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Mopsküsse: Roman (German Edition)

Mopsküsse: Roman (German Edition)

Titel: Mopsküsse: Roman (German Edition)
Autoren: Carin Müller , Micha Goebig
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KAPITEL 1
    Schweres Erbe
    Sehr geehrte Frau De Anna, zum Tode von Frau Elsa Fried erlaube ich mir, Ihnen mein aufrichtiges Beileid auszusprechen.
    Als Nachlassverwalter möchte ich Sie darüber hinaus auch davon in Kenntnis setzen, dass Ihre werte Großtante Sie zur Alleinerbin ihres Vermögens gemacht hat.
    Bitte melden Sie sich so rasch wie möglich bei mir, um einen Termin in meiner Kanzlei in Frankfurt am Main zu vereinbaren.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Adrian Stern
    Antonella knüllte wütend den Brief zusammen und warf ihn in die Ecke. Dabei hatte sich doch alles so vielversprechend angehört. Vor drei Tagen war dieser Brief aus Frankfurt angekommen, und selbstverständlich hatte sie sofort bei Dr. Stern angerufen. Und tatsächlich: Elsa Fried, Oma Rosis verschrobene Schwester, hatte ihr mutmaßlich ein hübsches Sümmchen hinterlassen. Details wollte der Anwalt am Telefon nicht preisgeben. »Dazu müssten Sie sich schon in meine Kanzlei bemühen«, meinte er recht verbindlich und fügte hinzu: »Je früher, desto besser!« Dieser Meinung hatte sich ihre Familie sofort und erschütternd vehement angeschlossen. Und so war sie an diesem sonnigen Tag Anfang Mai mit dem Zug von München nach Frankfurt gefahren, um das geheimnisvolle Erbe anzutreten.
    Zum Termin bei »Dr. Adrian Stern – Rechtsanwalt, Notar« kam sie nur unwesentlich zu spät. Gut, es war eine halbe Stunde, aber der Zug hatte eben etwas Verspätung gehabt, und die Strecke vom Hauptbahnhof in die Jahnstraße im Nordend hatte auf der Karte so weit nun auch nicht ausgesehen. Den Kanzleidrachen Frau Haubrock beeindruckten ihre wortreichen Entschuldigungen nur wenig. »Dr. Stern ist ein viel beschäftigter Mann!«, knurrte sie Antonella an und musterte missbilligend die Kleidung der großgewachsenen, schlanken Klientin. Dabei hatte sich Antonella extra schick gemacht für diesen wichtigen Termin. Rotes Twinset mit moderatem Ausschnitt, nicht zu kurzer Jeansrock und ihre neuen roten Sneakers, die dunklen langen Haare offen.
    Frau Haubrock aber war offenbar eine vom Leben frustrierte Person Mitte fünfzig. »Ist nicht kürzlich Ihre Tante verstorben?«
    »Schon richtig«, Antonella ignorierte den abschätzigen Tonfall und fuhr unbeeindruckt fort, »aber Tantchen war ein höchst lebensfroher Mensch und lässt sich in einer selbstgetöpferten lila Urne in der Karibik seebestatten. Trauerflor wäre also höchst unangebracht.«
    Die Sekretärin zog, pikiert über eine derart dreiste Antwort, eine Augenbraue hoch und führte Antonella wortlos in das Büro ihres Chefs.
     
    Dr. Adrian Stern bot einen erheblich erfreulicheren Anblick als sein Cerberus. Antonella schätzte ihn auf Ende dreißig, er war gut 1,90 m groß, schlank, hatte graumelierte, dunkle kurze Haare und leuchtend blaue Augen. Er sprang hinter seinem riesigen Holzschreibtisch auf und kam Antonella lächelnd entgegen. »Adrian Stern, schön, dass Sie es einrichten konnten.« Er reichte ihr seine warme, kräftige Hand.
    »Antonella De Anna – ich freue mich!«, sagte sie mit eindeutigem Flirttimbre in der dunklen Stimme. Die meisten Männer fraßen ihr spontan aus der Hand, und dieser hier schien keine Ausnahme zu sein.
    »Schöner Name, Sie sind Italienerin?«, fragte er charmant.
    »Halbitalienerin.«
    Der Anwalt antwortete mit freudigem Lächeln und in fließendem Italienisch : »Schön, dann können wir ja auch den Nachlass auf Italienisch besprechen. Was halten Sie davon? Ich würde mich jedenfalls sehr freuen, endlich wieder meine eingerosteten Sprachkenntnisse auspacken zu können. Sind Sie hungrig? Wir könnten ins Fontana di Trevi gehen, ein hervorragendes Restaurant ganz in der Nähe.«
    Hilfe, was sollte das denn? Antonella geriet in Panik. Ihr Gegenüber sprach offensichtlich richtig gut Italienisch – im Gegensatz zu ihr! Zwar war sie in der Tat Halbitalienerin, aber ihre Eltern hatten sich getrennt, als sie vier war, und Papa war wieder nach Mailand zurückgegangen. Von zweisprachiger Erziehung also keine Spur. Die paar Brocken, die sie aufgeschnappt hatte, kamen von ihren beiden älteren Brüdern. Und die hatten ihr von klein auf hauptsächlich Flüche und alberne Sprüche beigebracht. Was hatte Adrian Stern wohl gesagt? Sie konnte in gar keinem Fall zugeben, dass sie ihn nicht verstanden hatte. Da war irgendwas mit »Fontana di Trevi« vorgekommen, und »ristorante« hatte er eindeutig auch gesagt. »Ich ziehe es vor, Deutsch zu sprechen, wenn ich in Deutschland bin«, sagte
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