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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Leistung zufrieden bin, werde ich dir eine Prämie zahlen. Aber nur, wenn du nicht dauernd wieder vom Geld anfängst. Wenn ich gewusst hätte, was ich mir mit dir einhandele, hätte ich einen anderen Träger genommen, da kannst du sicher sein.« Er blickte Temal streng an, der dann auch einigermaßen zerknirscht dreinblickte. Lilienkron nickte zufrieden, wobei er unterschlug, dass Temal der Einzige war, der ein halbwegs verständliches Malaiisch sprach, weshalb seine Argumentation eigentlich sinnlos war. Aber das musste er dem Kerl ja nicht auf die Nase binden.
    Temal zuckte mit den Schultern, fügte sich in sein Schicksal und hielt während der nächsten Stunde mit Lilienkron Schritt.
     

     
    Nach einer Weile wurde der Wald lichter und machte einer grasbewachsenen Ebene Platz, die mit unzähligen kleinen Büschen durchsetzt war. Jenseits davon stieg die Landschaft zu einem wilden, zerklüfteten Hochplateau an, unter Wissenschaftlern auch als Caldera bekannt. Dahinter erhob sich drohend der Bromo.
    Lilienkron lächelte. Die Flanken des Vulkans waren zum Greifen nah. Nur noch diese Ebene, dann konnten sie ihr Lager aufschlagen. In freudiger Erwartung schlug er den Weg durch das hüfthohe Gras ein.
    Er war noch keine hundert Meter weit gekommen, als er unvermittelt stehen blieb. Was er sah, ließ ihn vor Verwunderung nach Luft schnappen.
    Vor seinen Füßen öffnete sich ein enormer Graben. Wie mit dem Lineal gezogen erstreckte sich der Schnitt über Dutzende Kilometer sowohl nach links als auch nach rechts. Unmöglich zu erkennen, wie lang er tatsächlich war. Fest stand nur, es war viel zu weit, um ihn zu umrunden.
    Ein seltsames Gefühl stieg in Lilienkron empor, als er nach unten blickte. Er konnte nicht erkennen, wie tief die Spalte in das Innere der Erde führte, denn sie war mit einer Schicht dicken gelblichen Nebels gefüllt. Mehrere schmale Seitenrisse machten den Boden entlang der Kante instabil. Vorsichtig trat er einen Schritt zurück, setzte seinen Rucksack ab und nahm das Gewehr von der Schulter.
    »Seltsam«, murmelte er. »Ich kann mich nicht erinnern, diesen Graben in der Karte gesehen zu haben. Aber das haben wir gleich.« Er nahm den Plan aus dem Rucksack, faltete ihn auseinander und legte ihn flach auf den Boden. Dann wanderte er langsam mit dem Finger über das Papier. Temal trat neugierig dazu. Sein Gesicht war ernst.
    »Genau wie ich gedacht habe«, sagte Lilienkron. »Ist nicht drin. Also entweder hat Junghuhn hier geschlampt, oder der Graben ist neu. Wenn du mich fragst, ich tippe auf Letzteres.« Er blickte hinüber auf die andere Seite, wo der Bromo sein kahles Haupt erhob. Dunkle Wolken quollen aus seiner Spitze. Ein sicheres Zeichen dafür, dass er jederzeit ausbrechen konnte. Lilienkron glaubte sogar, den fauligen Geruch von Schwefel in der Nase zu spüren. »Gut möglich, dass die Erdspalte bei einem der vielen Beben der jüngeren Zeit entstanden ist«, sagte er. »Die frische rote Erde ist der Beweis, siehst du?«
    Temal schwieg.
    Die Erde von Java war in ständiger Bewegung, besonders nach dem verheerenden Ausbruch des Krakatau vor zwölf Jahren. Beinahe jede Woche wurde die Erde durchgeschüttelt. Für die Bevölkerung war der Zustand so normal, dass sie den geringfügigeren Beben schon keine Bedeutung mehr zumaß. Ein kleiner Rumpier am Morgen, das gehörte für sie schon genauso dazu wie der Aufgang der Sonne. Lilienkron hingegen hatte einige Zeit gebraucht, um sich daran zu gewöhnen. Mehr als einmal war er aus dem Schlaf gefahren, weil der Boden wackelte und die Häuserwände quietschten. Da neunzig Prozent aller Gebäude aus Bambus bestanden, war die Gefahr, erschlagen zu werden, relativ gering. Trotzdem war es natürlich eine unheimliche Erfahrung. Besonders während der Nacht.
    Die Wände des Grabens waren in einem fünfundvierzig Grad-Winkel nach unten geneigt. Das machte ein Hinabsteigen zwar schwierig, aber nicht unmöglich. Lilienkron blickte seinen Träger an.
    »Was meinst du, sollen wir es wagen?«
    Temal schüttelte den Kopf. Er hatte während der ganzen Zeit kein einziges Wort gesagt. Sein Mund, der sonst immer lächelte, war zu einem schmalen Strich verzogen. So kannte Lilienkron ihn gar nicht.
    »Was ist?«, fragte er. »Hat es dir die Sprache verschlagen?«
    »Besser umkehren, Tuan Lilienkron. Hier ist nicht geheuer.«
    »Was ist nicht geheuer?«
    »Temal kennt Orte wie diesen. Drüben bei uns ist auch so ein Graben. Ist verflucht. Nicht gut hier, besser
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