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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End
Autoren: Jennifer Worth
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auch auf den meilenweiten Strecken zu Fuß die Treppen und Galerien der Wohnblocks hinauf und hinunter.
    Das Bett ist bereits zuvor hergerichtet worden. Ein vorbereitetes Geburtspaket hat der Ehemann ein, zwei Wochen vor dem Termin abgeholt. Es enthält Entbindungsunterlagen – wir nennen sie »Bunnies« –, breite saugfähige Tücher zum Wegwerfen und nicht saugfähiges braunes Papier. Dieses braune Papier sieht lächerlich altmodisch aus, aber es erfüllt genau seinen Zweck. Es bedeckt das ganze Bett, all die Tupfer und Tücher können daraufgelegt werden und nach der Entbindung wird alles darin zusammengepackt und verbrannt.
    Die Wiege steht bereit. Eine größere Waschschüssel ist da, und unten wird literweise Wasser erhitzt. Es gibt kein fließend heißes Wasser im Haus und ich frage mich, wie man all das geschafft hat, als es noch überhaupt keine Wasserleitungen gab. Die Leute müssen die ganze Nacht über beschäftigt gewesen sein, Wasser von draußen zu holen und es heiß zu machen. Wo eigentlich? Auf dem Herd in der Küche, in dem die ganze Zeit über ein Feuer brennen musste – ein Kohlenfeuer, wenn sie es sich leisten konnten, ansonsten ein Feuer aus Treibholz.
    Aber ich habe keine Zeit, dazusitzen und nachzudenken. Oft kann man bei einer Geburt die ganze Nacht lang warten, aber irgendwie spüre ich, dass es hier anders sein wird. Die zunehmende Stärke und Häufigkeit der Wehen zeigt mir hier bei Muriels viertem Baby, dass es nicht mehr lange bis zur zweiten Phase dauern wird. Die Wehen kommen nun alle drei Minuten. Wie viel wird sie noch ertragen können; wie viel können Frauen überhaupt ertragen? Plötzlich platzt die Fruchtblase und das Fruchtwasser tränkt das Bett. So gefällt es mir. Wenn die Fruchtblase zu früh platzt, werde ich ein bisschen nervös. Nachdem die Wehe vorbei ist, wechsele ich mit der Mutter so schnell wir können die triefende Bettwäsche. Muriel kann zu diesem Zeitpunkt das Bett nicht mehr verlassen, also müssen wir sie auf die Seite drehen. Mit der nächsten Wehe sehe ich den Kopf. Jetzt ist äußerste Konzentration gefragt.
    Mit animalischem Instinkt fängt sie an zu pressen. Eine Mehrfachmutter kann den Kopf oft innerhalb von Sekunden herauspressen, aber das möchte man nicht. Jede gute Hebamme versucht zu bewirken, dass der Kopf langsam und stetig austritt.
    »Muriel, ich möchte, dass du dich nach dieser Wehe auf deine linke Seite drehst. Versuch jetzt nicht zu pressen, solange du noch auf dem Rücken liegst. So ists gut, dreh dich zur Wand um, Schatz. Zieh dein rechtes Bein hoch, Richtung Kinn. Atme tief durch und atme dann genau so weiter. Deine Schwester hilft dir.« Ich lehne mich über das niedrige durchhängende Bett. In dieser Gegend scheinen alle Betten durchzuhängen, denke ich. Manchmal muss ich Babys auf meinen Knien zur Welt bringen. Aber keine Zeit für Gedanken, eine weitere Wehe kommt.
    »Tief atmen; ein bisschen pressen, aber nicht zu fest.« Die Wehe lässt nach und ich höre mir wieder das Herz des Fötus an: 140 diesmal. Immer noch recht normal, aber der schnellere Herzschlag zeigt, was das Baby bei seiner Geburt durchmacht. Noch eine Wehe.
    »Jetzt ein klein wenig pressen, Muriel, aber nicht zu fest, gleich haben wir dein Baby auf der Welt.«
    Sie ist außer sich vor Schmerzen, aber eine Art verzweifelt-erhabenes Gefühl überkommt eine Frau während der letzten Momente einer Geburt und die Schmerzen scheinen nicht wichtig zu sein. Noch eine Wehe. Der Kopf kommt jetzt schnell, zu schnell.
    »Nicht pressen, Muriel, nur hecheln – einatmen und aus – schnell, genau so weiterhecheln.«
    Ich halte den Kopf zurück, sodass er nicht herausschießen und dabei einen Dammriss verursachen kann.
    Es ist sehr wichtig, den Kopf vorsichtig zwischen den Wehen herauszuführen, und während ich ihn zurückhalte, merke ich, wie ich schwitze – vor Anstrengung und Konzentration, durch die Hitze und die Intensität des Moments.
    Die Wehe geht, ich entspanne mich ein wenig und höre noch einmal auf das Herz des Fötus – immer noch normal. Die Geburt steht kurz bevor. Ich lege den Ballen meiner rechten Hand unter den geweiteten Anus und drücke fest und gleichmäßig nach vorne, bis der Scheitel ganz aus der Scheide heraustritt.
    »Mit der nächsten Wehe wird der Kopf geboren, Muriel. Ich möchte jetzt, dass du gar nicht mehr presst. Überlass alles einfach deinen Bauchmuskeln. Du musst nur noch versuchen, dich zu entspannen, und wie verrückt hecheln.«
    Ich mache
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