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Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)

Titel: Buh: Mein Weg zu Reichtum, Schönheit und Glück (German Edition)
Autoren: Leander Haußmann
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kümmert sich drum. Haußmann muss aber ganz sicher kommen, weil die Leute rennen mir hier die Bude ein.«
    Man redet sich hier nur mit Nachnamen an. Da spricht man schon zwangsläufig über sich selbst in der dritten Person.
     
    Und so kommt es, dass sich Haußmann ein paar Tage später mit seinem langhaarigen Sohn auf dem Theaterhof todesmutig in den Wilson-Glamour wirft. Der Ort hier, denkt er, der ist es, der dich zum Trinken zwingt. Dieser Ort löst einen Reflex aus, seit Generationen. Den Biertrinken-Reflex, da kann man nichts gegen machen, da muss man sich einfach hineinbegeben, da muss man den Rhythmus in sich aufnehmen, dem Rhythmus anpassen.
    Robert Wilson macht glücklich. Er ist eine verlässliche Größe, man weiß, was man kriegt. Wie eine solide Währung. Wie die D-Mark. Haußmann durchströmt so was wie Freude. Vielleicht weil hier alle so nett zu ihm sind, was er aus irgendeinem Grund nicht erwartet hätte. Vielleicht auch, weil das Stück, das er sich hier anschaut, »Peter Pan« heißt, und weil er weiß, dass da nichts schiefgehen kann. Es ist aber auch dieses Gefühl, von dem er gedacht hat, es sei ihm verloren gegangen, aber das nun zurückgekehrt ist. Es kocht da in ihm etwas, ganz hinten, eine flache Pfütze, noch kein Geysir. Noch kein Feuerbrand, aber gut warm mit Tendenz zur Hitze.
    Am Bierstand gibt es das Mitarbeiterbier. Es ist umsonst. Auch dieser Umstand erzeugt Wärme. Eine Autorin wird ihm vorgestellt. Sie will ihm den Inhalt ihres Romans erzählen, der morgen herauskommt. Haußmann macht lautstark die Geste des Gähnens, und zwar jedes Mal, wenn sie davon anfängt. Da ist er wieder, auch von ihm dachte er, er sei verloren gegangen: der Drang zum grundlos Beleidigen. Die Technik zur Verhinderung von Small Talk. Wir gehen auf bessere Zeiten zu, denkt Haußmann.
    Er trifft eine befreundete Autorin. Sie schreibt Fischbücher, also Bücher mit Gedichten über Fische. Und sie zeichnet die Fische auch. Er könnte sie küssen dafür, sie und den Verlag, dass es so etwas gibt: Fischbücher. Und sie erzählt ihm von AC   /   DC und »Thunderstruck« und dass Thunder, Thunder doch wie Zander, Zander klingt. Sie hat die Idee, eine Band zu engagieren, die statt Thunder, Thunder Zander, Zander singen soll. Er findet das lustig und schlägt ihr vor, Sven Regener zu fragen, ob er zusammen mit Sven nicht die Band sein könnte. Er verspricht Sven mal zu fragen. Den ganzen Abend geht im Zander, Zander nicht mehr aus dem Kopf.
    Ein Mann, den hier alle kennen und der Lobbyist ist, also Leute zusammenbringt aus Kunst und Politik, hält ihn am Arm fest. Erstaunlich. Er müsste schon Mitte siebzig sein und hat nicht diese Gesicht-nicht-wiedererkennen-Krankheit, er kennt jeden, vergisst niemanden und erinnert sich an alles. »Weißt du noch«, sagt er, »Heiner Müller, wie er zu dir gesagt hat … und zwar da drüben, genau da.« Es ist ihm wichtig, dass Heiner Müller genau da gesessen hat, genau an diesem Fleck, wo jetzt seine hageren Finger hintippen. »Da an der Bierbank. Mach es leicht, Leander, hat er gesagt, und er meinte damit die Uraufführung von seinem letzten Stück Germania 3.«
     
    Ich war Heiner Müller, den ich noch nicht persönlich kannte, zusammen mit meiner Freundin und Carl Hegemann, der damals Chefdramaturg bei mir in Bochum war, von Bochum nach New York und dann nach Princeton hinterhergereist, um ihm für das Schauspielhaus ein Stück abzuluchsen, das noch nicht geschrieben, aber geplant war, dass er es schreibt. Vorher mussten wir noch mit seinem Assistenten oder Dramaturgen, auf jeden Fall Epigonen, in einen dieser riesigen labyrinthischen amerikanischen Spielzeugläden gehen, um ein Dreirad für seine Tochter zu kaufen. Diese Unternehmung wuchs sich zu einem einigermaßen komplizierten Akt aus, weil es hier um die Verbindung von Schönheit, Sicherheit und Spaß ging. Ein solches Dreirad war wirklich schwer zu bekommen. Ich war nervös, denn ich bildete mir ein, dass von diesem Geschenk das Wohl und Wehe meines Uraufführungsanliegens abhing.
    Müller und ich mochten uns auf Anhieb. Wir standen in seinem leeren Bungalow auf dem Campus der Princeton University und ich übergab ihm eine Kiste geschmuggelter kubanischer Zigarren. Man konnte nur seinem Gesicht ansehen, dass es nicht die richtigen waren.
    Wir unterhielten uns darüber, wie das Stück heißen könnte, von dem keiner wusste, worum es gehen würde. Was auch niemand wusste, als es fertig geschrieben war. »Wir sollten
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