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Tod auf der Fähre (German Edition)

Tod auf der Fähre (German Edition)

Titel: Tod auf der Fähre (German Edition)
Autoren: Anne Gold
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1. Kapitel
    Der Fährimann tastete sich die steilen Stufen zum Landungssteg hinunter. Das Boot schwankte in der starken Strömung unruhig hin und her. Es war Ende Juni. Der Sommer hatte mit sintflutartigen Regenfällen und Temperaturen um die zwanzig Grad begonnen. Der Pegel des Rheins stand bereits so hoch, dass die Schifffahrt seit zwei Tagen eingestellt worden war. Zum Glück kam das nicht allzu oft vor. Denn Peter Tobler liebte seinen Beruf. Diese wohl tuende Ruhe, das stete Gleiten und immerwährende Fliessen, das konnte er mit Worten nicht beschreiben. An normalen Arbeitstagen gehörte die allererste Fahrt ihm allein. In einer halben Stunde würde er dann die ersten Arbeiter vom St. Johannsquartier ins Klingental bringen. Die Touristen kamen erst später am Tag, meist nur bei schönem Wetter. Und genau das war nicht in Sicht. Die Wetterprognose sagte nach kurzen Aufhellungen neue starke Regenfälle auf den Mittag voraus.
    Elender Mist. Peter Tobler hatte eine unruhige Nacht hinter sich. Irgendetwas machte ihn nervös und trieb ihn trotz Hochwasser auf seine Fähre. Er schlurfte vorsichtig über den glitschigen Steg, griff nach seinem Schlüsselbund, um die Kette an der kleinen Holztür zu öffnen. Irritiert betrachtete er die am Boden liegende, durchtrennte Kette. Peter Tobler fluchte. Chaoten hatten sich in der vergangenen Nacht einen üblen Streich ausgedacht. Das kam öfters vor. Dieses elende Gesindel schwärmte nachts durch die Stadt und machte vor nichts Halt. Eine Schande war das! Allmählich drängten sich ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolkenwand. Auch Toblers Gesicht hellte sich etwas auf, denn seine Fähre schien keinen Schaden genommen zu haben. Keine Sprayereien, keine eingeschlagenen Scheiben. Glück gehabt. Vermutlich hatte das junge Pack nur ein paar Bierchen gekippt und sich dann wieder verzogen.
    Der Fährimann öffnete die Kabinentür. Was war das? Die Tür war nicht verschlossen. «Ich werde langsam alt und vergesslich», brummte er vor sich hin, «oder …» Tobler verschlug es die Sprache. Auf dem Boden lag ein Mann. Sein erster Schrecken wich einem Wutanfall. Ein Betrunkener, dachte er. Tobler versetzte dem Mann mit dem Fuss einen Tritt, um ihn wachzurütteln. Mürrisch, noch immer fluchend, da sich der Kerl nicht rührte, drehte er den Mann unsanft auf den Rücken und starrte in die Augen eines Toten.

2. Kapitel
    Francesco Ferrari fuhr mit dem Dreier ins Kriminalkommissariat, als sein Handy piepste. Er übersah die vorwurfsvollen Blicke seiner Mitfahrer, die ihm peinlich waren. Diskret schaltete er das Gerät auf lautlos und stieg an der nächsten Haltestelle aus. In der Hektik hatte Ferrari sein Handy ausgeschaltet. Er fluchte halblaut, gab den Code ein und wählte die Nummer seines Büros. Der Rufton erklang einige Male, dann hörte er die Stimme seines Assistenten.
    «Baer.»
    «Ferrari hier. Haben Sie vor einigen Minuten versucht, mich zu erreichen?»
    «Ja, Chef, ich habe Sie angerufen. Stimmt etwas mit Ihrem Handy nicht?»
    «Wie kommen Sie darauf?»
    «Zuerst läutete es ganz normal, dann war die Verbindung auf einmal ganz weg.»
    «Hm, ich werde es beobachten, hatte bis jetzt den Eindruck, dass es ganz gut funktioniert», brummte Ferrari in die Muschel, wenn man die kleinen Pünktchen überhaupt als solche bezeichnen konnte. «Sie rufen mich aber bestimmt nicht an, um mit mir über mein Handy zu diskutieren, oder?»
    «Nein, Chef, auf der Klingentalfähre wurde ein Toter gefunden, wahrscheinlich ermordet.»
    «Gut oder vielmehr nicht gut. Dann treffen wir uns am Rheinufer. Wo liegt die Fähre?»
    «Im Kleinbasel.»
    «Treffen wir uns …», Ferrari blickte kurz auf seine Uhr, «sagen wir in zwanzig Minuten auf der Fähre.»
    Ferrari stellte sein Handy erneut auf lautlos und versicherte sich, dass er es nicht wieder aus Versehen ausgeschaltet hatte. Ein Toter auf der Klingentalfähre. Musste das sein? Ausgerechnet an einem Ort voller Kindheitserinnerungen! Auf der Bank knieend, liess er als kleiner Junge die Hände übers Wasser gleiten und wurde für ein paar Minuten zum Kapitän einer gigantischen Piratenflotte, zum unberechenbaren Herrscher der Weltmeere, der die Seefahrernationen in Angst und Schrecken versetzte. Manche Kinderträume blieben eben nur Träume. Anstatt eines Tages als Pirat am Galgen zu enden, hatte er sich auf die Seite des Gesetzes geschlagen. Auch gut. Er schritt zügig am Gebäude der UBS vorbei, warf einen Blick in die Eingangshalle, in der ein riesiger
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