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Family Job

Family Job

Titel: Family Job
Autoren: Allan Guthrie
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FIESE NACHT
22.30 UHR
BEI FRASER
    Das Letzte, was Fraser Savage zu sehen erwartete, als er die Tür zu seinem Wohnzimmer öffnete, war ein Toter. Die Leiche, die in einer Wanne aus rostfreiem Stahl auf einem Plastiktuch mitten auf dem Fußboden steckte, war nackt und eindeutig männlich, auch wenn sie mit dem Kopf nach unten lag.
    »Wer ist ’n das, verfluchte Scheiße?«
    Fraser schüttelte langsam den Kopf. Der Leichnam hatte blasse Haut. Einen behaarten Hintern. Die Leibesmitte war speckig.
    Heilige Scheiße noch mal, das war doch nicht etwa …
    Frasers Zehen und Finger begannen zu kribbeln, und sein Magen krampfte sich zusammen. Auf einmal schien er viel mehr getrunken zu haben als die beiden Pints Bier, die er sich zuvor am Abend genehmigt hatte. Und die drei – oder waren’s vier? – Lines machten die Sache auch nicht besser. Schweiß lief ihm über den Rücken. Seine Nase lief ebenfalls. Er wischte sie mit dem Handrücken ab.
    »Ich glaub, das könnte Onkel Phil sein«, sagte er.
    »Hat er irgendwelche besonderen Kennzeichen?«, fragte Effie. »Tattoos? Narben?«
    »Ich glaub nicht.«
    Er erschauerte. Nicht dass ihm kalt gewesen wäre. Erfühlte sich, als hätte er sich die Seele aus dem Leib gekotzt und nun war nichts mehr übrig. Ein weiterer Schauder überlief ihn.
    War das sein Onkel? Die gleiche wächserne, bleiche Haut wie bei allen Rotblonden, mehr oder weniger die gleiche Figur.
    Aber er hatte Onkel Phil noch nie nackt gesehen. Vielleicht hätte er ihn an den Haaren identifizieren können, dem rotblonden Schopf, doch das war nicht drin. Vielleicht hatte die Leiche ja rotblonde Sackhaare. Obwohl auch das nicht zwangsläufig hieß, dass es sich um Onkel Phil handelte. Es gab jede Menge armer Schweine mit rotblonden Sackhaaren. Vielleicht war seine Haut ja nur so extrem blass, weil er so viel Blut verloren hatte, und er war in Wirklichkeit gar nicht rotblond.
    Fraser konnte ihn auf den Rücken drehen, um es rauszufinden.
    Na klar, Spitzenidee. Er hielt sich nicht lange mit dem Gedanken auf.
    Es gab einen guten Grund für den Waschzuber. Es gab einen guten Grund dafür, dass Fraser so speiübel war. Es gab einen guten Grund dafür, dass Fraser keine Lust hatte, ihn umzudrehen.
    Jemand hatte der armen Sau den Kopf abgesäbelt.
    Und der war nirgends zu sehen.
    »Hier, trink.«
    Er nahm das Glas Wodka von Effie, in dem die Flüssigkeit schwappte, weil seine Hand so zitterte. Er hielt sie mit der anderen Hand ruhig und kippte den Wodka runter. Er brannte angenehm in der Kehle. Er gab ihr das Glas zurück, und sie schenkte ihm noch einen ein. Er nahm ihn, trank. Jetzt war ihm schon wärmer, weniger fröstelig, die Hand nicht mehr so zittrig.
    Effie schien das Ganze überhaupt nicht zu jucken. Fastals sei sie’s gewöhnt, bei ihren Freunden zu Hause über Leichen zu stolpern.
    Genau genommen war er gar nicht so richtig ihr Freund. Aber sie hatten sich gut verstanden, und vielleicht wäre heute Nacht ja was gelaufen. Jetzt garantiert nicht mehr. Eine kopflose Leiche war der absolute Lustkiller.
    Junge, er musste endlich erwachsen werden.
    Reife, das war es. Fraser war fünfundzwanzig. Effie musste so um die dreißig sein. Er hatte sie nicht gefragt, aus Angst, alles zu versauen. Auf jeden Fall hatte sie mehr Erfahrung als er, und deshalb bewahrte sie auch so viel gekonnter die Fassung.
    Obwohl es, egal, wie alt sie war, unwahrscheinlich war, dass sie schon mal ’ne nackte, kopflose Leiche gesehen hatte.
    Und doch musste Fraser unwillkürlich daran denken, wie sie sich vorgestellt hatte, als sie einander zum ersten Mal begegnet waren. Sie trug eine rückenfreie orangefarbene Ton-in-Ton-Bluse, ein kariertes Kopftuch, Sandalen, fast hippiemäßig. Behauptete, die Kälte würde ihr nichts ausmachen, wenngleich ihre Brustwarzen sie Lügen straften.
    Das war nicht mal eine Woche her.
    »Effie«, hatte Fraser gesagt und ihr die Hand geschüttelt, die sich kühl angefühlt hatte. »Hübscher Name. Und was machst du so?«
    Sie grinste ihn an, und winzige Fältchen erschienen um ihre Augen. »Ich bring Leute um«, hatte sie erwidert.
    Fraser packte lachend ihre Hand fester. Spielte mit. »So was wie ’n Söldner oder so?«
    Effie drückte ihm fest die Finger zusammen und entzog dann die Hand seinem Griff.
    Man konnte auf den ersten Blick sehen, dass sie zu einem Auftragskiller nicht das Zeug hatte. Sie war ja kaum größer als eins fünfzig.
    Aber, fragte Fraser sich jetzt, da er die Wanne in seinem Wohnzimmer
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