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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman
Autoren: Michaela Möller
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nicht sonderlich gut. Darum kann man bei Luisa nie wissen, womit sie als Nächstes ihr Geld verdient.
    Ich muss sofort den Brief verschwinden lassen, schießt es mir durch den Kopf, und meine Wangen beginnen vor Aufregung zu glühen. Aber wohin?
    Bücherregal.
    Schublade.
    Mülleimer.
    Blumenvase.
    Schuhkarton.
    Blumenvase!
    Der letzte Mann, der mir Blumen geschenkt hat, hieß, ähm, wie hieß er noch, Maxi, glaube ich, und er besaß ein Federmäppchen, das aus dem gleichen Stoff war wie sein Turnbeutel.
    Zeitgleich mit Luisas Erscheinen im Türrahmen verschwindet der Brief in der Vase. Ich mache ein unauffälliges Gesicht. Sehe dabei jedoch anscheinend so unschuldig aus wie ein kleines Mädchen, das gerade heimlich den Schokoladenpudding seines Bruders vernascht hat.
    »Was guckst du denn so komisch? Steht Gwen Stefani hinter mir? Und wieso sitzt du um halb sieben im Bademantel rum? Schwing dich in eins deiner René-Lezard-Kleider. Wir gehen heute Abend zu Rebecca«, bestimmt Luisa in einem Ton, der mich unweigerlich an meine Mutter erinnert.
    »Wieso soll ich mit zu Rebecca kommen und mir ansehen, wie du den ganzen Abend mit ihr rumturtelst?« Ich lasse mich demonstrativ auf mein Bett plumpsen und fische zwischen den samtigen Zebrakissen nach der Fernbedienung.
    »Und was willst du stattdessen machen?« Luisa stemmt die Hände in ihre schmale Taille und wirft mir einen Blick zu, der schärfer ist als das beste Chiligericht und bösartiger als Regen an deinem Hochzeitstag. »Den ganzen Abend vor dem Fernseher sitzen und auf die Glatze eines Fernsehkommissars starren? Außerdem wird das keine Frauenparty. Es kommen auch ein paar Männer aus Rebeccas Kanzlei.«
    Männer aus Rebeccas Kanzlei! Ich mache einen Strecksprung aus dem Bett, der meiner Sportlehrerin aus dervierten Klasse vor Bewunderung ihre Stoppuhr aus der Hand geschleudert hätte. Aber natürlich nur, um mich gleich wieder zu beruhigen. Männer. Männer. Wen kümmern schon Männer?
    »Na und? Was interessiert mich das?«
    »Ach, Jil. Nun komm schon. Eigentlich würdest du doch viel lieber mit mir auf diese Party gehen, ein paar Cocktails trinken, ein paar Sushihäppchen essen und ein paar kühle Anwälte zum Kochen bringen, anstatt den ganzen Abend zu Hause zu bleiben.«
    Hmmm. Eigentlich hat Luisa Recht. Aber ich gehe trotzdem nicht mit.
    »Nein. Ich bleibe hier und esse Popcorn. Oder Schokolade. Oder beides.«
    »Hemm?«
    »Weißt du, Luisa, zur Unterhaltung einer Party trägt niemand so viel bei wie diejenigen, die gar nicht da sind!«
    »Von wem hast du denn den Quatsch?«
    »AU-DREY HEP-BURN!« Ich mache ein Gesicht, als hätte ich ihr gerade die physikalische Formel für die Erdanziehungskraft geliefert.
    »O nein. Den Blick kenne ich doch.« Luisa lächelt. »Sag mir jetzt nicht, du kommst nicht mit wegen deiner Haare!«
    Ich werfe ihr einen unschuldigen Blick zu.
    »Na los, Jil. Hol die Heizwickler. Zack, zack! Haare sind wirklich der schlechteste Grund von euch Heteromädels, das Leben nicht zu genießen!«
    Nach zwei Stunden und siebenundvierzig Minuten blicke ich in den Spiegel und komme zu einer tief greifenden Erkenntnis: Mal sehe ich schlechter aus, und mal sehen die anderen besser aus!
    Und: Heizwickler haben keinen nachweislichen Einfluss auf die Formgebung langer, fusseliger, splissiger Haare.
    »Bist du dir sicher, dass ich so mitkommen kann?« Luisa guckt mich schief an und dreht einen ihrer kurzen, blondierten Fransenhaarbüschel um ihren Zeigefinger.
    »Weißt du, diese braunen Locken sind gar nicht so schlecht, wie du denkst!«
    Kritisch blicke ich auf meine Haare und überlege, ob ich dem Spiegel oder einer Frau, die kein persönliches Gebrauchsargument für Kamm und Bürste nennen könnte, mehr trauen soll.
    »Das ist eine Katastrophe!«
    »Ach was, Jil. Du weißt doch, es lebe die Natürlichkeit!«
    »Richtig. Es lebe die Natürlichkeit.« Mein Gott, wenn Sarkasmus nicht zu einer meiner ganz großen Stärken gehören würde, wäre die geschlossene Anstalt wahrscheinlich schon längst mein erstes Zuhause.
    Während ich diesem Gedanken noch etwas nachhänge, setzt Luisa mir ihren hellblauen Sonnenhut auf, reißt mich vom Spiegel weg und lässt die Wohnungstür hinter uns ins Schloss fallen. Ich konzentriere mich auf einen Pfützenslalom die Straße entlang und wünsche, ich hätte mich in Bezug auf mein Abendprogramm doch bloß für das Popcorn und die Kommissarsglatze entschieden, während Luisa mit giftgrünen Gummistiefeln durch
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