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Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds
Autoren: P Grote
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schlug die Neue sofort die Augen nieder, als wäre sie ertappt worden.
    Sie ist eine Katze, fuhr es ihm durch den Kopf, sie hat die Augen einer Katze, schmal, hintergründig. Eine Katze kommt und geht, wann sie will, und nicht, wenn man sie ruft. Sie holt sich ein Streicheln ab, verlangt herrisch nach Futter, beugt sich dann gnädig über den Napf, streicht einmal kurz um die Beine – und verschwindet. Nein, was für ein dummes Zeug, sie ist eine Frau, sagte er sich, eine, die mir ziemlich gut gefällt.
    Langer, fast stolz auf seine Eroberung, erzählte irgendwas aus Helena Schillings Vorleben und über ihren beruflichen Hintergrund, was Philipp in keiner Weise interessierte. Ein Irrtum wurde ihm allerdings rasch bewusst: Sie war nicht der Typ der verwöhnten Ehefrau, dazu sprach sie hier vor den Anwesenden viel zu klar und strukturiert. Philipp stellte sich vor, wie sie aussehen mochte, wenn sie das dunkelbraune Haar löste, das im Nacken zusammengesteckt war. Hatte er sich verhört? Es drangen nur Wortfetzen zu ihm durch. Ihre Eltern waren Winzer gewesen? Sie stammte vom Kaiserstuhl? Dann verstand sie einiges vom Wein, das zumindest sollte man voraussetzen. Wenn das so war   ... na ja, was dann? Dann hätte er ein Thema, um sie anzusprechen. Vom Kaiserstuhl wusste er so gut wie nichts und konnte eine Frage an die andere reihen und sie dabei anschauen   ...
    Helena Schilling mochte für die Firma eine Bereicherung sein, für Philipp und seine Fantasie war sie es allemal. Er fragte sich, wie er ihr in Zukunft bei seinem Gefühlswirrwarr gegenübertreten sollte, ohne eine Antwort zu finden. Er schreckte auf, als Langer seinen Namen nannte, und brauchte einen Moment, bis er begriff, dass jeder Anwesende einen kurzen Abriss seiner Tätigkeiten gab, und sein Beitrag wurde entsprechend konfus.
    »Ich, äh, ich – suche hier nur die Weine aus.«
    Die Mitglieder der Runde betrachteten ihn mit Befremden. Mochten sie es als Desinteresse werten, ihm war es egal, er hatte sowieso einen Sonderstatus. Er galt im Hause als Künstler. Er war der Pfadfinder, vielleicht auch der Narr, bei dem nichts mit einem normalen Maßstab gemessen wurde. Ihm sah man vieles nach, doch dass ihm die Worte fehlten, war neu.
    Langer und Frau Schilling saßen vor ihnen wie ein Geschwisterpaar, das sich zukünftig die Macht teilen würde. Dabei war sie ganz Dame – dezent und elegant in ihrem hellbraunen Kostüm. Ein Ausdruck von Verbindlichkeitspielte um ihre leicht gespitzten Lippen, als würde sie bescheiden und doch von einer gewissen Warte herab die Worte ihrer zukünftigen Kollegen aufnehmen. Sie wirkte beileibe nicht wie ein Scheidungsopfer, schon gar nicht wie eine sitzengelassene Ehefrau. Sie mutete eher an wie jemand, der angetreten war, Langer in seine Schranken zu weisen.
    Immer bemüht, dass sich ja ihre Blicke nicht kreuzten, betrachtete er ihre Hände. Es waren Hände zum Zupacken, beinahe bäuerlich, von der äußeren Erscheinung das Einzige, was auf den familiären Ursprung verwies. Sie wirkten kräftiger als seine, denen jedoch sah man die Gartenarbeit an. Er mochte keine Ringe, sie hätten ihn gestört, er hatte nie einen getragen. Schmuck gefiel ihm nur an Frauen, wenn sie damit nicht behängt waren. Er betrachtete seine Hände, die schmalen Finger, Künstlerhände, wie mal jemand gesagt und ihn für einen Feingeist gehalten hatte. Im Vergleich zu ihm hatte Helena Schilling Pranken, es war die Form, die den Eindruck hervorrief. Als man sich erhob, sah er, dass sie kleiner war als vermutet, die Nadelstreifen ihres Kostüms machten sie größer.
    Er gab ihr die Hand. »Auf gute Zusammenarbeit«, sagte er wie in Trance, dabei hätte er sie lieber gefragt, ob sie mit ihm jetzt auf der Stelle ins Café Schmitz kommen würde. Er war überzeugt, dass sie Jugendstil mochte, sie war der Typ dafür. Da sie bereits länger in Köln wohnte, kannte sie das Café sicherlich. Er hatte die Frage auf der Zunge, aber sein Sinn für die Wirklichkeit rettete ihn vor dieser Dummheit. Der Händedruck schien ihm endlos. Die Gelegenheit fürs Schmitz würde sich ergeben, ihr Thema würde der Kaiserstuhl sein, und er wollte zur Tür hinausgleiten, als hätte er Schaum unter den Sohlen. Langers Hand an der Schulter und seine eindringliche Stimme, die außer ihm niemand hören sollte, holte ihn aus seinem Schwebezustand.
    »Lassen Sie uns zusammen Essen gehen. Soweit ich weiß,haben Sie heute keinen weiteren Termin. Mir wäre es lieb, wenn wir
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