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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman
Autoren: Michaela Möller
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gewonnen? Mit aller Kraft konzentriere ich mich auf die Geschehnisse der letzten Stunden. Aber alles, woran ich mich erinnere, sind die Lichtspots auf meinem Körper und die Kameras, die Mühe hatten, mir zu folgen, weil ich quer durch das Fernsehstudio getanzt war. Mit Larry. Der Alkohol hat mich wohl etwas ungestüm gemacht. Bekomme jetzt schon Trost spendende Schokoladengelüste bei dem Gedanken, dass die Sendung im ganzen Land zu sehen sein wird. Hoffe nur nicht, dass ich nach der Ausstrahlung ernsthafte Überlegungen über eine Auswanderung nach Simbabwe oder die ewige Einswerdung mit meinem Bett durchführen muss.
    »Sie waren wundervoll, absolut dantesk, ein echtes Showtalent und so kameragerecht«, jubelt mir der Regisseur zu, als er mich hinter der Bühne entdeckt. »Hier ist meine Karte, vielleicht haben Sie ja Interesse. Ich meine an weiteren Auftritten. Wissen Sie, von Ihrem scheinbar angeborenen Aplomb träumen selbst die ganz Großen in der Filmbranche!«
    »Ach, ja? Also, wenn Sie meinen.«
    »Und machen Sie sich nichts draus, dass aus Bora Boranichts geworden ist. Ich meine, der letzte Platz ist auch nicht verkehrt. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall jede Menge Spaß bei einer emotionalen Selbstfindung beim Bikram-Yoga in Bad Salzdetfurth.«
    Gelernte Wörter: bacchantisch = (be)trunken;
    dantesk = sehr beeindruckend;
    Aplomb = sicheres Auftreten.

34

ALKOHOL BEIM WEIBLICHEN GESCHLECHT
MACHT KAMERAGERECHT!
    H err Schnüttge.«
    »Frau Schöneberg.«
    »Sollte ich irgendetwas während meines Aufenthalts beim Bikram-Yoga in Bad Salzdetfurth beachten?«
    »Ich dachte, Sie wollten nach Bora Bora?«
    »Fragen Sie nicht!«
    »Okay. Mal sehen. Wenn Sie in Bad Salzdetfurth sind, dann achten Sie bitte darauf, dass Sie erstens KEINE therapiegefährdenden Liebesbeziehungen eingehen, zweitens KEINE kontomordenden Modeaktivitäten starten und drittens KEINE längerfristigen Aufenthalte in geschlossenen Räumen vornehmen. Das ist das Grobe. Den Rest schreibe ich Ihnen auf.«
    »Verstehe.«
    Eine Woche später sitzen Luisa, Mark, Sarah und ich gespannt vor dem Fernseher, essen parallel Lasagne und Schokoladenbonbons, trinken Chardonnay und warten auf meinen Auftritt in LONELY HEARTS. Ich bin nervöser als bei der Aufzeichnung und stopfe mir willensschwach Bonbons in den Mund.
    »Gleich komme ich! Guck, da bin ich! Aber was macheich denn da?« Fassungslos starre ich auf die Mattscheibe, als die Titelmelodie zu LONELY HEARTS ertönt. Das ist doch nicht zu glauben. Ich desavouiere mich selbst? Meine Güte. Hier muss eine Verwechslung vorliegen. Bastle innerlich an einer glaubwürdigen Darstellung von »Meine Zwillingsschwester aus Mogadischu«-Gerüchten, als das Schicksal in den Wohnzimmern der Nation seinen Lauf nimmt. Ahasverisch durchkreuze ich den Raum und richte immer wieder einen ungläubigen Blick auf den Bildschirm. Das ist doch einfach nicht zu glauben. Diese Frau sieht gar nicht nach mir aus. Sehr gut! Ich werde eine Verwechslung vortäuschen und jegliche Kenntnis über diese Verrückte konsequent leugnen.
    »Mein verehrtes Publikum. Unsere nächste Singlekandidatin. Jil Schöneberg. PR-Agentin bei Eckhard P. Besörski, PR vom anderen Stern. Wohnhaft in München. Modesüchtig und in Therapie.«
    Gut. Verwechslungsvortäuschung wäre damit dann wohl erledigt! Aber das ist wahrscheinlich kein Grund sich aufzuregen. Ich meine, so schlimm wird es schon nicht werden. Im Wissen, dass man bei mir leider nie wissen kann, starre ich auf die Mattscheibe. Ich tanze auf Larry Lasch zu, schnappe mir sein Mikrofon und halte eine brennende Rede über die Männerwelt. Ich höre Worte wie »Frauen wehrt euch, nehmt den Männern das Wahlrecht und führt die kostenlose Kastration ein«.
    O Gott, wie peinlich!
    Als Nächstes biegt sich Larry mit Becky Busenwunder und Susi Sexgranate vor Lachen über meine Aussagen. Selbst die drei männlichen Singles, die sich durch die albernen Spiele von LONELY HEARTS kämpfen, kichern wie kleine Jungs. Die Spiele, deren kreativer Höhepunkt in einer Negerkussschlammschlacht endet, decken dasRepertoire eines jeden guten Kindergeburtstages ab. Von Blindekuh über Eierlauf bis zu Topfschlagen ist alles dabei. Und ich mittendrin, strahlend, quietschend und ohne Unterbrechung so etwas von kameragerecht! Als Nächstes tänzele ich auf den Lügendetektor zu und blicke verklärt in Larrys Augen.
    »Frau Schöneberg! Schwören Sie, die Wahrheit zu sagen und nichts als die Wahrheit, so wahr Ihnen
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