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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa
Autoren: Jude Deveraux
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sie kein Bares mehr, wurden sie von ihrem Land verdrängt und mußten im Land herumwandern und um ihr Brot betteln.
    Clarissa wollte gerade den Mund öffnen, um diesem ungehobelten jungen Mann zu sagen, was sie von ihm dachte, als er sie schon packte, seinen übelriechenden Mund auf ihren preßte und seine Zunge durch ihr Lippen schob, daß sie einen Brechreiz bekam.
    »Luder! « fauchte er, als sie ihre unteren und oberen Schneidezähne in seine Zunge schlug, »ich werde dich lehren, wer dein Meister ist! « Mit einem Ruck fetzte er ihren Umhang von den Schultern, griff mit beiden Händen schon zum Halssaum ihres Kleides und riß mühelos den Stoff bis zu ihren Brüsten hinunter entzwei.
    »Sollen wir den Fisch wieder in den Bach zurückwerfen, weil er so klein ist? « rief er spöttisch über die Schulter seinen beiden Freunden zu, die sich gerade anschickten, aus dem Sattel zu steigen.
    Diese anzügliche Bemerkung, Clarissas mangelhafte physische Ausstattung oberhalb der Gürtellinie betreffend, verwandelte ihre Angst in Zorn. Sie mochte kraft Geburt vielleicht auf niedrigerer Gesellschaftsstufe stehen als dieser Mann, doch dank ihrem Talent hatte sie noch niemand so behandelt, als sei sie etwas Geringeres. Mit einer Bewegung, die keiner der drei erwartet hatte, zog Clarissa ihren Rock in die Höhe, hob ein Bein und trat den jungen Mann mit voller Wucht zwischen die Lenden. Im nächsten Moment brach die Hölle los. Pagnell wand sich vor Schmerzen, während seine beiden Begleiter verzweifelt versuchten, zu verstehen, was er sagte, da sie noch viel zu betrunken waren, den Vorgang vollständig zu begreifen.
    Ohne nachzudenken, wohin sie laufen sollte, rannte Clarissa los. Ihre jahrelangen Atemübungen hatten ihre Lungen in Hochform gebracht. Sie lief über die kalten, abgeernteten Felder, stolperte zweimal, da sie ihr zerrissenes Kleid zusammenzuhalten versuchte und zugleich den Rock anheben mußte, damit ihre Beine nicht behindert wurden.
    Am Zaun, dem verhaßten Schafpferch, war sie gezwungen anzuhalten und sank mit tränenüberströmtem Gesicht gegen einen Pfosten. Doch selbst durch ihre Tränenschleier vermochte sie die drei Burschen zu erkennen, die wieder im Sattel saßen und das Feld nach ihr abkämmten.
    »Hierher! « hörte sie eine Stimme von links, »komm hierher! «
    Als sie aufsah, bemerkte sie einen älteren Mann zu Pferde, der genauso feine und kostbare Kleider trug wie Pagnell. Mit dem gehetzten Blick eines gefangenen Tieres fing sie wieder an zu laufen, weg von diesem fremden Mann, der sie mit seinem Pferd verfolgte.
    Er holte sie mühelos ein, ritt neben ihr her und sagte: »Die Jungen hatten nichts Böses vor. Sie sind nur übermütig, weil sie in der vergangenen Nacht zu viel gezecht haben. Wenn du mit mir kommst, bringe ich dich zu einer Stelle, wo du dich verstecken kannst. «
    Clarissa wußte nicht, ob sie diesem Mann trauen durfte. Wenn er sie nun diesen betrunkenen, lüsternen Kerlen auslieferte?
    »Komm schon, Mädchen«, drängte der Mann. »Ich möchte nicht zusehen müssen, wie sie dir wehtun! «
    Ohne weiter nachzudenken, ergriff sie die dargebotene Hand. Er zog sie vor sich auf das Pferd und trieb das Pferd zum Galopp, während er auf die Bäume zuhielt, die in der Ferne auftauchten.
    »Des Königs Wald! « keuchte Clarissa erschrocken, während sie sich an das Sattelleder klammerte. Keiner aus dem gemeinen Stand durfte den Forst des Königs betreten, und sie hatte miterlebt, wie mehrere Männer gehängt wurden, weil sie sich dort ein Kaninchen besorgten.
    »Ich bezweifle, daß Henry in Ausnahmefällen einen Verstoß gegen sein Gebot ahndet«, sagte der Reiter.
    Sobald sie sich im Schutz der Bäume befanden, ließ er sie wieder zu Boden gleiten. »Nun geh und verstecke dich, bis die Sonne im Zenit steht. Warte den Augenblick ab, wo andere Leibeigene die Felder bevölkern, ehe du dich wieder in die Stadt zurückwagst. «
    Sie zuckte zusammen, daß er sie zu den Leibeigenen rechnete, nickte dann und rannte tiefer in den Wald hinein.
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis die Sonne ihren höchsten Punkt erreichte, und während sie im dunklen kalten Forst wartete, malte sie sich die schrecklichen Dinge aus, die ihr die Edelleute hätten zufügen können. Es mochte an ihren Lehrern liegen, die dem geistlichen Stande angehörten, daß sie die Gewalt der Edelleute über andere Leute und deren Umgang mit ihnen für ein Unrecht hielt. Sie hatte ein Recht auf Frieden und Glück, ein Recht darauf, unter
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