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Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi

Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi

Titel: Chiemsee-Cowboys - Oberbayern Krimi
Autoren: Heinz von Wilk
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willst du?«
    »Schaff mir dieses Pack vom Hals, Zuckerl. Ist mir auch wurscht, wie du das machst. Wenn deine Leute was brauchen, ruf mich an. Direkt, meine private Handynummer hast du. Spann den Stocker und den Zeno mit ein. Lass die über ihre eigenen Kanäle arbeiten. Du machst sowieso deinen Job, das weiß ich. Aber wenn hier bei uns Polizisten in die Luft gesprengt werden, einfach so, auf Verdacht, dann muss man die Keule rausholen. Homo homini lupus est , Zuckerl, der Mensch ist des Menschen Wolf. Und jetzt wird’s Zeit, dass wir auf Wolfsjagd gehen. Morgen früh hast du alle Unterlagen und Tatortanalysen, die ich auch hab. Und alle Infos. Bleib hier, solange du willst, und nimm mit, was du brauchst. Mach’s gut, alter Freund, ich geh jetzt.«
    Der Major Schmittel senkt den Kopf und schließt die Augen, wie wenn er noch was sagen will. Dann steht er mit einem Seufzen auf, klopft dem Zuckerhahn auf die Schulter und dreht sich zur Tür. Bevor sie hinter ihm zufällt, hört der Zuckerhahn, wie kleine Sekurit-Glassplitter, die immer noch auf dem Gehweg liegen, unter den Schritten des Wiener Majors knirschen. Wie Nussschalen, denkt er sich. Oder getrocknete Buchenblätter, mit denen der Wind seinen flüchtigen Spaß gehabt und sie dann achtlos liegen gelassen hat.
    So endet ein junges Leben, denkt sich der Zuckerhahn und zündet sich sein vorletztes Zigarillo an. Wann hab ich zum letzten Mal eine geraucht?, denkt er sich. In Seeon, in der Klosterstube? Nein, draußen im Biergarten am See. Mit dem Stocker. Voriges Jahr im Sommer war das, denkt er, und ich wollte den Traian, um jeden Preis. Hab ja auch meine Seele dafür verkauft, weil ich gedacht hab, dann ist Schluss mit den Alpträumen, mit den Nächten, die nie aufhören. Dann sind die alten Rechnungen bezahlt. Aber nach der Party ist vor der Party. Und jetzt das. Die Mona, die hab ich gemocht. War eine gute Polizistin. Ein toller Mensch, mit Träumen und Plänen und Hoffnungen und Ängsten. Hat alles hier ein Ende gefunden. Aber nicht für mich, denkt er, nicht für mich, Mona.

»’s kleine Wirtshaus«, Weitmoos bei Eggstätt, 19.22 Uhr
    Schon wieder zu spät, zwar bloß um gut zwanzig Minuten, aber immerhin, sagt sich der Zuckerhahn, wie er so aus seinem Auto steigt. Der Rücken tut ihm weh und die Seele auch. Aber ich glaub eh nicht mehr an Gott, denkt er sich. Ich glaub allerdings daran, dass jeder Mensch an irgendwas glauben muss. Das Leben ist bloß eine einmalige Chance zwischen zwei Ewigkeiten. Und die wenigsten machen was draus, ich ja auch nicht.
    Auf dem kiesbedeckten Parkplatz, direkt vor der braun gestrichenen Holzveranda des alten Forsthauses, da steht die Wanderdüne. Das ist das Auto vom Stocker, ein ziemlich alter 190er Diesel-Mercedes von mittlerweile undefinierbarer Farbe, der liebevoll und ungeniert seine Rostflecken zur Schau stellt.
    Jetzt muss man sagen, das »kleine Wirtshaus«, das ist so was wie ein Geheimtipp unter Kennern. Der Stocker, zum Beispiel, der hat lange an den Wirt hinfieseln müssen, bis der ihm die Rezepte für seinen gebackenen Tafelspitz oder für ein paar andere Köstlichkeiten verraten hat.
    Der Zuckerhahn steigt ächzend die drei alten Holztreppen hoch in den Flur, an der offenen Küche vorbei, in der der Chef, ganz in Weiß, irgendwas flambiert. Die Flammenzungen tanzen um ihn herum wie auf einem Scheiterhaufen, und es riecht nach Bratensauce mit Cognac. Der Kommissar geht auf den knarrenden Holzdielen nach rechts und öffnet die alte Holztür zur Gaststube. Da sitzt der Stocker, an dem Tisch gleich links neben dem braunen Kachelofen. Genau unter der antiken, laut tickenden Pendeluhr. Ihm gegenüber steht die Lisa, die Bedienung, über den Tisch gebeugt, und hört dem Stocker hingebungsvoll zu. Der hat die prächtigen Alpen von der Lisa genau in Augenhöhe, und der Zuckerhahn hört ihn sagen: »Jetzt mal ganz ehrlich, Lisa, ich bin treu, stubenrein, kann kochen, bügeln und tanzen. Und bring dir jeden Morgen das Frühstück ans Bett. Also, wie schaut’s aus mit uns zwei am Sonntagabend?«
    Nicht unübel, der Bursche, denkt sich die Lisa, und beugt sich jetzt tiefer über den Tisch, sodass man einen noch besseren Blick in ihre PR -Abteilung hat: »Also wirklich, Albin, irgendwelche Fehler musst du doch haben, oder? Ich mein, hallo, das gibt’s ja nicht. Einer wie du?«
    »Na ja«, sagt der Stocker. »Ich krieg beim Sex immer Schluckauf, und ich lüg halt gern.«
    »Weißt du, was mir an dir so gefällt, Stocker?
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