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Calling Crystal

Calling Crystal

Titel: Calling Crystal
Autoren: Joss Stirling
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Rache gut sein, außer dass eine Familienfehde fortgeführt wird, die niemals hätte beginnen sollen.«
    Der Mann blickte Diamond nachdenklich an, dann nickte er. »Ja, Sie haben recht!« Er rieb sich die Handgelenke, als wäre er gerade von Fesseln befreit worden. »Aber ich schulde ihr auch nichts. Ich gehe jetzt. Kommt jemand mit?«
    In Anbetracht der mehrstimmigen Antwort würde sich die Contessa wohl bald ganz neues Hauspersonal suchen müssen. Nur Alberto wirkt unschlüssig. Meiner Meinung nach war es nicht richtig, dass er sich für jemanden verantwortlich fühlte, der sein Leben dermaßen lange beschnitten hatte.
    »Machen Sie schon«, drängte ich ihn. »Ich werde dafür sorgen, dass sich jemand um sie kümmert. Sie hat noch immer Freunde in der Stadt – der Pfarrer ihrer Gemeinde wird alles in die Wege leiten, wenn ich ihn darum bitte.«
    »Was wollen Sie ihm denn erzählen, Signorina? Er wird nicht glauben, dass sie ist, was sie ist.« Mit Freude beobachtete ich, wie Alberto der Schalk aus den Augen blitzte; sein wahres Ich kam allmählich wieder auf die Beine.
    »Sie hatten natürlich einen Streit wegen Ihres Lohns und aus Solidarität haben alle gleichzeitig gekündigt. Das wird niemand weiter hinterfragen.«
    »Danke. Für alles.« Er hielt einen Moment inne. »Und wenn ich Sie darum bitten würde, unsere Seelenspiegelzu finden, würden Sie das tun? Selbst nach dem, was wir Ihrer Familie angetan haben?«
    Ich vermutete, das war erst der Anfang von vielen Anfragen dieser Art. »Natürlich. Und Sie haben nichts getan, wofür Sie sich entschuldigen müssten, schließlich waren Sie für Ihr Handeln nicht verantwortlich. Also, Sie wissen, wo Sie mich finden können.« Das war das wenigste, was ich für die Menschen tun konnte, die wohl am schlimmsten unter dem Wahnsinn der Contessa gelitten hatten.
    Xav nahm meine Hand. »Komm, lass uns mal nach der Contessa sehen. Ich brauche dich zum Übersetzen.«
    Wir fanden sie im Bett vor; sie saß aufrecht da und starrte mit leerem Blick aus dem Fenster. Es war ein Himmelbett mit staubigem Stoffbehang. Die Vorhänge waren aus verblasster roter Seide. Ihre Augen huschten zur Tür, als wir eintraten, dann wanderte ihr Blick zurück zu der Aussicht auf den Glockenturm vom Markusplatz.
    »Ach, du bist es. Bist du gekommen, um mich um Hilfe anzubetteln?«
    Ich folgte ihrer Blickrichtung. Auf dem mit einem Spitzendeckchen versehenen Tischchen am Fenster standen Fotos von ihr und ihrem Mann in glücklicheren Tagen. Sie hielt ein Medaillon in der Hand, dessen Goldkette bis auf die Bettdecke fiel. Ich war mir sicher, dass der Anhänger eine weitere Erinnerung an ihren Mann enthielt.
    »Ja, ich bin’s. Das hier ist Xav Benedict – Sie haben sich noch nicht richtig kennengelernt.« Ich spähte inden Wasserkrug an ihrem Bett. »Brauchen Sie irgendwas?«
    »Ich werde dir nicht helfen. Ich werde nicht rückgängig machen, was ich getan habe. Das kann ich nicht …«
    »Ich hätte auch nicht gedacht, dass Sie das tun würden. Aber ich habe es selbst geschafft.«
    »Tatsächlich?« Sie sah mich fragend an.
    »Es war nicht ganz einfach.«
    »Ich habe gedacht, das sei unmöglich.«
    »Nein, das war’s nicht. Ich habe auch Ihre Hausangestellten wiederhergestellt.«
    Sie sank in die Kissen zurück, ihr Gesicht zeichnete sich grau gegen den weißen Stoff ab. »Vielleicht war es an der Zeit. Sollte ich mich jetzt darauf gefasst machen, in meinem Bett ermordet zu werden?«
    »Es war allerhöchste Zeit. Und nein, sie sind nicht auf Rache aus.« Ich goss ihr ein Glas Wasser ein. »Sie hätten das niemals tun dürfen.«
    Xav trat an ihr Bett heran. Sie zuckte zusammen, als würde sie einen Schlag erwarten.
    Er hielt ihr eine Hand hin. »Darf ich?«
    »Xav ist ein Heiler. Er wird Ihnen nicht wehtun.«
    Sie schob ihre Hand ein Stück an ihn heran, was er als Erlaubnis betrachtete. Er schloss die Augen und untersuchte sie mithilfe seiner Begabung.
    »Ihnen fehlt im Grunde nichts, wenn man Ihr Alter bedenkt. Ich glaube, Sie sind einfach nur müde, Contessa«, sagte er.
    »Ja, ich bin müde.« Sie zog ihre Hand weg. »Des Lebens müde.«
    Müde und einsam, dachte ich. »Soll ich Ihnen jemanden vorbeischicken?«
    »Da gibt es niemanden, den du mir schicken könntest. Mein Sohn sitzt im Gefängnis.«
    »Und seine Familie?«
    »Der liegt nichts an mir. Denen liegt nur etwas daran, mein Geld zu erben.«
    »Ich werde den Pfarrer fragen, ob er Sie besuchen kommt.«
    Sie nickte. »Ja, bitte Pater
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