Champagnerkuesschen

Sache zwischen uns klären, bevor wir uns auf deine Freunde stürzen?!“ Er wirft mir einen bittenden Blick zu.
    Ich nicke.
    „Annika ist hier, weil ich sie darum gebeten habe“, holt Benni Luft. „Ich wollte es dir schon seit Tagen erzählen, aber ich habe die letzten zwei Wochen Tag und Nacht durchgearbeitet.“ Das erklärt, warum Benni so müde aussieht. Aber nicht, warum er nie angerufen hat. „Annika wird die Leitung des Verlagshauses in München übernehmen.“
    „Das heißt, du gehst nicht nach München?“, frage ich langsam.
    „Nein. Ich will mein altes Leben zurück und endlich nicht mehr Tag und Nacht arbeiten müssen! Und ich möchte wieder mehr Zeit mit meiner Freundin verbringen.“ Zärtlich lächelt er mich an. „Meine Mutter hat zum Glück genug vom fröhlichen Rentnerleben. Als ich sie gefragt habe, ob sie sich vorstellen könnte, ihren Chefposten noch eine Weile zu behalten, hat sie keine Sekunde gezögert und Ja gesagt.“ Seine Augen halten mich gefangen, während mein Hirn die Neuigkeiten zu sortieren versucht.
    „Aber warum hast du nicht angerufen und mir alles erklärt, anstatt mich im Ungewissen zu lassen?“
    „Ich war völlig durcheinander, als ich dich mit diesem Andreas zusammen gesehen habe. Ihr habt euch schließlich geküsst! Ich wusste nicht mehr, was richtig oder falsch ist.“
    „Und wieso bist du jetzt hier?“
    „Weil ich zu dem Ergebnis gekommen bin, dass ich dich liebe. Es ist mir egal ...“ Er stockt. „Jedes Paar hat seine Krisen und wenn das unsere gewesen ist, dann soll es mir recht sein. Hauptsache, ich bin mit dir zusammen.“
    „Und was machst du jetzt, ohne deinen Job?“, hauche ich.
    Ein Lächeln huscht über Bennis Gesicht. „Ich bin dein neuer ... äh ... alter Fotograf. Das heißt, wenn du mich noch magst.“ Er beugt sich zu mir und küsst mich.
    „Wie romantisch“, höre ich die Flugbegleiterin sagen. Sie steht neben unserer Sitzreihe und hält ein Tablett mit zwei Champagnergläsern in der Hand.
    „Eine kleine Aufmerksamkeit im Namen der Deutschen Lufthansa “, lächelt sie (was auch sonst!) und reicht uns die Gläser.
    Wir prosten uns zu.
    „Auf eine gemeinsame Zukunft“, flüstert Benni mir ins Ohr. Er nimmt einen tiefen Schluck aus seinem Glas, und, bevor ich trinken kann, legt Benni seine Lippen auf die meinen. Ich öffne meinen Mund. Der Champagner prickelt angenehm auf meiner Zunge. Plötzlich spüre ich etwas Kaltes, Hartes in meinem Mund. Mein erster Gedanke ist, dass sich die blöde Krone, die ich letztes Jahr über meinen hinteren Backenzahn bekommen habe, gelöst hat. Irritiert ziehe ich meinen Kopf zurück.
    „Ist was?“ Benni grinst schief.
    „Ich glaube, ich habe meine Jacketkrone verloren“, gebe ich beschämt zu. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und pule so unauffällig wie möglich in meinem Mund, um den Übeltäter zu entfernen.
    Die Flugbegleiterin sieht interessiert zu mir rüber. Flammende Röte zieht über mein Gesicht. Das ist wieder mal typisch für mich: Warum muss ausgerechnet jetzt dieser Scheißzahn rausfallen?!
    Endlich habe ich den Übeltäter.
    Aber ...
    Fassungslos starre ich auf den Diamantring in meiner Hand.
    Und dann stellt Benni die Frage aller Fragen:
    „Julia, willst du meine Frau werden?“

22. Julias Facebook-Status: Neujahr! Prost!
     
    Noch zwei Minuten und ein neues Jahr fängt an. Alle sind da! Harald, Wolfgang, Sergej, Katja und Benni. Sogar Andreas und Annika sind gekommen.
    Wir sitzen in Katjas ehemaliger Wohnung. Katja ist zu Sergej gezogen, dessen Appartement keine fünf Minuten von uns entfernt liegt, und so sehen wir uns praktisch jeden Tag.
    Ich werfe einen Blick zu Andreas rüber. Er hält Annika im Arm und strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Annika behauptet, es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen. Bei Andreas bin ich mir da nicht so sicher, schließlich hat er immerhin die Nacht mit mir verbracht. Aber das spielt schon lange keine Rolle mehr. Es würde mich nicht wundern, wenn die Beiden bald zusammenziehen.
    Katja sitzt neben Sergej auf dem Sofa. Sie hat mittlerweile eine stattliche Körbchengröße von 85C und einen runden Bauch. Ihr Gesicht leuchtet. Sie und Sergej haben letzten Monat in aller Stille geheiratet. Ich habe Katja noch nie so glücklich gesehen wie am Tag ihrer Hochzeit.
    Harald hat, seit er mit Wolfgang zusammenlebt, mindestens fünf Kilo zugenommen. Vor Glück, wie er immer wieder betont. Seine Pflegeserie Luxeriöös übertrifft alle Erwartungen, und die beiden