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Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Titel: Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)
Autoren: Leander Haußmann
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Karte bezahlt?«, frage ich, während ich nach meiner Geldbörse krame.
    »Fünfzig Mark«, sagt der Mann.
    »Hier«, ich halte ihm einen Fünfzig-D-Mark-Schein entgegen, »machen Sie sich einen schönen Abend.«
    »Und meene Frau?«, fragt der Mann. »Die hat ooch fünfzig bezahlt.«
    »Ich will mir aber das Stück angucken«, sagt die Frau. Die Zuschauer lachen.
    Der Mann erhebt sich, geht zur Bühnenrampe, ich reiche ihm das Geld hinunter und er verlässt unter dem hämischen Applaus der Zuschauer den Saal. Einem ist diese Aktion ein Bravo wert, es ist das einzige Bravo an diesem Abend.
     
    »Bravo« ist ein außergewöhnlich geniales Wort. Es ist international. Es wird von jedem verstanden und ist die größte Liebesbezeugung, die der Zuschauer zu vergeben hat. Man kann »Braaaavo« rufen, mit langem A und kurzem O, vorne nicht mehr Herr seiner Sinne, fast sachlich, fachlich kompetent hinten. Man kann es aber auch in beiden Silben vokaltechnisch so in die Länge ziehen, dass es sich über allem erhebt. »Braaavoooo!« Wie gesagt, das Bravo ist die höchste Gage für einen Bühnenkünstler. Das klingt jetzt pathetisch. Ist es auch.
    Ich liebe das Bravo. Das ist verachtenswert, ich weiß. Aber es relativiert sich, wenn man weiß, dass das Bravo mich nicht liebt.
    Das Buh – wie soll ich es beschreiben? Vielleicht anhand meiner »Fledermaus«-Aufführung. Die um meine Sicherheit besorgten Kollegen haben versucht, mich aufzuhalten. Tu dir das nicht an, sagten sie. Doch ich war nicht zu stoppen. Und es war, als würde ich direkt im Auge des Orkans stehen, in einem Windkanal, in dem man Flugzeuge testet. Doris Dörrie weiß, was ich meine.
    Es ist ja nicht nur der Hass, von dem wir hier reden, sondern auch die Verzweiflung der Fundamentalisten. Da ist dieser Moment des kollektiven Luftholens, wenn sich die Masse mit Energie aufpumpt und diese im Bruchteil einer Sekunde wieder freigibt, sodass es einen gegen die Brandmauer schleudert. Das ist heroisch, das ist heilig, auf jeden Fall unvergesslich.
    Und wir reden hier nicht von diesem Provinz-Buh, wir reden von einem Weltstadt-Buh. Nicht von diesem Energiesparmodell direkt aus dem Damenhandtäschchen. Nicht von dem Zierdolch eines Eunuchen, sondern von dem Bidenhänder-Schwert eines Riesen, das mit voller Wucht direkt und ohne Vorwarnung auf dich niedersaust. Dieses Buh, gefürchtet und geliebt – und von nun an nicht mehr gemieden.

43 HEINER MÜLLER, LEICHT GEMACHT
HEINER MÜLLER, LEICHT GEMACHT
    43 ES IST SOMMER. Der Frühling wurde einfach übersprungen.
    Der Winter zog sich nicht langsam in eisige Berge zurück, sondern hielt die Stellung bis zum endgültigen Sonnensieg.
    Wenn die Sonne scheint, die Bäume grün sind, wenn Berlin wieder in diesen angenehm überhitzten, stinkenden Zustand kommt, wenn der Sommer den Frühlingsplatz einnimmt und die Leute nicht in die Isolation, sprich Ferien, zwingt, kann man es im Berliner Ensemble ganz gut aushalten.
    Eines der großen Verdienste von Claus Peymann sind die Bierbänke im Innenhof des Theaters, die dann sofort rausgestellt werden und ein deutliches Signal setzen: Die Biersaison hat begonnen am BE ! Konzeptionsgespräche können draußen stattfinden!
    Da oben, unter dem Dach des BE , könnte man im Ernstfall, also im Fall einer Belagerung durch sagen wir mal Schauspieler oder durch das Räumungskommando Rolf Hochhuth, absolut autark überleben. Es gibt einen Fernseher, eine Toilette und eine kleine Küche.
    »Äh, die Ferbers muss jetzt mal kommen, wo ist die Ferbers denn?«
    »Ich denke, es ist jetzt Zeit für die Kartoffel, Peymann.«
    »Nein, Lüttgeman, noch nicht, wo ist denn Beil, der Haußmann ist jetzt hier, Leute, ist wichtig, jetzt keine Kartoffel, nachher, ach so, ja, wer?, kann warten, wo ist denn der Beil, ach so, ja, ah, da ist ja die Ferbers, äh, äh, Lüttgemann, ruf doch mal in der Kantine an, die sollen dem Haußmann ein Bier bringen, der fällt mir hier sonst um, der braucht jetzt ein Bier, ich nehme, äh, Malzbier, dunkles.«
    Im spartanisch eingerichteten Büro sind Ledersessel im Halbkreis aufgestellt. Kein Schnickschnack, für jeden, vor allem für die Älteren, sehr bequem. Wir werfen uns die Stücke zu, »Maria Stuart«, »Woyzeck«, »Lear«.
    »Machen wir den ›Hamlet‹. Wenn schon scheitern, dann richtig«, sage ich.
    »Du wirst nicht scheitern«, brüllt Peymann, Selbstzweifel hält er für eine Krankheit. »Haußmann braucht zwei Karten. Für den Wilson am Mittwoch. Lüttgemann
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