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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman
Autoren: Michaela Möller
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Fashionbeschaffungsplan. Nach zweieinhalb Jahren intensiver Arbeit kann ich sagen, dass mein Münchner-Mode-Management die Spitze der Vollkommenheit erreicht hat.
    Alles beginnt mit dem Kauf der aktuellen Vogue . Mit der umfassenden Recherche der Fotostrecken und Werbekampagnen von Prada, Dolce & Gabbana, Gucci und Co. erhält man einen ersten ergreifenden Eindruck von der aktuellen Fashionwelt. Natürlich muss das Ganze gefiltert werden, da es sich hierbei doch eher um Kunst als um Konsum handelt. Dafür eignet sich wirklich nichts besser, als die Münchner Maximilianstraße entlangzuflanieren. Männer lieben diese Straße, weil sich hier unter grünen Kastanienbäumen der Maserati an den Ferrari und an den Maybach reiht. Frauen lieben diese Straße, weil man trotz 9-Zentimeter-Manolo-Blahniks bei Armani, Dior und Versace gleichzeitig reinschauen kann. Und Touristen lieben diese Straße, weil man hier, während der Fremdenführer von italienischer Architektur mit Elementen der englischen Gotik philosophiert, Fotos von staunenden Männern und stöckelnden Frauen machen kann.
    Unter sonnengelben Arkaden und südländischen Fassaden zeigen ein paar Blicke in die glitzernden Schaufenster schnell, welche Trends auch tatsächlich auf ihr Verkaufsrecht bestehen. Nach dreieinhalb Stunden ist derFashionkilometer abgelaufen, und man lässt sich erschöpft im Tambosi am Hofgarten auf einen Stuhl sinken, um sich bei einem Cappuccino ein Bild von der Mode am Menschen zu machen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie Gucci und Dior in Kombination mit dem ein oder anderen manierierten Münchner Schickeriamitglied an Glamour und Sexappeal verlieren können! Tsisisis. Wie dem auch sei. Jetzt heißt es konzentrieren. Der nächste Schritt im Münchner-Mode-Management ist der schwierigste von allen:
    FINDE DEINEN EIGENEN STIL!
    Hmmm. Eine böse Falle und zugleich die einzige Chance, die dir die Mode gibt. Hier sind schon die ganz Großen gescheitert, zumal man immer bedenken sollte, dass es bei weitem nicht darum geht, dass sich das Label gut sichtbar AUF der Kleidung, sondern vielmehr, dass sich der modische Gedanke IN der Kleidung befindet. Und darum darf man, an diesem Punkt angelangt, auch ruhig die Maximilianstraße wieder verlassen und in der Innenstadt H&M, Zara und meinen in München glücklicherweise hoch frequentierten Lieblingssecondhandladen Macy’s ansteuern, um hier nach »High-fashion-and-low-price« -Produkten zu fahnden. Secondhandläden bieten nicht nur den Vorteil, dass dort alles unglaublich günstig ist, sondern auch, dass man das ganze Zeug spätestens nach einer Saison wieder an denselben Laden verkaufen kann. An diesem Punkt schließt sich der Fashionkreis, und man kommt am Ende mit geschickter strategischer Planung bei null raus.
    Perfekt.
    Gut.
    Zugegeben.
    Das ist der Idealfall.
    Trotz gut durchdachter Shoppingstrategie kommt man manchmal einfach nicht umhin, das eine oder andere Kleidungsstück doch tatsächlich bei Dior oder Prada kaufen zu MÜSSEN. Hierbei sind zwei Dinge zu beachten: immer das Preisschild dranlassen und niemals die Rückgabefrist verstreichen lassen.
    Na bitte! So einfach. Und da sage noch einmal jemand, Mode sei kompliziert!
    In Wahrheit gibt es nur eine Designerware, die dem Wiederverkauf in Secondhandläden und dem Umtausch in Designershops trotzt.
    Unterwäsche!
    Und damit wäre ich wieder bei meinem Problem. Selbstverschuldet. Dummerweise. Ich stehe nämlich nicht nur nackt in einer Umkleidekabine von Versace, um einen pinken Seidenslip anzuprobieren! Nein, ungünstigerweise hängt auch noch direkt vor meiner Nase ein Spiegel, der stadionähnlich angestrahlt wird. Zwei Dinge, die nie grundlos miteinander kombiniert werden sollten! Unter Ausschaltung meines Verstandes komme ich auf die unglaubliche Idee, meinen Körper in dieser verfänglichen Situation etwas genauer zu betrachten. Ich kann nur sagen, von entblößten Blicken in den Spiegel ist abzuraten, wenn man mit sich befreundet bleiben möchte.
    Diese Erkenntnis kommt für mich jedoch leider zu spät!
    Ich habe sie schon erspäht, die kleinen, schrumpeligen Dellen auf der Außenseite meiner Oberschenkel, die lustig hin und her springen, wenn ich meine reliktartige Beinmuskulatur anspanne. Meine wohlgeformten Hüften, die die Schwerkraft, wider jedem physischen Gesetz, in die Horizontale zu ziehen scheint. Und zu guter Letzt meinwohlgepolsterter Po, der meinem Gesamtkörper die geometrische Form eines gleichschenkligen Dreiecks
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