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Brandhei

Brandhei

Titel: Brandhei
Autoren: Shalvis Jill
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Prolog
    An einem Fenstersims im dritten Stock zu hängen war schon ziemlich schlimm. Aber an einem Fenstersims im dritten Stock an den Fingerspitzen hängen, während es ringsherum lichterloh brannte, das war noch übler, und obwohl Jake Rawlins schon in schwierigeren Situationen gewesen war, konnte er sich im Augenblick an keine erinnern.
    »Weg da!«, rief der Junge, der direkt an der Ecke des brennenden Dachs über ihm am ganzen Leibe zitterte. »Weg da!«
    Jake veränderte seine Haltung und blickte zu dem Jungen hoch. »Ich bin Firefighter, ich bin hier, um dir zu helfen. Du darfst dich nicht …«
    Der Junge krabbelte so weit weg, dass Jake ihn nicht packen konnte.
    … bewegen.« Verdammt. Bei diesem Einsatz heute Abend war anscheinend gar nichts einfach. Es lag an dieser Villa, die mitten in der Nacht in Flammen stand, an den Anwohnern dieser ländlichen Straße, die völlig überrascht worden waren, am Feuerhydranten, der so weit weg lag, dass sich unter den Füßen seines Teams zahlreiche Schläuche schlängelten, das Ganze spielte sich in einem hügeligen Landstrich in den Außenbezirken von San Diego County ab. Und obendrein hatte er es noch mit einem völlig verängstigten Jungen zu tun, der über dem Flammenmeer auf einem Dach hockte und sich den einen Arm an die Brust hielt, als wäre der gebrochen.

    Der Wind, den der Brand entfacht hatte, blies Jake mitten ins Gesicht und wollte ihn vom Haus fortreißen. Zwei Minuten zuvor war der Motor der ausfahrbaren Leiter ausgefallen, so dass er hier oben in der Falle saß – es kam ihm vor wie eine Ewigkeit. Bis der Ersatzleiterwagen eintraf, musste er bestimmt noch zehn Minuten ausharren. Nur dass das Dach keine weiteren zehn Minuten mehr standhielt.
    »Billy! Holt meinen Billy da runter!«, schrie die Mutter des Jungen, die drei Stockwerke tiefer unten stand. Ihre Angst ging Jake durch und durch und feuerte ihn an. Er verlagerte seinen Griff an dem Sims, streckte den Arm nach der Regenrinne aus, die glücklicherweise am Haus befestigt war, und kletterte los.
    Das Haus war jetzt ein einziges Flammenmeer. Niemand konnte durch die Flammen hineingelangen, erst mussten sie den Brand unter Kontrolle bringen, worum sich seine Mannschaft unten am Boden bemühte. Lange Wasserstrahlen senkten sich bogenförmig auf die Flammen zu, was diese aber offenbar nur noch stärker entfachte.
    »Mama!« Das war Billys Stimme, über Jake, sie klang schwach; und um sie herum nichts als erstickender Qualm.
    Als Jake hoch genug gelangt war, dass er Billy wieder sehen konnte, wäre ihm fast das Herz stehen geblieben. Zitternd vor Angst saß Billy etwa einen Meter vom Sims entfernt. Vollständig von den Flammen umschlossen, hielt er sich den Arm und schrie: »Mama!«
    »Sie kann dich von da oben nicht hören, Kumpel.«
    »Ich hab das nicht gewollt, bestimmt nicht!«
    Hatte der Junge das Feuer gelegt? Aber das spielte jetzt keine Rolle. Genauso wenig wie die Tatsache, dass Jake – als Einsatzleiter des defekten Leiterwagens – normalerweise den Einsatz vom Boden aus geleitet hätte, anstatt
zehn Meter über dem Boden an einer wackeligen Regenrinne zu baumeln. Verflucht, wie er diese Höhe hasste. »Bleib, wo du bist.« Jake wandte das Gesicht von der Hitze und den Flammen ab, die ihm entgegenschlugen, und in diesem Moment drehte sich der Junge um und huschte davon.
    Das Dach stand kurz vor dem Einsturz. Wenn er auch nur eine falsche Bewegung machte, könnte er mit dem Dach in die Tiefe stürzen. Ohne Leiter und ohne Stütze für seine Füße musste sich Jake mit Hilfe schierer Körperkraft hochziehen, und er fühlte jedes einzelne seiner achtzig Kilo, von der dreißig Kilo schweren Ausrüstung ganz zu schweigen.
    Der Junge starrte in die Flammen, die das Dach verschlangen, und schrak zusammen, als Teile davon einstürzten. »Mama!«
    »Deine Mutter ist in Sicherheit. Und gleich bist du es auch.« Obwohl es enorm heiß war, streckte Jake den Arm nach Billy aus.
    »Nein!« Billy weinte und kroch weiter nach hinten, so dass Jake ihn nicht mehr zu fassen bekam, mitten hinein in die Gefahrenzone. »Ich will nicht vom Dach runter!«
    Jake hörte, wie mehrere Einsatzfahrzeuge unter Sirenengeheul näher kamen. Spürte den Nebel aus Wasser, den seine Leute hektisch um sie beide herumsprühten, um sie zu schützen. »Billy, wir müssen hier weg.«
    »Ich will durchs Dachfenster zurück, von da bin ich auch gekommen!« Billy ließ sich auf die Knie fallen und kroch von Jake und von der
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