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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman
Autoren: Michaela Möller
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besser. Der Alkohol bringt zwar Right nicht in mein Leben zurück, dafür entdecke ich zufällig Mark, als ich über den Rand des Glases auf die Straße blicke. Gedankenverloren kramt er in seiner Arzttasche, während sein Mantel von einem kräftigen Wind umhergewirbelt wird. Ich tippe mit dem Finger gegen die Scheibe und winke ihm zu. Er lächelt über das ganze Gesicht und betritt kurz darauf die Bar.
    »Jil! Wie geht es dir?«
    »Irgendetwas zwischen manisch depressiv und selbstmordgefährdet. Ich muss das noch mit meinem Psychiater besprechen.«
    »Ach, so schlecht siehst du gar nicht aus.«
    »Sehr witzig.«
    »Ich meine es ernst.«
    »Na, dann sterbe ich wenigstens wahnsinnig gut aussehend. Das ist doch auch was.«
    »Sag so etwas doch nicht. Dann müsste ich ja die Hauptrolle in meinem Leben ganz neu besetzen.«
    Mark lächelt mich an, wie er es seit mehr als vier Jahren schon macht. Er ergreift meine Hand, wie er es seit mehr als vier Jahren schon macht. Und er lässt mein Herz ein wenig schneller schlagen, wie er es seit mehr als vier Jahren schon schafft.
    »Verdammt! Das muss jetzt endlich ein Ende haben. Die Rechnung, bitte!«, rufe ich durch das Restaurant.
    »Mark, komm mit. Wir gehen Aufzug fahren!«
    Auf dem Weg in das nächste Wohnhaus mit Fahrstuhl folgt Mark mir schweigend. Ich hätte ja wenigstens mit ein paar klärenden Fragen gerechnet, aber Mark läuft einfach nur hinter mir her und lächelt mich von Zeit zu Zeit vertrauensvoll an. Er scheint sich an meine eigenwilligen Lebenstheorien gewöhnt zu haben.
    »Dann wollen wir mal«, sage ich und drücke den Knopf des Aufzugs.
    »Was immer du willst.«
    Wir betreten den Fahrstuhl, und Sekunden später schließen sich die Türen. Ich reiche Mark die Hand, halte den Atem an und kneife meine Augen zusammen.
    Einundzwanzig.
    Zweiundzwanzig.
    Dreiundzwanzig.
    Nichts.
    Kein rasender Puls. Keine zitternden Knie. Kein hyperventilierender Atem. Langsam öffne ich die Augen und lächle Mark an.
    »Geht es dir gut, Jil?«
    »Sicher. Es ging mir nie besser.«
    Auf einmal zieht Mark mich zu sich heran. Er blickt mir in die Augen. Langsam beugt er sich zu mir herunter und … auf einmal rast mein Herz davon. Meine Beine zittern. Meine Hände glühen. Hhhhe. Ich hyperventiliere. Hhhhe. Ich ersticke. Hhhhe. Ich zucke. Verflucht!
    »Mark!«
    »Mein Gott, Jil. Du hast einen klaustrophobischen Anfall!«
    »Hhhhe.«
    »Warte. Ganz ruhig. Du musst deine Atmung kontrollieren.«
    »Ach was? Hhhhe.« Mit letzter Kraft drücke ich die Knöpfe für die Stockwerke, während Mark in seine Arzttasche greift und eine Flasche Wasser hervorzieht. Im nächsten Moment klatscht er mir das Wasser ins Gesicht.
    Toll! Ich hyperventiliere, meine Beine knicken in sich zusammen, mein Herz steht kurz vorm Explodieren, und der Inhalt einer eiskalten Flasche Mineralwasser läuft an mir herunter. Ich kapituliere und gebe mich einer, wie mir scheint, wohl verdienten Ohnmacht hin.
    »Jil – Jil – Jil?«
    »Ist ja schon gut, Mark.« Vorsichtig lasse ich meine Augen schweifen und merke, dass ich in einem fremden Wohnhaus neben einer Wohnungstür sitze, während Mark meinen Puls misst und mir die nassen Haare aus dem Gesicht streicht.
    »Was machst du, Jil?«
    »Ich verschaffe mir Klarheit.«
    »Indem du deinen Körper an den Rand der Kapitulation treibst.«
    »Vollkommen richtig. Das hätte ich schon viel frühertun sollen. Jetzt weiß ich endlich, was ich nicht will. Der Verstand kann nämlich manchmal auch das Herz austricksen«
    »Mmmm. Jil, ich denke, du stehst unter Schock!«
    »Ja!« Ich lächle wehmütig. »Sicher, Herr Doktor!«
    Gelernte Wörter: obsolet = nicht mehr zu gebrauchen;
    perniziös = unheilvoll;
    Kachexie = durch schwere Krankheit bedingter völliger Verfall der körperlichen Kräfte.

33

HERZ AUS – SPOT AN!
    H err Schnüttge.«
    »Frau Schöneberg.«
    »Warum fühlt sich das Richtige so falsch an?«
    »Sie sprechen von Ben und dem Baby. Horchen Sie in sich hinein, und fragen Sie sich, ob das Richtige wirklich richtig ist, wenn es sich doch so falsch anfühlt.«
    »Natürlich ist es das. Ich fühle mich nur so elend, weil ich diese Entscheidung mit dem Verstand und nicht mit dem Herzen getroffen habe.«
    »Da liegen Sie falsch. In dieser Sache haben Sie eindeutig mit dem Herzen entschieden.«
    »Verstehe.«
    Nun ist es schon über vier Monate her, seit ich Right das letzte Mal gesehen habe. Auf meinen Brief hat er nicht geantwortet. Ich fühle mich schrecklich! Wie das
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