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Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Titel: Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)
Autoren: Leander Haußmann
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Die Assistentin kommt zurück. Die AC   /   DC ’s gucken ihr hinterher. Sehr unschamig.
    »Und?«
    »Sie wollen Koks.«
    »Was?«, fragt Schortie, als sei er von gestern.
    »Kokain, around my brain, zehn Gramm, dann geben sie uns ›Thunderstruck‹.«
    »Und?«, frage ich.
    »Kein Problem«, sagt die Assistentin.
     
    Botho Strauß sitzt in unserem Citroën und wir fahren quer durch die Stadt, wir schreiben das Jahr 1990. Ich versuche ihn mit meiner Hesse-Familiengeschichte, der dazugehörigen Wenger-Messer-Story und einem Schuss Meret-Oppenheim-Großkusine zu beeindrucken und scheine Erfolg zu haben. Er hat den Wunsch geäußert, unsere Wohnung in Friedrichshagen kennenzulernen. Das Nichtvorhandensein der Treppengeländer quittiert er mit einem unsicheren Blick und tastet sich ein wenig ängstlich an der Wand nach oben. Ob er das Loch im Dach wahrnimmt, kann ich nicht sagen. Aber meine Bibliothek, die da auf wackligen Beinen im kalten Raum schlottert, scannen seine Augen hinter der vergoldeten, halbquadratischen Nickelbrille, mit der er die Welt auf Distanz hält, gründlich und konsequent. Und eines ist sofort klar: Hier beginnt unser mühsam aufgebautes Ost-West-Vertrauensverhältnis zu bröckeln. Ihm gefällt nicht, was er sieht, vermute ich mal. Sein Blick macht mir nicht nur Gewissensbisse, sondern auch Minderwertigkeitsgefühle. Einige Jahre später, als mich Peymann besuchte, sein Blick auf meine Bibliothek fiel und er fragte: »Du liest aber nicht viel, oder? Wo sind denn die ganzen Bücher?«, tauchte dieser Botho-Strauß-Blick wieder auf.
    Christiane hat Kaffee gemacht, und Botho Strauß stellt die Frage aller Fragen: »Wollen Sie sich einen Schabernack aus meinem Stück machen? Wie heute üblich?« Er verzieht das Gesicht beim Trinken des Kaffees, weil er eigentlich lieber Tee möchte, den wir aber nicht vorrätig haben.
    »Und Beatmusik … «, beginnt Botho Strauß, während ich mich noch über das Wort Schabernack freue.
    »Was?«, frage ich, der das Wort Beatmusik schon lange nicht mehr gehört hat.
     
    Ich möchte von einer biegsamen Platte erzählen. Sie war deswegen biegsam, weil sie aus Plastik war. Manchmal waren sie einer Zeitschrift beigelegt, so wie heute die DVD ’s. In Fröhlich sein und singen , auch Frösi genannt, der Name einer Kinderzeitung, fand man oft diese Art von Platten, mit je einem Pionierlied auf Vorder- und Rückseite. Ich besaß eine mit dem Lied vom kleinen Trompeter, ein Lied, das ich im Geheimen mochte, weil es so eine schöne Melodie hatte.
    Aber diese Platte hier, die war nicht aus der Frösi und ich liebte sie. So drehte sich diese Plastikplatte auf meinem ferrariroten Plastikplattenspieler. Der Deckel, der ihn im Ruhezustand schützte, war in der Hälfte teilbar und wurde zu zwei Stereolautsprechern. Man stellte sie in einem Meter Abstand voneinander auf und sich selbst genau in die Mitte, wo man einen spitzen Winkel zu ihnen bildete – ein Hauch von Stereo.
    In diesem Fall aber war es unmöglich, einen Hauch von Stereo zu spüren, weil es sich um eine Monoscheibe handelte. Sie war quadratisch, gelb und mit Blumen drauf, man konnte und sollte sie als Postkarte verschicken, das war die Idee. Ich hatte sie in Polen auf dem Schwarzmarkt gekauft, zusammen mit einer riesigen Bonanza-Gürtelschnalle mit den Cartwrights drauf.
    Kaum war der bekannteste Gitarrenriff der Rockmusikgeschichte in Gang gekommen, leiernd zwar und verrauscht, als kämen Nachrichten von Verstorbenen aus dem Äther, aber mangels von Vergleichen für mich immer noch ein wuchtiger Sound, stürzte mein Vater in das Zimmer. »Was ist denn das Furchtbares? Was singt der da?«, fragte er mich.
    »Dass er keine Befriedung finden kann«, antwortete ich.
    »So klingt der auch«, sagte mein Vater.
     
    »Es gibt ja einige schwere Szenen in diesem Stück«, sagt Botho Strauß.
    »Ich finde, es gibt nur schwere Szenen in diesem Stück«, sage ich.
    »Wie wollen Sie die denn machen?«, sagt er.
    Mist, ich hätte ihn nicht mit nach Friedrichshagen nehmen sollen. Schon gar nicht in meine Wohnung. Ich bemühe mich die ganze Zeit, weltläufig zu wirken, völlig unostig, wobei mir meine Schweizer-Taschenmesser-Hermann-Hesse-Großmama-Meret-Oppenheim-Geschichte schon einige Pluspunkte gebracht hat, wie ich meine. Weil ich ja dann doch nicht so bin wie die anderen Ossis.
    Ich glaube, Botho Strauß möchte gerne weg von hier. Schließlich habe ich, wie ich das oft in solchen Fällen mache, durchgequatscht. Das
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