Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds
Autoren: P Grote
Vom Netzwerk:
musste kontrolliert werden, er musste wissen, ob der gelieferte Wein mit jener Probe übereinstimmte, die sie hier in ihrem Verkostungsteam probiert hatten.
    Klaus Langer gehörte dazu, er war der Kopf und das Herz der Firma, wobei es in letzter Zeit häufig zu Herz-Rhythmus-Störungen gekommen war. Der Lagerleiter machte im Team mit, er hatte sich zum Weinexperten gemausert. Frau Maheinicke war leider nicht mehr dabei. Frau Becher aus der Auftragsannahme hatte er aus dem Team gekippt. Ein eigenständiges Urteil über einen Wein war von ihr selten zu hören, und sie interpretierte ihre Angaben auf den Fragebögen zum Wein geschickt um. Dahinter stand die Angst, Fehler zu machen. Seit Anfang des Jahres äußerte Langer Zweifel am Verfahren und an den Fragebögen, die er anfangs überschwänglich als »praxisnah« begrüßt hatte, wobei er Philipp als ihren Erfinder immer wieder lobend erwähnte. Inzwischen kritisierte der Chef die »Prozedur« als zeitraubend und aufwendig. »Wenn Sie und ich die Weine probieren, dann reicht das.«
    Für Philipp waren die Fragebögen hilfreich, ihm erleichterten sie die Arbeit, es gehörte zu seinen Aufgaben, bei jeder Lieferung zu prüfen, ob die Weine aus derselben Abfüllung stammten oder geschmacklich voneinander abwichen. Er verglich die Angaben der Fragebögen mit seinen ersten Notizen vom Winzer. Er musste nur probieren und analysieren – nicht trinken. Die angebrochenen Flaschen gab er an die Kollegen weiter, außer es handelte sich um einen ganz besonderen Tropfen, dessen »Entwicklung« er beobachten musste, nachdem die Flasche geöffnet war. Er war dadurch mehr als verwöhnt, doch er wusste auch einen schlichten Wein zu schätzen. Auf den Preis kam es ihm, im Gegensatz zu Langer, dabei am wenigsten an.
    Es war eine Unverschämtheit von diesem verdammten Fahrer, sich nicht zu melden. Im Falle eines Unfalls, das warPhilipp klar, wäre die Spedition längst benachrichtigt worden. Es kam jedoch gelegentlich vor, dass mit Wein beladene Lastzüge gestohlen wurden. Die wertvollsten Flaschen wurden mit kleinen, schnellen Transportern abtransportiert. Bei Sattelzügen brauchte man nur die Zugmaschine und das Nummernschild des Aufliegers auszutauschen, über die Ladung wurde eine neutrale Plane gespannt, und schon waren alle Hinweise beseitigt. Abnehmer gab es jede Menge, sowohl in der Gastronomie als auch im Handel oder bei Privatleuten. Man goss ein Glas Rotwein außen über den Karton, deklarierte ihn damit als beschädigt und hatte den Grund, ihn billiger zu verkaufen. Entweder machten die Fahrer mit den Dieben gemeinsame Sache, eine Beteiligung war selten nachzuweisen, oder die Polizei fand sie gefesselt oder mit einer dicken Beule am Kopf im Wald neben der Landstraße.
    Man müsste wissen, welche Weine noch auf diesem Lkw transportiert wurden, um einschätzen zu können, ob ein Diebstahl in Betracht käme. Auf dieser Route wurde kein Champagner geladen. Unter den Weinen aus Sancerre und Burgund gab es allerdings einige sehr teure Weine, deren Diebstahl sich lohnen würde.
    Dann bog Langers silberner Mercedes in die Einfahrt und hielt auf dem Parkplatz neben der Rampe. Neuerdings kam der Chef häufig spät. Früher war er einer der Ersten im Betrieb und oft der Letzte, der abends nach Hause ging. Das verstärkte Philipps Eindruck, dass Langer immer mehr die Lust am Wein verlor, der ja der eigentliche Geschäftszweck war. Ob die Firma Gewinn abwarf, war den Kunden gleichgültig, solange sie ihre Weine bekamen, Aktionen für sie vorbereitet wurden und man auf ihre Sorgen und bis zum Sankt Nimmerleinstag gestreckte Zahlungsziele einging. Daher stand France-Import trotz Krise gut da, nur den Gastronomen, Sterneköchen und Edelrestaurants konnte sowieso niemand etwas recht machen.
    Kaum begann Philipp seine Post zu öffnen, als Langer energisch klopfte, ein deutliches Signal, dass er sich ärgerte. Es war im Hause die einzige Tür, an die er klopfte. Normalerweise rief er seine Mitarbeiter telefonisch zu sich. Wenn er heute selbst kam, musste ein besonderer Grund vorliegen.
    Langer hielt den runden Kopf leicht zur Seite und ein wenig nach hinten geneigt, so sah er aus, wenn er angriffslustig war und sich überlegen fühlte. Blaue Augen, blondes Haar, das nicht in Grau überging, sondern die Farbe verlor. Philipp war sich sicher, dass Langer es demnächst färben würde. Jetzt, wie er da in der Tür stand und lächelte, mit diesem neuen arroganten Zug um den Mund, und wie er sich mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher