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Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)

Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)

Titel: Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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in Washington D.C. unterschrieben wurde, wurde ein Todesurteil gefällt. Ohne Anklage. Ohne Verhandlung. Ohne rechtliche Grundlage.
    *
    Zur gleichen Zeit, zu der in Mir Ali das Abendgebet beginnt, fällt in Berlin der Zeiger der Behördenuhr gerade auf 16 : 30  Uhr. Der Feierabend naht an diesem Montag im Oktober 2010 für die meisten der Beamten im «Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum» am Treptower Park. Und keiner der mehr als 200  Mitarbeiter in dem roten Backsteinbau beschäftigt sich zu diesem Zeitpunkt mit den deutschen Brüdern Bünyamin und Emrah Erdogan in Pakistan.
    In den Monaten zuvor hatten die Kriminalisten von Bundes- und Landeskriminalämtern freilich Informationen über die ausgereisten Bundesbürger an die Amerikaner weitergegeben. Aber zurückhaltend, mit Vorsicht. Denn niemand wusste genau, was die US -Dienste mit den Daten machen würden, obwohl sie den Deutschen versprochen hatten, «die Informationen nur für Zwecke der Strafverfolgung zu verwenden». Das Bundeskriminalamt ( BKA ) wog sorgfältig ab, welche Daten es den Amerikanern überlassen konnte, und behielt unter anderem die Abschriften von abgehörten Anrufen zurück. Ihren Partnern im Anti-Terror-Zentrum in Berlin jedoch, dem Verfassungsschutz und dem Auslandsgeheimdienst BND , stellte es alle Informationen zur Verfügung.
    Es ist bis heute nicht bekannt, welche Informationen die deutschen Nachrichtendienste über das deutsche Haus an die CIA weitergegeben haben.
    *
    «Ich hörte einen lauten Knall. Die Tür flog zu uns rein, sie war nur aus Holz. Meine Augen waren voll mit Erde, da die Häuser aus Lehm waren», erinnert sich Emrah Erdogan später an den Raketeneinschlag, der sein Gehöft gegen 19 : 30  Uhr erschütterte.
    Es regnete aus der Hölle. Zwei Hellfire-Geschosse schlugen vor dem Haus ein. Der laute Knall der Bomben mischte sich mit dem Ruf des Muezzins auf dem nahe gelegenen Minarett, der zum Abendgebet aufforderte.
    Leichenteile lagen überall auf der Erde und klebten an den eingestürzten Wänden. Die Drohnenrakete hatte kaum etwas von den Gebäuden und Menschen übriggelassen, die sie traf. Erde flog in der Luft herum; alles und jeder wurde mit einer Staubschicht bedeckt wie mit einem leichten Handtuch.
    Emrah Erdogan verlor für wenige Sekunden das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, wollte er sofort aus dem Haus rennen. Aber ein Pakistani hielt ihn zurück: «Bruder, halt, warte! Wenn du jetzt rausgehst, schießen sie noch mal.»
    Manchmal verharren die Drohnen auf ihrer Position und starten nach kurzer Zeit einen zweiten Luftangriff.
    Nachdem sie vier Minuten gewartet hatten, schlich Emrah durch den Hinterausgang aus dem Haus. Er hörte ein leises Stöhnen, wusste aber nicht, ob das die Stimme seines Bruders war. «Bünyamin, Bünyamin, Bünyamin», rief er laut. Doch er bekam keine Antwort. Dann sah er einen Mann auf dem Boden liegen, mit dem Gesicht unter der Erde. Er zog ihn heraus. Als Emrah ihn umdrehte, erkannte er seinen Freund Shahab aus Hamburg. Der Mund war voll mit Erde. Es fehlte ein Bein. Shahab war tot.
    Dann rannte Emrah weiter, auf der Suche nach seinem kleinen Bruder. Er sah einen zweiten Körper auf dem Boden liegen. Er zog ihn hoch und fing an zu weinen. Er versuchte seinen Bruder aufzuwecken, aber Bünyamin reagierte nicht. Dann sah Emrah den Splitter in seinem Kopf. Er sah, wie das Gehirn seitlich aus dem Schädel quoll. Er begann zu schreien. «Bünyamin, Bünyamin …»
    *
    Fünf Männer starben an diesem Tag in Pakistan. Zwei von ihnen stammten aus Deutschland. War die Bundesrepublik an der Ermordung ihrer Bürger jenseits allen deutschen Rechts beteiligt?

2. Kapitel Deutsche Informationen
    Im Terrorabwehrzentrum von Verfassungsschutz und BKA in Berlin-Treptow
    Emrah Erdogan musste weg aus Waziristan. Am besten sofort. Sein Leben war in Gefahr.
    Nachdem er seinen Bruder und die anderen beerdigt hatte, schrieb er eine E-Mail an den Berliner Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele. Darin deutete er an, dass die deutschen Behörden in die Bombardierung involviert gewesen sein könnten: «Drei Wochen nachdem mein Bruder Bünyamin uns besuchen kam, schossen die Amerikaner auf unser Haus, wo sich zu diesem Zeitpunkt 6  Deutsche befanden (…) Ich weiß, dass die Deutschen davon wussten.»
    Bis heute behauptet die Bundesregierung, dass sie keine Daten an die USA weitergegeben habe, die zum Tod von Deutschen geführt haben. Die «Sicherheitsbehörden des Bundes» gäben
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