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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le
Autoren: Schatten von gestern (Smiley Bd 1)
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diesem Zweck hatte er sich leere, entseelte Automaten, wie Mundt einer war,
geschaffen. Mundt hatte genauso kein Gesicht wie Dieters Armee, er war ein
gedrillter Mörder und entstammte der besten Mörderrasse.
    Er hob das
Telefon ab und nannte seine Nummer. Es war Mendel.
    »Wo sind
Sie?«
    »In der
Nähe vom Chelsea Embankment. In einem Gasthaus, das >Der Ballon< heißt,
in der Lots Road. Der Wirt ist ein alter Freund von mir. Ich habe ihn
herausgeklopft. . . Hören Sie zu, Elsas Freund ist in einem alten Hausboot bei
der Getreidemühle in Chelsea in Deckung gegangen. Es ist ein wahres Wunder, wie
er sich in diesem Nebel zurechtgefunden hat. Muß irgendwie mit dem Braillesystem
seinen Weg ausfindig gemacht haben.«
    »Wer?«
    »Ihr
Freund, ihre Eskorte im Theater. Wachen Sie auf, Mr. Smiley. Was ist los mit
Ihnen?«
    »Sie sind
Dieter nach?«
    »Natürlich
hab' ich das getan. Das haben Sie doch zu Mr. Guillam gesagt, nicht wahr? Er
sollte sich an die Frau halten und ich den Mann übernehmen . . . Wie ist es
denn übrigens Mr. Guillam ergangen? Wo ist Elsa hin?«
    »Sie ist
nirgends mehr hingekommen. Sie war schon tot, wie Dieter weggegangen ist.
Mendel, sind Sie noch da? Hören Sie, wo um Gottes willen kann ich Sie finden?
Wo ist das? Weiß die Polizei davon?«
    »Sie wird
es erfahren. Sagen Sie ihr, daß er in einem umgebauten Landungsboot ist, das Sunset Haven heißt. Es liegt auf der Ostseite der Sennen-Werft, zwischen den
Getreidemühlen und dem Kraftwerk von Fulham. Sie wird es schon finden . . .
aber der Nebel ist dicht, denken Sie daran, der Nebel ist sehr dicht.«
    »Wo kann
ich Sie denn treffen?«
    »Fahren
Sie schnurgerade durch bis zum Fluß. Ich werde Sie am nördlichen Ufer der
Battersea Bridge erwarten.«
    »Ich
komme, so schnell ich kann, sobald ich Guillam angerufen habe.«
    Irgendwo
hatte er ein Schießeisen, und einen Moment lang dachte er daran, es zu suchen.
Aber dann kam es ihm irgendwie sinnlos vor. Außerdem, dachte er grimmig, würde
der Teufel los sein, wenn er es benutzte. Er rief Guillam in seiner Wohnung an
und erzählte ihm, was Mendel berichtet hatte: »Außerdem, Peter, müssen Sie
alle Häfen und Flugplätze überwachen. Verfügen Sie, daß der Verkehr auf dem
Fluß und alle Schiffe, die auslaufen, besonders bewacht werden. Sie werden
schon wissen, wie.«
    Er zog
einen alten Regenmantel und ein Paar dicke Lederhandschuhe an und ging schnell
in den Nebel hinaus.
    Mendel
erwartete ihn an der Brücke. Sie nickten einander zu, und dann führte ihn
Mendel rasch das Embankment entlang, wobei er sich nahe am Fluß hielt, um den
Bäumen auszuweichen, die längs der Straße standen. Plötzlich blieb Mendel
stehen und ergriff warnend Smileys Arm. Sie rührten sich nicht und horchten.
Dann hörte es auch Smiley. Es war das hohle Echo von Schritten auf einem
Bretterboden. Es klang unregelmäßig, wie die Schritte eines Hinkenden. Sie
hörten das Knarren eines eisernen Tores, das Geräusch, das beim Schließen
entstand, und dann wieder die Schritte, die jetzt auf dem Gehsteig fester
klangen, lauter wurden und ihnen entgegenkamen. Keiner der beiden rührte sich.
Immer lauter und näher klangen sie, dann wurden sie langsamer, und es war ganz
still. Smiley hielt den Atem an und versuchte verzweifelt, einen Meter weiter
durch den Nebel zu sehen, die verharrende Gestalt wahrzunehmen, von der er
wußte, daß sie da war.
    Und dann
kam er plötzlich wie ein schweres wildes Tier dahergestürmt, brach zwischen
ihnen durch, schleuderte sie wie kleine Kinder zur Seite und rannte weiter. Er
war wieder verschwunden, und der ungleichmäßige Takt seiner Schritte wurde mit
zunehmender Entfernung immer schwächer. Sie drehten sich um und jagten ihm
nach, Mendel voran und Smiley hinterher, so gut er konnte. Das Bild, wie Dieter
mit der Pistole in der Hand aus dem nächtlichen Nebel auf sie eingedrungen
war, stand noch immer lebhaft vor seinen Augen. Vor ihm bog der Schatten
Mendels unvermittelt nach rechts ab, und Smiley folgte blindlings. Plötzlich
änderte sich der Rhythmus der Schritte zum Stampfen und Scharren eines
Handgemenges. Smiley rannte weiter, hörte den unverkennbaren Ton, wenn eine
schwere Waffe einen menschlichen Schädel trifft, und dann war er auf dem
Kampfplatz. Er sah Mendel am Boden, und Dieter, der sich über ihn beugte, holte
gerade aus, um noch einmal mit dem schweren Knauf einer automatischen Pistole
zuzuschlagen.
    Smiley war
außer Atem. Seine Lungen schmerzten ihn von dem kalten
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