete er. »Ich habe eine solche Gewinnsträhne gehabt, daß ich
auch noch den Gipsdalmatiner für sechshundert Dollar hätte
nehmen müssen, den sie die Frechheit haben, als Preis auszusetzen!«
»Nanu, das klingt wirklich, als ob’s dir besserginge«, bemerkte Neeve.
»Ich hab die Jungs in der Stadt angerufen. Sie haben gute
Leute, die Sepetti im Auge behalten. Sie sagten, daß er ziemlich
krank ist und nicht mehr viel Kampfgeist hat.« Aus Myles’
Stimme war Befriedigung herauszuhören.
»Außerdem haben sie dich wohl daran erinnert,
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