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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen
Autoren: Joachim Fernau
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hat. Ich bin in Verlegenheit. Er hat viel Pech gehabt. Die Kriege wollte er nicht, aber die Ränder des Reiches bröckelten eben, und er mußte sie halten. Aus dem Partherfeldzug brachte das Heer die Pest heim. Es wurde die schlimmste Epidemie des Altertums; ganze Landstriche Italiens verödeten. Der Zweite Markomanneneinfall war blutig ernst: die Germanen witterten den Fäulnisgeruch Roms.
    Gut war Marc Aurel als Mensch. Jedoch das ist keine große Leistung, wenn es nicht ansteckend ist.

»Wie kam ich nur aus jenem Frieden
ins Weltgetös?
Was einst vereint, hat sich geschieden,
und das ist bös.
Nun bin ich nicht geneigt zum Geben,
nun heißt es: Nimm!
Ja, ich muß töten, um zu leben,
und das ist schlimm.
Doch eine Sehnsucht blieb zurücke,
die niemals ruht.
Sie zieht mich heim zum alten Glücke,
und das ist gut.«
(Guillelmus Frutex Caesar Augustus
Imperator spiritualis).

    Und nun wollen wir eine kleine Pause machen, um uns für das Bevorstehende zu stärken.

DAS SIEBZEHNTE KAPITEL

ist voll von Mord und Totschlag — aber das genügt bei einem Volke leider nicht als Beweis, daß es geschichtlich noch lebt. Und tatsächlich, es lohnt sich nicht mehr, noch länger etwas zu verfolgen, was nicht mehr das Rom der Antike ist.

    Als Marc Aurel mit dem Prinzip der Adoptivnachfol-ger, an das man sich gewöhnt hatte, brach und seinen Sohn Commodus als Erben einsetzte, glaubte er wahrscheinlich, dem Kaisertum in dem dynastischen Gedanken eine starke Stütze zu geben. Er irrte sich. Dem Volk war das schnuppe, und der Senat, überhaupt die gesamte Nobilität, war unangenehm berührt. Jetzt, so empfand man, war man also wieder bei dem gefährlichen alten Zopf angelangt, und das im aufgeklärten Jahre 180!
    Das alte Trauma der Patrizier! Eine Einbildung, aber auch Einbildungen tun weh.
    Die und der Plebs fanden dagegen den neuen Imperator Klasse: und daß er die strahlende Jugend verkörperte, entzückte sie. Rom war senil geworden, ließ sich die Haare lang wachsen und geilte sich an der Jugend auf. Die Jugend antwortete darauf ohne Zögern mit Arroganz und Verachtung. Keiner hatte wie sie eine so weiche Haut, keiner wie sie so gesunde Zähne, keiner wie sie so pralle Hoden. Alles konnten die alten Säcke kaufen und erreichen, Jugend nicht. Jugend war nicht mehr ein biologischer Zustand, Jugend war ein Beruf. Commodus war neunzehn Jahre alt. Verheißungsvoll?
    Caligula war vierundzwanzig gewesen, Nero siebzehn. Der spätere Elagabal vierzehn!

    *

    In Commodus wiederholte sich der Fall Nero, nur auf einer viel trostloseren Basis. Neros infantiler Ehrgeiz war gewesen, ein Pindar, ein Anakreon zu werden. Commodus’ Ehrgeiz lag auf anderem Gebiet: Er war überzeugt, ein neuer Herakles zu sein. Sein Marmorbildnis im Konservatorenpalast in Rom zeigt ihn mit einem Löwenrachen auf dem Kopf und der Keule des Herkules über der Schulter. Seine Gesichtszüge sind die eines Schwächlings, der Ausdruck der Augen irre.
    Aber er war nicht irre im medizinischen Sinne, er war nur ein Aas. Er wünschte den Wachtraum eines verwöhnten, bösartigen Lümmels zu leben und seine eingebildete Einmaligkeit mit gefährlicher Gewalt durchzusetzen. Die Schmeicheleien, die er verlangte, grenzten ans Bodenlose. Jeder schiefe Blick, jedes Lächeln, jede Widerrede war lebensgefährlich. Die Menschen, die deshalb sterben mußten oder verschwanden, sind nicht zu zählen. Er mordete, wie Kinder Puppen zerschlagen — aus unvoraussehbaren Anlässen.
    Der Senat bekam Krämpfe, als Commodus die Eroberungen und Friedensabschlüsse Marc Aurels aufgab, Gesetze aufhob, Heerführer kassierte, Vermögen einzog und bald endgültig mit den Senatoren brach. Er verschwendete keine Minute darauf, zu regieren, er wünschte aber auch nicht, daß andere regierten; es reizte seine Wut.
    Er befahl, das Imperium Romanum in die Bezeichnung Orbis Commodianus zu ändern und nannte Rom nur noch Colonia Commodiana.
    Das Neujahrsfest 192 — zwölf Jahre war der Verrückte bereits an der Macht — beging er als Gladiator, das heißt, er stach aus gesicherter, gittergeschützter Stellung wilde Tiere ab, ein lächerliches Schauspiel, das seine aktuelle Mätresse Marcia zu einem verächtlichen Lachen hinreißen ließ.
    Commodus sah es. Ihr Schicksal war besiegelt. Um der Ermordung zuvorzukommen, verschwor sich Marcia mit den Prätorianern, die den Kaiser noch in der Kaserne erdrosselten.

    *

    Das war der Sohn des guten Marc Aurel.
    Das Jahr 193 brachte Rom fünf neue Kaiser. Der
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