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Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)

Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)

Titel: Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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1. Kapitel Dinner-Party
    Verwüstetes Haus nach einem Drohnenangriff in Waziristan
    Das Abendessen war vorbei. Sie saßen noch ein wenig vor der Tür des Hauses mit Blick auf die Berge. Ihr Tischgespräch drehte sich um Moskitos, wie sie die Drohnen nannten. Sie sprachen über Drohnenopfer, wie so oft in diesen Tagen, in denen scheinbar jeder darüber sprach. Hier, im gefährlichsten Teil Pakistans, im Grenzgebiet zu Afghanistan, in der Region Waziristan.
    Die Bewohner des Gehöftes am Stadtrand von Mir Ali hatten ein paar Freunde zu einer Dinner-Party eingeladen. Sechs Deutsche lebten auf dem Hof. Von außen sah es aus wie all die anderen Lehmhäuser in der Stadt. Sandfarbene Flachbauten mit einem Dach aus Palmenblättern. Fünf Räume bildeten das Anwesen, in seinem Innenhof stand ein Brunnen, rundherum staubiger Boden. Pakistanische Architektur, könnte man sagen.
    Innen jedoch eröffnete sich für den Besucher ein seltener Luxus: Eine Klimaanlage kämpfte gegen die Hitze, es gab ein Radio, in dem täglich
Deutsche Welle
lief, zum Essen kamen Pepsi und Nutella auf den Tisch. Die Männer wuschen sich mit deutscher Seife und die Frauen pflegten ihre Haut mit deutscher Creme. In dem großen Hof war ein Volleyballnetz aufgespannt. Deutsche Kultur, könnte man sagen.
    Drei pakistanische Freunde sind an diesem Abend zu Gast. Es ist ein Essen für die Männer. Die Ehefrauen müssen im Haus warten. Nach dem Mahl beginnt Bünyamin, der jüngste Bewohner, die Teller abzuwaschen. Im Gegensatz zu den anderen Männern ist sein Bartwuchs noch nicht stark, nur ein paar Stoppeln sprießen aus seinem Kinn. Die braunen Knopfaugen des 20 -Jährigen geben seinem Gesicht einen offenen, freundlichen Blick. Freunde nennen ihn «Bünno». Vor ein paar Wochen war der junge Mann aus Nordrhein-Westfalen nach Waziristan gereist. Manche meinen, er wollte hier am Dschihad teilnehmen. In den Ferien zuvor hatte er noch bei einem Bauern in Wuppertal Schafe gehütet. Sein älterer Bruder Emrah lebte bereits in Pakistan.
    Während Bünyamin die Reste des Abendessens wegräumt, bringt Emrah sein Baby in das etwas entfernt liegende Haus zu seiner Frau. Der kleine Junge hat angefangen, die Essensgäste zu nerven, und es ist Zeit für ihn, ins Bett zu gehen. «Komm doch mal her, Shahab», ruft Emrah seinem Freund aus Hamburg zu. Er braucht Hilfe, um noch ein paar Stühle vor die Tür des Hauses zu tragen. Shahab Dashtis Frau, eine Zahnmedizinstudentin aus Hamburg, ist schwanger. Auch sie bleibt im Haus. «Sofort, eine Minute noch …», antwortet Shahab.
    *
    Es ist 19 : 26  Uhr. Kurz nach dem Essen und vier Minuten vor dem Abendgebet. Die Männer vor dem deutschen Haus sind nicht allein, aus 2000  Metern Höhe werden sie von einer Drohnenkamera dabei beobachtet, wie sie das Geschirr einsammeln. Die Bilder erscheinen auf dem Monitor eines Drohnenpiloten, der zehntausend Kilometer entfernt auf einer Luftwaffenbasis in der amerikanischen Wüste sitzt. Auf seinem Bildschirm sieht er Bünyamin, er sieht Shahab, den Hamburger Basketballspieler, und er sieht drei weitere Personen, die das Drohnenauge gestochen scharf einfängt. Kurz bevor er den Raketenknopf drückt, nimmt der Pilot noch wahr, wie ein Mann aus der Gruppe ins Haus zurückrennt. Es ist Bünyamins älterer Bruder. Der Pilot weiß, dass er jetzt auf den Knopf drücken muss, denn bald kann die gesamte Gruppe auseinandergehen.
    Die Bilder aus Waziristan werden nicht nur an den Piloten gesendet. Auch die Mitarbeiter des amerikanischen Air Operations Center in Al Udeid in Katar verfolgen die Aufnahmen in Echtzeit. Eine Killerdrohne, eine General Atomics MQ - 1 , auch
Predator
genannt, ist nicht einfach ein selbstfliegender Roboter. Solch eine Drohne ist ein System. Oft wird sie auch von unterstützenden Aufklärungsdrohnen begleitet.
    Nicht nur, dass die Beobachter in den USA und in Katar die Bewegtbilder aus Pakistan verfolgen, sie hätten während des Dinners gleichzeitig auch die Mobiltelefone der Bewohner des deutschen Hauses abhören können.
    Alle abgelauschten Töne, die Überwachungsvideos der Drohne, ja alle Daten erreichen die Vereinigten Staaten von Amerika über Satellitenanlagen, wie sie auch in Deutschland stehen. In Ramstein.
    Seit Wochen hat das deutsche Haus unter Beobachtung gestanden. Jeder Drohnenangriff in Pakistan muss von CIA -Direktor Leon Panetta und einem CIA -Juristen abgesegnet werden. An dem Tag, als der Befehl im siebten Stock der Central Intelligence Agency ( CIA )
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