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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc
Autoren: Admin
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Gruselkabinett.
    Jackie versuchte einen letzten Appell, aber Peloquins ausgestreckte Arme verwandelten sich bereits von den Fingerspitzen bis zu den Ellbogen, ihre Zierlichkeit wich bemerkenswerter Kraft.
    Er näherte sich Boone, noch bevor der Muskel ausge-bildet war, und sprang sein Opfer an, um es zu Fall zu bringen. Boone stürzte vor ihm. Jetzt war es zu spät, seine Untätigkeit zu bedauern. Er spürte, wie Krallen an seiner Jacke rissen, um das feine Fleisch seiner Brust freizulegen. Peloquin hob den Kopf und grinste, ein Ausdruck, für den sein Mund nicht geschaffen war; dann biß er zu. Die Zähne waren nicht lang, aber es waren viele. Sie taten nicht so sehr weh, wie Boone erwartet hatte, bis Peloquin den Kopf zurückzog und einen Mundvoll Muskeln herausriß, zusammen mit Haut und Brustwarze.

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    Die Schmerzen rissen Boone aus seiner Resignation; er fing an, unter Peloquins Gewicht um sich zu schlagen.
    Aber die Bestie spie den Bissen aus dem Maul und suchte nach besseren Stücken, wobei sie ihrer Beute den Dunst von Blut ins Gesicht blies. Sie hatte Grund zum Ausat-men; mit dem nächsten Atemzug würde sie Boones Herz und Lungen aus der Brust saugen. Er schrie um Hilfe, und sie kam. Bevor Peloquin seinen tödlichen Atemzug machen konnte, packte Jackie ihn und zerrte ihn von seinem Opfer. Boone spürte, wie das Gewicht der Kreatur gehoben wurde, und er sah durch den Nebel der Schmerzen, wie sein Helfer mit Peloquin rang und sich ihre um sich schlagenden Glieder ineinander verhakten. Er blieb nicht, um den Sieger anzufeuern. Er drückte die Handfläche auf die Wunde an der Brust und stand auf.
    Hier war keine Sicherheit für ihn; Peloquin war sicher nicht der einzige Bewohner mit Gier nach Menschenfleisch. Er konnte spüren, wie andere ihn beobachteten, während er durch den Friedhof stolperte; andere, die nur darauf warteten, daß er strauchelte und stürzte und sie ihn ohne Risiko zerreißen konnten.
    Doch seine Körperfunktionen versagten trotz des Schocks ihren Dienst nicht. Seine Muskeln strotzten vor Kraft, wie er sie nicht mehr empfunden hatte, seit er sich selbst Gewalt angetan hatte, ein Ge danke, der ihn jetzt wie nie zuvor abstieß. Selbst die Verletzung, die unter seiner Hand pochte, besaß ihr Leben und feierte es. Die Schmerzen waren verschwunden, aber nicht von Taubheit ersetzt worden, sondern von einer Sinnlichkeit, die beinahe erotisch war und Boone verlockte, in die Brust zu greifen und sein Herz zu streicheln. Von derlei Unsinn abgelenkt, ließ er seine Füße vom Instinkt leiten, und sie führten ihn zum großen Doppelportal. Der Riegel widersetzte sich seinen blutverschmierten Händen, daher klet-54

    terte er darüber und erklomm das Tor mit einer Leichtigkeit, die ihn zum Lachen brachte. Dann war er draußen und lief in Richtung Midian, er lief nicht aus Angst vor einer Verfolgung, sondern der Freude wegen, die seine Glieder an der Bewegung und seine Sinne an der Geschwindigkeit hatten.

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    VI
    Tönerne Füße
    Die Stadt war tatsächlich verlassen, wie er es schon vorher geahnt hatte. Auf eine Entfernung von einer halben Meile hatten die Häuser ausgesehen, als wären sie in gutem Zustand, aber nähere Betrachtung zeigte, daß sie in schlimmer Verfassung waren, waren sie doch dem Wechsel der Jahreszeiten unbewohnt preisgegeben. Obwohl ihn immer noch ein Gefühl des Wohlbefindens erfüllte, fürchtete er, daß ihn der Blutverlust mit der Zeit fertigma-chen würde. Er brauchte etwas, um seine Verletzungen zu verbinden, wie primitiv auch immer. Auf der Suche nach einem Stück Vorhang oder einem zurückgelassenen Bett-tuch öffnete er die Tür eines Hauses und trat in die Dunkelheit im Inneren.
    Erst als er drinnen war, wurde ihm bewußt, wie seltsam geschärft all seine Sinne geworden waren. Seine Augen durchdrangen das Dunkel mühelos, entdeckten den be-klagenswerten Abfall, den die ehemaligen Bewohner zu-rückgelassen hatten, welcher vom Staub trockener Erde bedeckt war – jahrelang durch zerbrochene Fenster und die verzogene Tür von der Prärie hereingeweht. Hier fand er Tuch; eine Bahn feuchtes Leinen, das er zwischen den Zähnen und der rechten Hand in Streifen riß, während er die linke auf der Verletzung ließ.
    Damit beschäftigt, hörte er plötzlich das Knirschen von Dielen auf der Veranda. Er ließ den Verband aus den Zähnen fallen. Die Tür war offen. Auf der Schwelle stand ein Mann im Umriß, dessen Namen Boone kannte, ob-56

    wohl sein Gesicht in Dunkelheit
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