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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen
Autoren: Joachim Fernau
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alte Senator Pertinax, einstiger Freund Marc Aurels, bezog am 1. Januar 193 den Palatin und wurde im März von den Prätorianern ermordet.
    Jetzt wurde die Krone meistbietend versteigert. Aus der Auktion ging ein reicher Herr Didius Julianus als Sieger hervor. An der Donau riefen darauf die Legionen den General Septimius Severus zum Kaiser aus, das Heer im Osten dagegen den Pescennius Niger und die Truppen in Britannien den Oberbefehlshaber Clodius Albinus.
    Als Septimius Severus vor Rom erschien, ließ der Senat seinen Didius Julianus hinrichten. 194 wurde Pescennius Niger erschlagen, etwas später Clodius Albinus getötet, der Nobelste der ganzen Bande.
    Septimius Severus, der Überlebende, hielt sich achtzehn Jahre lang. Sein Sohn Caracalla, ein reiner Verbrecher, wurde 222 von den Prätorianern ermordet.
    Sein Adoptiverbe, ein Halbsyrer, war ein Scharlatan, ein harmloser Irrer, der in Syrien Priester des Sonnengottes Heliogabal gewesen war, nach dem er sich auch Elagabal nannte. Er war ein vierzehnjähriger Tempel-Kinäde (bitte im Lexikon nachschlagen), kam mit seinem Fetisch nach Rom und gedachte, die Stadt in einen großen religiös-sexuellen Kinderspielplatz zu verwandeln. »Regieren« tat seine Großmutter, bis die Prätorianer ihn nach fünf Jahren totschlugen.
    Jetzt kam sein Vetter Alexander Severus. Wieder ein Vertreter der herrlichen Jugend. Er war vierzehn Jahre alt und ein indianerspielender Knabe. Aber allmählich wurde er älter, ohne ein Mann zu werden. 235 entledigten sich die Soldaten seiner, indem sie ihn ins Jenseits beförderten.
    Die Invasionen der »Barbaren« setzten ein. Die Germanen rollten den Limes auf, die Goten die untere Donau, die Perser Kleinasien. Die Götterdämmerung kündigte sich an.
    235 eroberte sich Maximius, ein thrakischer Bauernsohn, den Thron — die Rache Thrakiens für Spartakus! Drei Jahre später sorgte der Senat dafür, daß er erschlagen wurde.
    Der nächste war Gordianus minor, ein reizender, vornehmer Versuchsmensch von dreizehn Jahren, Püpp-chen der Plebs. Gedungene Bravos ermordeten ihn auf Geheiß des nächsten Kaisers. Sein Vater, Mitregent und anachronistischer Ehrenmann, nahm sich das Leben. Der neue Mann hieß Philippus und war der Sohn eines Araberscheichs.

    *

    So, und nun mag ich nicht mehr.
    Von vierzig Kaisern starben nur vierzehn eines natürlichen Todes.
    Auf dem geheiligten alten Forum wurde der ahnungslose alte Galba erschlagen. Dorthin schleppte man auch, halbnackt und mit einem Kälberstrick um den Hals, Vitellius, ehe man ihn erstach und seine Leiche in den Tiber warf. Caligula wurde im Circusgang ermordet; vier Kaiser auf dem Palatin. Commodus und Elagabal in den Kasernen der Gladiatoren und der Garde. Das Schwert, die Schlinge, die Fäuste und das Gift sind die Kaisermacher eines dem Untergang geweihten Volkes gewesen.
    Hören Sie die Wölfin keuchen?
    Halb blind, halb gelähmt ahnt sie die Meute derer jetzt kommen, die sie ein halbes Jahrtausend lang ge-demütigt hatte.
    Vae victis.

ACHTZEHNTES KAPITEL
Quae medicamenta non sanant, ferrum sanat; quae ferrum non sanat, ignis sanat.
Hippokrates

    Victis?
    Wieso victis? Wer nicht Krieg führt, kann nicht untergehen, nicht wahr, meine jungen Freunde?
    Die barbarischen Zeiten der Kriege, der Opfer und gestohlenen Leben, der lügnerischen Fahnen, der unrentablen Ehre und des Blut-und-Bodens waren vorbei; auf den Müll mit ihnen!
    Rom war bei seiner Gegenwart angekommen; es sah nicht vorwärts, es wußte von keinen Jahrhunderten mehr, es sah nur noch den Augenblick und fühlte nur noch den Herzschlag des Jetzt.
    Rom durchlebte die Stunde der Wahrheit, die auf die Frage Auskunft gibt: Was ist der Mensch, der die Vergangenheit und die Zukunft verleugnet? Was ist der Mensch im luftleeren Raum? Wie bitter ist die Süße der Geschichtslosigkeit?

    *

    Wenn man, von der Peripherie Italiens kommend, sich über Land Rom näherte, so begann man seine Ausstrahlung schon mehrere hundert Kilometer vorher zu spüren. Die Bauernhäuser hielten die Tore geschlossen, die Güter waren bewehrt, die Pferde in bewachten, verborgenen Arealen. Kurz vor Rom verwandelte sich das Bild gegen früher dann ganz stark. Hier heraus kamen schon die jungen weinseligen Römer zu Wagen oder in Karriere zu Pferde, fröhlich und beschäftigungslos, immer zu lustigen Streichen aufgelegt, bald Pferde kaschend, bald ein Mädchen reihum erlegend, bald die Truhen und Kästen inspizierend oder ein Scheunchen anzündend, daß es nur so
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