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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)
Autoren: Michelle Paver
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Wunde. Ob er sich wohl irgendwann überwinden konnte, den Raben, die ihm vertrauten, seine Tätowierung zu zeigen? Den dreizackigen Spieß, mit dem man Seelen fing.
    Das Zeichen der Seelenesser.

Kapitel 41

    FIN-KEDINN WECKTE TORAK noch vor Tagesanbruch, damit sie gemeinsam die Angelschnüre nachsahen. Als Torak aus der Hütte trat, stand Renn bei ihrem Onkel, und Torak erkannte an den Mienen der beiden, dass Renn Fin-Kedinn von der nächtlichen Unterredung mit Torak berichtet hatte.
    Als die drei durch den schlafenden Wald gingen, sprach keiner ein Wort. Dichter Nebel lag über dem Tal und die unbelaubten Kronen der Erlen am Flussufer schimmerten rötlich. Aus dem Augenwinkel sah Torak Wolf zwischen den Bäumen einherhuschen. Es war ganz still ringsum, nur der Axtknauffluss gluckerte vernehmlich unter seiner Eisdecke, die in Ufernähe allmählich taute.
    Sie kamen in den flachen, sumpfigen Teil des Tals, wo sich der Fluss zu etlichen Teichen staute. Quer über die Teiche waren Rindenfaserseile gespannt, von denen mit Ködern versehene Schnüre ins Wasser hingen.
    Der Fang war ergiebig gewesen und bald lagen etliche Häufchen Barsche und Brassen vor ihnen. Fin-Kedinn bedankte sich bei den Seelen der Fische und steckte für den Clanhüter einen Fischkopf in die Astgabel einer Rottanne. Als das getan war, erweckten sie unter einer knorrigen alten Eiche ein Feuer und machten sich ans Ausnehmen und Schuppen, eine Arbeit, von der man schnell taube Finger bekam. Die gesäuberten Fische wurden an den Kiemen auf eine Schnur aufgezogen, die sie so hoch oben an einen Ast banden, dass Wolf nicht heranreichte. Wind kam auf. Die Eiche schlummerte zu tief, um es zu spüren, aber die Buchen ächzten, und die Erlen rasselten mit den kleinen schwarzen Zapfen, schwatzten noch im Schlaf miteinander.
    Ein Wiesel im weißen Winterfell stellte sich auf die Hinterbeine und hielt witternd die Nase in den Wind. Wolf stellte sofort die Ohren auf und flitzte hinterher.
    Fin-Kedinn sah ihm nach. Dann wandte er sich Torak zu und sagte: »Ich habe dir doch schon von dem großen Feuer erzählt, das die Seelenesser seinerzeit in alle Winde zerstreut hat.«
    Renn hielt mit einem Fisch in der Hand inne.
    Torak war unwillkürlich auf der Hut. »Ja, ich erinnere mich.«
    Kratz, kratz, kratz machte Fin-Kedinns Hornmesser, dass die Fischschuppen nur so umherflogen. »Dein Vater hat es gelegt.«
    Toraks Mund war wie ausgedörrt.
    »Der Feueropal verkörperte die geballte Macht der Seelenesser. Dein Vater hat ihn an sich genommen und zerschlagen.«
    Renn legte den Fisch weg. »Er hat den Stein zerschlagen?«
    »Anschließend hat er das große Feuer gelegt.« Fin-Kedinn machte eine kleine Pause. »Ein Seelenesser kam darin um. Er wollte einen Splitter des Steins retten.«
    »Der siebte Seelenesser«, sagte Renn leise. »Ich hatte mich schon gewundert …«
    Torak blickte in die rote Glut und dachte an seinen Vater. Sein Vater also hatte das große Feuer entfacht. »Dann ist er damals nicht einfach nur weggelaufen.«
    »Nein, ein Feigling war er nicht. Außerdem war er sehr klug. Erst sorgte er dafür, dass es aussah, als seien er und seine Gefährtin ebenfalls im Feuer umgekommen, dann flohen beide in den Großen Wald.«
    »Der Große Wald«, wiederholte Torak nachdenklich. Im vergangenen Sommer hatte ihn seine Wanderung bis an den Saum dieses Waldes geführt. Er erinnerte sich an das Zwielicht unter den verschwiegenen, wachsamen Bäumen. »Warum sind sie nicht dort geblieben? Dort wäre ihnen nichts geschehen.«
    Fin-Kedinn stocherte mit der Messerklinge in der Glut. Im flackernden Feuerschein waren seine Züge wie aus Stein gemeißelt. »Allerdings. Sie hätten lieber bei der Sippe deiner Mutter bleiben sollen. Dass sie fortgegangen sind, war ihr Verderben.« Er sah Torak an. »Jemand hat sie verraten. Der Bruder deines Vaters erfuhr, dass sie noch am Leben waren. Von da an wurden sie gejagt. Und deine Mutter«, er holte Luft, »deine Mutter wollte ihre Sippe nicht durch ihr Bleiben in Gefahr bringen. Darum sind die beiden weggegangen.« Er stocherte wieder im Feuer. »Im darauffolgenden Sommer wurdest du geboren.«
    »Und meine Mutter ist gestorben«, ergänzte Torak.
    Darauf ging der Rabenanführer nicht ein. Sein Blick wanderte in die Ferne, Kummer leuchtete in seinen blauen Augen.
    Torak wandte den Kopf und betrachtete die Birken, die ihre kahlen Äste dem kalten Himmel entgegenreckten.
    Wolf kam zurück. Der Vorderlauf eines Kaninchens hing ihm aus
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