Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chroniken der Weltensucher - Die Frau aus den Wolken: eShort zur Reihe "Chroniken der Weltensucher"

Chroniken der Weltensucher - Die Frau aus den Wolken: eShort zur Reihe "Chroniken der Weltensucher"

Titel: Chroniken der Weltensucher - Die Frau aus den Wolken: eShort zur Reihe "Chroniken der Weltensucher"
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
Bolivien 1893 …
 
    D as Ding kam von Norden über die Berge gesegelt. Mal nach links taumelnd, dann wieder nach rechts, wirkte es wie ein Segelboot, das ziellos übers Meer trieb. Es war von gelblicher Farbe, auch wenn ein paar rote Tupfer darauf zu sehen waren. Von der Form her war es eher länglich, mit etwas darunter, das einer Gondel nicht unähnlich sah.
    Ein Ballon vielleicht?
    Sven Gustafsson schob den Hut in den Nacken und kniff die Augen zusammen. Schwer zu erkennen bei der Helligkeit. Diese verdammte Sonne. Wenn sie ihn nicht erblinden ließ, würde sie ihm irgendwann das Hirn rausbrennen.
    Jappo, der Mischlingsrüde, war ebenfalls auf das Objekt aufmerksam geworden. Sein Begleiter verfügte über ziemlich feine Antennen. Nicht nur was Nase und Ohren betraf, auch seine Augen waren um einiges besser als die von Sven. Wenn Jappo nervös war, hieß es wachsam sein.
    »Na, alter Knabe, was hältst du davon? Scheint genau auf uns zuzutreiben, oder?« Gustafsson spuckte zu Boden. Der Speichel hinterließ einen braunen Fleck auf den Steinen. Kautabak. Elende Angewohnheit, die noch aus der Zeit stammte, als er als Seemann um die Welt gefahren war. Andererseits hielt er einen wach, und das war wichtig hier draußen in der Einöde.
    Gustafsson war Goldsucher. Und er verfluchte sich noch heute dafür, dass er nicht wie alle anderen dem Goldrausch zum Klondike, in die Black Hills oder nach Colorado gefolgt war, sondern sich entschieden hatte, sein Glück in Südamerika zu versuchen. In den schmutzigen Hafenkneipen von San Francisco hatte er von Eldorado gehört, dem sagenhaften Goldland, dessen klangvoller Name schon so vielen Abenteurern das Leben gekostet hatte. Er war sofort dorthin aufgebrochen, aber bisher war seine Suche erfolglos gewesen. Das war jetzt annährend zehn Jahre her. Seither saß er hier fest, im Norden Boliviens, nahe der kleinen Stadt Apolo und wartete auf sein Glück. Das Geschäft war hart und einsam und die Versorgung mit Ausrüstung und Lebensmitteln schwierig. Immerhin: Hier, an der Ostflanke der mächtigen Andenkordilliere, war er auf ein entlegenes Tal gestoßen, in dessen Flussbett er vor einigen Tagen Gold gefunden hatte. Kein Schwefelkies, sondern echtes, pures Gold. Es musste von irgendwo oberhalb herabgespült worden sein und hatte seiner Hoffnung neues Leben eingehaucht. Wo das herkam, war bestimmt noch mehr zu finden. Eine Ader vielleicht oder gar eine Spur nach Eldorado? Er musste nur noch tiefer in das Gebirge vorstoßen. Aber allein? Für so eine Expedition hätte er einen Partner gebraucht und Gustafsson war viel zu misstrauisch, um irgendjemandem von seinem Fund zu erzählen.
    Blieben halt vorerst nur die kleinen Nuggets und der Goldsand, die er hier aus dem Bachbett herauswaschen konnte.
    Ein Vorteil hatte die Einsamkeit: Er musste sich nicht ständig um die Einhaltung der Claimgrenzen streiten. Hier draußen spuckte ihm niemand in die Suppe, hier war er sein eigener Herr. Nur er und Jappo und die unermesslich hohen Berge im Hintergrund.
    Das Objekt kam weiter auf ihn zugesegelt.
    Es schien von einem Abwind erfasst worden zu sein, denn es drehte sich im Kreis, während es gleichzeitig merklich an Höhe verlor. Gustafsson strich über seinen Bart.
    »Scheint wirklich ein Ballon zu sein, was meinst du, Jappo? Auch wenn ich nicht verstehe, wo der herkommen soll. In dieser Richtung liegt die Cordillera Central und dahinter Peru. Da gibt es nichts als Berge, über Hunderte von Kilometern hinweg. Fünftausender, Sechstausender. Eine einzige weiße Hölle. Kein Mensch kann da rüberfliegen. Und doch scheint dieses Ding genau dorther zu kommen. Lass mich mal vorbei, ich brauche mein Fernrohr.« Er ließ seine Pfanne liegen, stieg aus dem Bachbett und eilte in Gummistiefeln zum Lager. Unter ein paar Chinarindenbäumen standen ein einfaches Zelt, einige Kisten mit Proviant sowie ein Dreibein mit Kochtopf, unter dem er eine Feuerstelle angelegt hatte. Ein abgeflachter Fels und ein umgestürzter Baum dienten ihm als Tisch und Stuhl. Drüben, am anderen Ende der Lichtung, graste sein Maultier Störtebeker. Eigentlich hieß es anders, aber der bolivianische Name war so unaussprechbar, dass er es nach dem berühmten Seeräuber benannt hatte. Störtebeker war ein störrisches Tier und konnte einem ganz schön Ärger machen, wenn man es nicht pfleglich behandelte. Die meiste Zeit graste es irgendwo in der Nähe seines Lagers.
    Eilig stiefelte Gustafsson zu der Kiste mit den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher