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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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Die Arme - den ganzen Tag Arbeit.
    Plötzlich
wurde ihm bewußt, daß alle sehr still geworden waren. Der Barkeeper stand
reglos und lauschte. Das am Tisch sitzende alte Paar lauschte auch mit
dümmlichen Gesichtern, die sie dem Fenster zugekehrt hatten. Dann hörte er
ganz deutlich das Geräusch. Es war ein Flugzeug - noch weit entfernt, aber im
Anflug auf das Rollfeld. Er steuerte schnell auf das Fenster zu und war
halbwegs dort, als der Lautsprecher begann. Nach den ersten auf deutsch gesprochenen
Worten schwirrten die Kinder wie ein Schwarm Tauben in Richtung auf die
Empfangshalle davon. Die Leute am Tisch waren aufgestanden, die Frauen griffen
nach ihren Handtaschen, die Männer nach ihren Mänteln und Aktentaschen. Endlich
kam die englische Durchsage: Lansen war im Begriff zu landen.
    Taylor
starrte in die Nacht hinaus. Von der Maschine war nichts zu sehen. Er wartete,
während seine Angst wuchs. Es war wie der Weltuntergang, dachte er, da draußen
schien die verdammte Welt unterzugehen. Angenommen, Lansen machte Bruch.
Angenommen, sie fanden die Kameras. Jetzt wünschte er, ein anderer hätte die
Sache übernommen. Woodford zum Beispiel. Ja, warum hatte es nicht Woodford
selbst übernommen? Oder wenigstens den überschlauen Universitätsknaben Avery
geschickt? Der Wind wehte kräftiger. Er hätte schwören können, daß der Wind
viel stärker geworden war. Taylor sah es an der Art, wie er den Schnee
aufwirbelte und über die Landebahn trieb, wie er an den Signallampen rüttelte,
weiße Schneefahnen in die Höhe trieb und sie wie verhaßte Gebilde wieder
beiseite fegte. Eine Sturmbö schlug plötzlich gegen das Fenster und ließ ihn
erschreckt zurückfahren. Eiskörner prasselten gegen die Scheibe, und das Holz
des Fensterrahmens knarrte. Wieder sah er auf die Uhr. Diese Geste war Taylor
zur Gewohnheit geworden. Es schien ihm das Warten leichter zu machen.
    Unter
diesen Umständen würde Lansen es nie schaffen, nie im Leben.
    Sein Herz
stockte. Er hörte die Sirenen, die sich von einem sanften Wimmern zu klagendem
Geheul steigerten - alle vier Wagen ließen ihre Sirenen gemeinsam über das
gottverlassene Flugfeld heulen; es klang wie der Schrei verhungernder Tiere.
Feuer! Das Flugzeug mußte in Flammen sein. Er hatte Feuer an Bord und war im
Begriff, einen Landeversuch zu unternehmen. Taylor blickte voll Entsetzen um
sich, ob es nicht jemanden gab, der ihm Näheres hätte sagen können.
    Neben ihm stand der Barkeeper und
polierte ein Glas, während er durch die Scheibe hinaussah. »Was ist los?«
schrie Taylor ihn an. »Wozu die Sirenen?«
    »Bei schlechtem Wetter stellen sie
die Sirenen immer an«, sagte der Barkeeper. »Vorschrift.«
    »Wieso geben sie ihm
Landeerlaubnis?« fragte Taylor.
    »Sie
könnten ihn doch weiterschicken, nach Süden! Der Platz hier ist viel zu klein,
warum schicken sie ihn nicht zu einem größeren Flugplatz?« Der Barkeeper
schüttelte unbeteiligt den Kopf. »So schlecht ist der Platz gar nicht«, sagte
er mit einer Kopfbewegung in Richtung zum Rollfeld. »Außerdem ist er spät dran.
Vielleicht hat er keinen Sprit mehr.« Dann sahen sie die Maschine. Sie kam tief
auf den Platz zu, und ihre Positionslampen leuchteten abwechselnd über der
Kette der Markierungsfeuer auf, während ihre Scheinwerfer grelle Lichtstreifen
auf die Rollbahn warfen. Dann war sie auf dem Boden und sicher gelandet, und
sie hörten das Dröhnen ihrer gedrosselten Motoren, als die Maschine über die
Landebahn bis zum Standplatz vor dem Gebäude heranzurollen begann.
    Die Bar
hatte sich geleert. Taylor war der einzige Gast. Er bestellte einen Drink. Er
kannte seine Rolle: einfach in der Bar sitzen bleiben, hatte Leclerc gesagt.
Lansen werde ihn an der Bar treffen. Er wird einige Zeit brauchen, mußte ja
seinen Papierkram erledigen, die Kameras wegräumen. Taylor hörte, wie die
Kinder unten sangen. Eine Frauenstimme führte sie. Warum, zum Teufel, mußten
Kinder und Weiber um ihn sein? Was er hier gerade zu tun im Begriff war, war
schließlich Männersache. Oder nicht? Mit fünftausend Dollar und einem falschen
Paß in der Tasche. »Jetzt gibt es keine Flüge mehr«, sagte der Barkeeper. »Sie
haben den Flugplatz für heute gesperrt.« Taylor nickte. »Ich weiß. Es ist
verdammt scheußlich da draußen. Scheußlich.«
    Der
Barkeeper war im Begriff, die Flaschen wegzuräumen. »Es bestand keine Gefahr«,
sagte er besänftigend. »Kapitän Lansen ist ein ausgezeichneter Pilot.«
    Er
zögerte, weil er nicht wußte,
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