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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds
Autoren: P Grote
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und Frachtdokumente hin- und hergeschickt, man war immer freundlich und höflich gewesen. Dann war der Mann eines Tages hier aufgetaucht, und es hatte geknallt, so laut, dass alle Kollegen es sofort mitbekommen hatten. Jetzt lebte sie bei Saint-Estèphe, ihr lang gehegter Traum war in Erfüllung gegangen, und sie füllte seine statt Langers Lieferscheine aus. Sie war sehr fähig gewesen, äußerst zuverlässig und stets guter Laune. Philipp empfand ihren Weggang als herben Verlust. Und als Nachfolgerin die verwöhnte Ehefrau eines Geschäftsfreundes, sozusagen ein nobler Sozialfall, möglicherweise sogar einer aus dem Klüngel?
    Das wird heiter werden, sagte er sich, fühlte sich einwenig verloren, nahm den Sektkühler und das Glas und trug beides in die Küche. Er würde sich einen Pilzrisotto machen – oder doch lieber Tagliatelle mit Meeresfrüchten? Letztere tauten schnell auf, und er dachte wieder an die Neue morgen. Er würde sich in Acht nehmen. So wie Langer sich gegenwärtig gebärdete, war wenig Gutes zu erwarten   ...

2
    »Ist der Lkw aus Bandol noch immer nicht eingetroffen?«
    »Leider nein, Herr Achenbach«, antwortete der Lagerleiter zerknirscht, als wäre er dafür verantwortlich.
    Dabei hatte Philipp alles für den weiteren Versand des Weins an die Händler vorbereitet: Kartonagen, Lieferscheine, Rechnungen, das Einzige, was fehlte, war der Wein. Er hätte bereits Ende der vergangenen Woche eintreffen sollen. Philipp war am Morgen sofort nach der Ankunft in der Firma in die Lagerhalle gestürzt, um sich nach der Lieferung zu erkundigen. Er hatte sich die Sonderaktion mit diesem seltenen Wein ausgedacht, France-Import konnte von Glück sagen, dass er vier Paletten davon hatte ergattern können, ein Wein von den sonnenverbrannten Terrassen an der französischen Mittelmeerküste. Es war ein edler Tropfen, alkoholreich, kräftig und würzig, ein Wein mit intensivem Aroma, der sehr gut zu Wild und kräftigem Rindfleisch passte. Wer ihn kannte, ließ ihn mindestens fünf Jahre im Keller ruhen, bevor er die Flasche entkorkte. Und weitere fünf Jahre später bot er immer noch ein großartiges Trinkvergnügen.
    Auch Philipp hatte sich von der Reise nach Bandol zwei Kisten mitgebracht. Sein Wagen ächzte sowieso immer in den Achsen, wenn er von einer Verkostungstour aus Frankreich mit Proben beladen zurückkam. Und weil der Bandol so rar und beliebt war, hatte France-Import die gesamte Partie bereits verkauft. Philipp kannte Händler, deren Kundeneinen derartig seltenen Wein zu schätzen wussten. Die Paletten brauchten lediglich abgeladen und die einzelnen Kartons auf kleinere Transporter umgeladen zu werden. Es war ein sicheres Geschäft – das hatte er zumindest bis zu diesem Morgen gedacht.
    Ohne auf das freundliche »Guten Morgen« der Kollegen zu hören, eilte er in sein Büro, hängte das Sakko des Anzugs, den er gewöhnlich im Büro trug, über die Lehne seines mit braunem Wildleder bezogenen Bürostuhls und griff zum Telefon. Der Winzer am Mittelmeer erklärte nach kurzem Plaudern über das Wetter, dass er die Lieferung korrekt abgefertigt habe und die Dokumente faxen würde. Jetzt ließ Philipp seinen Unmut am Disponenten der Spedition aus. Der konnte nur berichten, dass der Fahrer sich am Freitag zuletzt von der Loire gemeldet hatte, wo er in Sancerre eine Ladung übernommen hatte. Seitdem hatte man von ihm nichts mehr gehört. Man würde Philipp verständigen, sobald der Fahrer auftauchte.
    Die Strecke von dort bis nach Köln war an einem Tag zu bewältigen. Philipp kannte Frankreichs Straßen fast besser als die deutschen, er kannte ihren Zustand, die Entfernungen und die Zeit, die man für eine Strecke benötigte. Dass der Fahrer sich nicht meldete, war ungewöhnlich. Jeder besaß ein Mobiltelefon, und alle verbrachten das Wochenende lieber zu Hause als in der Schlafkabine ihres Lastzuges auf überfüllten Rastplätzen. Das Fahrverbot für Lastwagen an Wochenenden wurde in Frankreich strenger gehandhabt als in Deutschland.
    Wie ein Tiger im Käfig lief Philipp, den sonst wenig aus der Ruhe brachte, vom Schreibtisch zum Fenster, von wo aus er einen Blick auf die Einfahrt hatte. Links ging es zum Parkplatz für Mitarbeiter und Besucher, rechts an der Rampe wurden die LKWs entladen. Nach einem kurzen Blick lief er zurück zum Schreibtisch, von da aus hatte er die Rampe im Blick. Wenn eine neue Lieferung eintraf, war er gleichdarauf im Lager, um sich seine Probeflasche zu holen. Jede Sendung
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