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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End
Autoren: Jennifer Worth
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Nonnatus übernommen, dem Schutzpatron der Hebammen und Geburtsmediziner, der schwangeren Frauen, der Geburt und der Neugeborenen. Er kam 1204 in Katalonien, einem Teil Spaniens, per Kaiserschnitt zur Welt (»non natus« ist Lateinisch für »nicht geboren«). Seine Mutter starb kaum verwunderlich bei seiner Geburt. Er wurde Priester und starb 1240.

Ruf die Hebamme
    Wieso habe ich mir das bloß eingebrockt? Ich muss verrückt gewesen sein! Dutzende andere Berufe hätte ich ergreifen können – Mannequin, Flugbegleiterin, Stewardess auf einem Schiff. Vor meinem inneren Auge stelle ich sie mir vor, all diese glamourösen, gut bezahlten Jobs. Nur eine Idiotin konnte beschließen, Krankenschwester zu werden. Und jetzt sogar Hebamme …
    Morgens halb drei. Noch halb im Schlaf kämpfe ich mich in meine Tracht. Nur drei Stunden Schlaf nach einem Siebzehn-Stunden-Tag. So möchte doch niemand arbeiten! Draußen ist es eisig und es regnet. Im Nonnatus House ist es schon kalt genug, aber im Fahrradschuppen erst recht. Ich schramme an einem anderen Fahrrad entlang und schürfe mir das Knie auf. Aus reiner Gewohnheit beiße ich die Zähne zusammen, klemme meine Entbindungstasche aufs Rad und schiebe es hinaus auf die verlassene Straße.
    Einmal um die Ecke, dann in die Leyland Street, quer über die East India Dock Road und weiter zur Isle of Dogs. Der Regen hat mich munter gemacht und durch das gleichmäßige Treten werde ich wieder ruhig. Warum nur bin ich Krankenschwester geworden? In Gedanken reise ich fünf, sechs Jahre zurück. Berufung war es sicher nicht, keine Spur von dem brennenden Verlangen, Kranken zu helfen, das Schwestern angeblich empfinden. Was war es dann? Liebeskummer, sicher, das Bedürfnis auszubrechen, die Herausforderung, die sexy Tracht mit Kragen und Manschetten, schmaler Taille und dem neckischen Käppchen. Aber waren das echte Gründe? Ich weiß es nicht mehr. Sexy Tracht, ha, von wegen, denke ich bei mir, während ich so durch den Regen strample und mir die Kappe über beide Ohren ziehe. Sehr sexy.
    Dann über die erste Drehbrücke, die zu den Trockendocks führt. Den ganzen Tag über herrschen hier Lärm und Geschäftigkeit, wenn die großen Schiffe beladen und entladen werden. Tausende von Männern schuften ohne Rast: Werft- und Hafenarbeiter, Fahrer, Lotsen, Seeleute, Mechaniker und Kranführer. Jetzt ist es ruhig in den Docks, nur das Plätschern des Wassers ist zu hören. Und es ist stockfinster.
    Nun vorbei an den Behausungen, wo Tausende von Menschen in ihren kleinen Zweizimmerwohnungen schlafen, wohl vier oder fünf in einem Bett. Zwei Zimmer für eine Familie mit zehn oder zwölf Kindern. Wie schaffen sie das bloß?
    Ich radele weiter, denn ich muss zu meiner Patientin. Zwei Polizisten winken und rufen mir einen schnellen Gruß zu. Diese Begegnung baut mich wieder auf. Ein tiefes Verständnis verbindet Krankenschwestern und Polizisten, besonders im East End. Es ist doch interessant, dass sie zum gegenseitigen Schutz immer zu zweit sind. Nie sieht man einen einzelnen Polizisten. Doch wir Schwestern und Hebammen gehen oder radeln immer allein. Uns würde niemand etwas tun. So tief ist der Respekt, ja die Verehrung, die selbst der härteste, zäheste Docker für die Hebammen des Bezirks empfindet, dass wir alleine gehen können, wohin wir möchten, ob Tag oder Nacht, ganz ohne Angst.
    Die dunkle, unbeleuchtete Straße liegt vor mir. Sie führt in einem Stück rings um die Halbinsel, von ihr aus zweigen schmale Sträßchen ab, die sich kreuzen und an denen Tausende Reihenhäuser liegen. Die Ringstraße strahlt etwas Romantisches aus, denn das Geräusch des Flusses ist ein ständiger Begleiter.
    Schon bald biege ich von der West Ferry Road in eine der Seitenstraßen ab. Ich kann das Haus meiner Patientin sofort sehen – es ist das einzige, in dem Licht brennt.
    Offenbar steht drinnen eine ganze Abordnung von Frauen zu meinem Empfang bereit, die Mutter der Patientin, ihre Großmutter (oder waren es zwei Großmütter?), zwei, drei Tanten, Schwestern, beste Freundinnen, eine Nachbarin. Na Gott sei Dank ist Mrs Jenkins diesmal nicht hier, denke ich.
    Irgendwo im Hintergrund, verdeckt von dieser mächtigen schwesterlichen Versammlung, wartet ein einsamer Mann, der Urheber des ganzen Aufruhrs. Mir tun die Männer in dieser Situation immer leid. Sie wirken so sehr an den Rand gedrängt.
    Der Lärm und das Schwatzen der Frauen umfangen mich wie eine Decke.
    »Hallo Liebes, wie gehts dir? Bist ja flott
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