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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels
Autoren: Thomas Thiemeyer
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… hm.« Charlotte spielte an ihrer Brosche. Das tat sie immer, wenn sie ungeduldig war. Die anderen waren schon im Inneren des Kaufhauses verschwunden, nur Oskar fehlte noch.
    »Na gut, dann auf ins Gefecht«, sagte er und marschierte an Charlotte vorbei ins Gebäude.
    Der Anblick war atemberaubend. Vor seinen Augen öffnete sich ein hell erleuchteter Saal, an dessen Wänden meterhohe Regale standen. Hier gab es unzählige Kleidungsstücke. Manche hingen an Bügeln, manche lagen in Fächern, wiederum andere waren über Kleiderpuppen drapiert, die zeigten, wie die Jacken, Blusen oder Röcke am Körper aussehen mochten. Neben den Regalen befanden sich Umkleidekabinen und hohe schlanke Spiegel. Es gab Stühle und Sofas, auf denen man sich ausruhen und den Kunden beim Anprobieren zusehen konnte. Der dunkle Parkettboden war mit prächtigen Teppichen ausgelegt und über der gesamten Szenerie hing der frische Geruch von Bohnerwachs.
    Auf einen Blick erfasste Oskar an die fünfzig Leute, die von emsig herumwuselndem Dienstpersonal umschwärmt wurden. Es ging zu wie in einem Bienenstock. Man konnte sehen, wie Laufburschen immer neue Kleider heranschafften, während die Kunden mit prallen Paketen das Kaufhaus verließen.
    Ihre Gruppe blieb nicht lange unbemerkt. Kaum hatten sie sich einigermaßen zurechtgefunden, kam auch schon ein Verkäufer mit breitem Lächeln auf sie zugesteuert.
    »Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie im Einkaufsparadies von Wekwerth & Dorn. Ich freue mich, dass Sie den Weg zu uns gefunden haben. Wir führen sämtliche Marken aller Hersteller aus aller Herren Länder. Ist dies Ihr erster Besuch bei uns?«
    »So ist es«, entgegnete Charlotte mit einem bezaubernden Lächeln. »Und wir sind sehr gespannt.«
    »Jungfräuliche Kundschaft also. Wie wunderbar.« Der Mann rieb seine Hände. »Es gibt so viel zu sehen, so viel zu entdecken. Sie werden staunen. Lassen Sie mich für die nächsten Stunden Ihr Lotse sein. Ihr Führer im Urwald, um mal diese farbige Metapher zu verwenden.« Sein Blick fiel auf die dunkelhäutige Eliza, doch wenn er überrascht war, so ließ er es sich nicht anmerken. »Suchen Sie nach etwas Bestimmtem oder möchten Sie sich erst mal einen Eindruck verschaffen?«
    »So verlockend das Angebot auch klingen mag, unsere Zeit ist leider knapp bemessen«, sagte Charlotte. »Wir möchten die jungen Herrschaften hier mit moderner, gut aussehender Straßenkleidung ausstatten.« Charlotte deutete auf die fünf Jugendlichen. »Hemden, Jacken, Hosen und Schuhe, das Mädchen natürlich mit entsprechendem Rock. Wenn möglich aus der neuen Frühjahrskollektion. Wie Sie sehen, entspricht ihr Äußeres nicht mehr ganz dem aktuellen Trend.«
    »Das ist wahr.« Der Mann trat näher und prüfte die Qualität von Oskars Jacke. Dabei machte er ein Gesicht, als würde er in eine Zitrone beißen. »Gute Verarbeitung«, sagte er. »Sehr robust. Hambacher, nicht wahr?«
    »Äh, ja …«, sagte Oskar.
    »Nun, ich glaube, da kann ich Ihnen eine ebenso gute Qualität anbieten, mit weitaus modischerem Flair. Sie werden feststellen, dass wir nur feinstes englisches Garn verwenden. Es ist ungleich dichter verwoben und macht die Stoffe leicht und schmutzabweisend. Wenn Sie mir bitte folgen wollen …«
    Er führte sie in die Mitte der Halle, wo ein großer schmiedeeiserner Fahrstuhl auf sie wartete.
    »Stock drei«, sagte er.
    Der Fahrstuhljunge, herausgeputzt wie ein Hotelpage mit gestreifter Weste und Hütchen, drückte auf den entsprechenden Knopf. Es ruckelte, dann schoss der Aufzug in die Höhe.
    »Ick dachte, det war schon det janze Kaufhaus.« Maus blickte zwischen den Gitterstäben hindurch, hinter denen sich der Boden rasch entfernte.
    »Das Erdgeschoss?« Der Verkäufer lächelte überlegen. »Oh nein. Es gibt fünf Stockwerke, jedes mit einer eigenen Warengruppe. Unser Kaufhaus hat dreitausend Quadratmeter. Im Erdgeschoss befindet sich die Aktionsware zusammen mit den Restposten. Stock eins umfasst die Damenwelt, Stock zwei die der Herren. Ebene drei ist den Kindern und der Jugend vorbehalten. Auf Stock vier finden sie Vorhänge, Bettwäsche, Teppiche und Kurzwaren, und unter dem Dach gibt es Gemischtwaren, Spielwaren und Bücher.«
    »Sie haben eine Buchabteilung?« Oskar hob die Brauen. Auf einmal erschien ihm der Weg zu Wekwerth & Dorn doch nicht mehr ganz so sinnlos. Bücher waren seine Leidenschaft. Besonders solche, die spannend, abenteuerlich und unheimlich waren. Karl May,
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