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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman
Autoren: Michaela Möller
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verleiht. Ich weiß, dass die Natur dem weiblichen Wesen mit der großzügigen Anreicherung von Fettdepots für Zeiten, in denen Hungersnöte oder anstrengende Schwangerschaften zu bewältigen sind, nur entgegenkommen wollte. Aber was soll ich mit einem Fette deponierenden Körper, wenn ich einen 24-Stunden-Supermarkt vor der Tür habe und eine Mehrlingsschwangerschaft aus mangelnder Beteiligung am Projekt nicht infrage kommt?
    Und darum kaufe ich nie neue Dessous. Weil es mich depressiv macht! Weil ich mich danach dem fernöstlichen Trepang sehr nahe fühle! Und weil man Unterwäsche nicht umtauschen kann! Ich werde mich in meine 3-Zimmer-Wohnung in Haidhausen mit knarrendem, verkratztem Parkett und abblätterndem Stuck an den Decken zurückschleichen, denn eigentlich habe ich heute wirklich Wichtigeres vor, als Reizwäsche anzuprobieren, die unter dem Aspekt der Stoffverarbeitungsmenge eher als Geizwäsche verkauft werden sollte!
    Man sagt, wichtige Dinge sollte man sofort erledigen. Das stimmt. Aber für ganz wichtige Dinge bedarf es immer erst einmal einer kreativen Pause. Und Bewerbungsbriefe zählen eindeutig zur Kategorie »extrem ganz wichtige Dinge«. Also sollte ich mich wohl erst mal stärken. Ich schlurfe in die Küche und stecke meinen Kopf ins Kühlfach. 150 Gramm roher Blattspinat lachen mir entgegen.
    Igitt! Angewidert halte ich mir die Nase zu. Bilde ich mir das nur ein, oder stinkt roher Blattspinat wirklich so entsetzlich?
    Ich probier’s lieber mit dem Kühlschrank.
    Mal sehen: eine Tube Senf, ein Glas Essiggurken, ein halb volles Marmeladenglas und ein ranziges Stück Käse. Kann man daraus etwas Leckeres zaubern? Für eine dieser gewandten Superhausfrauen vom Shoppingkanal 32 wäre das wahrscheinlich alles eine Frage der richtigen Bratpfanne. Dummerweise bin ich keine gewandte Superhausfrau und mir noch nicht einmal sicher, ob ich überhaupt eine Bratpfanne habe. Hmmm. Probleme soll man ja bekanntermaßen niemals mit seinen Schwächen lösen, sondern kompetent und stilsicher mit seinen Stärken zu einem Abschluss bringen. Bestelle also eine Pizza und gehe auf die Suche nach einer Flasche Rotwein. Telefonieren und entkorken gehören eindeutig zu meinen Stärken!
    Ups. Mir ist schlecht, und ich habe einen klitzekleinen Schwipsieee. Habe doch tatsächlich AUS-VER-SE-HEN eine Familienpizza bestellt – und angebrochene Flaschen Rotwein muss man austrinken. Das bringt sonst Unglück. Habe ich mal gelesen. Glaube ich. Nach der Pizza fühlte ich mich so beladen, dass ich mir erst mal ein Bad eingelassen habe. Muss dann wohl in der Wanne eingenickt sein. Ich bin total eingeschrumpelt. Hoffentlich bleiben da keine Dellen zurück.
    So, jetzt kann es aber endlich losgehen. Oder sollte ich vielleicht doch noch vorher meine Fußnägel lackieren? Nein, Jil! Such jetzt endlich deinen Füller und leg los.
    Unglaublich, ich kann ja richtig dominant sein.
    Sehr geehrter Mister Right,
    hiermit bewerbe ich mich bei Ihnen um die Stelle als Partnerin in Ihrem Leben. Ich brauche diesen Job wirklich DRINGEND !!! Ich habe von Ihrer großenAnlehneschulter und Ihrer Kreditkarte gehört und denke, dass ich mich um beides kümmern könnte. Außerdem kann ich Ihren wunderschönen starken Armen und Ihren atemberaubenden Augen kaum widerstehen.
    Ich bin äußerst flexibel in Bezug auf ausgedehnte Geschäftsessen und spontane Geschäftsreisen und habe großes Verständnis für die eine oder andere Nachtschicht. Früher oder später sollten wir über eine Firmenexpansion nachdenken.
    Ich freue mich auf ein aufregendes Aufeinandertreffen.
    In Liebe Ihre Jil Schöneberg
    Sehr gut! Jetzt brauche ich nur noch die Adresse. Aber ich weiß leider nicht, wie mein werter Mister Right heißt, wo er wohnt und ob er überhaupt irgendwo lebt. Wenn ich meiner Mutter glauben soll – »Dein Ehemann muss wohl erst noch geboren werden« –, bekomme ich ernsthafte Probleme mit meiner biologischen Uhr.
    Knurrt mein Magen schon wieder, oder was ist das für ein Geräusch? Ach nein, ich habe ja gerade erst gegessen.
    »Hi, Süße!« O Gott, das ist Luisa, meine Mitbewohnerin. Was macht sie denn schon hier? Sie betreut samstags doch immer die Seniorinnen-Fitnessgruppe. Eigentlich ist Luisa Synchronsprecherin, aber abgesehen von ihrer letzten Rolle als vegetarische Grundschullehrerin, die sich in einen Metzger verliebte, oder der Minirolle als Kellnerin, die die vier magischen Worte »Haben Sie schon gewählt?« sagen durfte, laufen die Geschäfte
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